Volltext - Deutsches Institut für Erwachsenenbildung
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nale Verfügungsgewalt über die Ressourcen und das beste Entwicklungsmodell<br />
da<strong>für</strong> war ein Nebenprodukt der Systemdebatten bzw. des Disputes “Kapitalismus<br />
versus Sozialismus” in den 70er Jahren. Sie ebbte schon in den 80er Jahren ab,<br />
lange bevor der reale Sozialismus zusammenbrach. Die Folgen der Politik der Weltbank<br />
oder der internationalen Zollabkommen <strong>für</strong> die Entwicklung der Länder der<br />
Dritten Welt waren zu kompliziert oder zu entlegen, um in einem breiteren öffentlichen<br />
Kontext diskutierbar zu sein. Erst die Zauberformel vom „sustainable<br />
development“, die im Brundtland-Bericht (1987) geschaffen und in der Welt-Gipfelkonferenz<br />
in Rio 1992 „globalisiert“ wurde, weckte ein breiteres Öffentlichkeitsinteresse<br />
<strong>für</strong> Entwicklungsfragen. Dies findet sich in jüngster Vergangenheit in vielen<br />
Politikerreden. Wer über Entwicklung spricht, kommt an diesem Begriff nicht vorbei,<br />
und je mehr man über ihn reflektiert, desto schillernder wird er. Skeptiker vermuten<br />
hinter dem Wort eine appeasement-Strategie (vgl. Sachs 1993). Es wird den<br />
Bewahrern und denen, die ein weiteres Wachstum wollen, vorgetäuscht, es gäbe<br />
einen Weg, der beides vereinigt. Entsprechend hat dieser Begriff die unterschiedlichsten<br />
Konnotationen, je nachdem, von welchem entwicklungspolitischen Lager er<br />
gebraucht wird. Es herrscht nicht einmal Einigkeit darüber, wie seine deutsche Übersetzung<br />
auszusehen hat. Mit dem Begriff von den „Grenzen des Wachstums“<br />
(Meadows 1972) war die ökologische Entwicklungsdiskussion in die breite Öffentlichkeit<br />
gelangt. Es folgte das Konzept des „organischen Wachstums“ (Mesarovic/<br />
Pestel 1974). In Deutschland kam in der Politik die Vorstellung vom „qualitativen<br />
Wachstum“ auf, die schließlich in die Formel von der „sozial-ökologischen Marktwirtschaft“<br />
mündete. In der Tendenz waren das alles Entschärfungen der Ursprungsformel,<br />
weil ein Verzicht auf Wachstum unter kapitalistischen Wirtschaftsverhältnissen<br />
zum Kollaps des Systems führt. Hierin liegt die eigentliche Begrenzung<br />
der modernen Entwicklungsdebatte. Soziale und/oder ökologische Utopien jenseits<br />
des Kapitalismus haben spätestens mit dem Zusammenbruch des Sowjetreiches<br />
und seiner Satelliten extrem an Atrraktivität eingebüßt, so daß heute jede<br />
Entwicklungsveränderung nur im Kontext marktwirtschaftlicher Rahmenbedingungen<br />
diskutiert werden kann. Abstrakt ist vorstellbar, daß „tragfähiges“ kapitalistisches<br />
Wachstum in der Ausweitung von ressourcenschonenden Dienstleistungen (Informationsgesellschaft)<br />
und Recyclingarbeit bestehen könnte. Es gibt leider weltweit<br />
keinen Ökonomen, der den Mut oder die Genialität hätte, eine funktionsfähige kapitalistische<br />
Variante zu entwerfen, die einen wirklich verschleißfreien Umgang mit<br />
natürlichen Ressourcen ermöglicht. Ernst-Ulrich von Weizsäcker, Deutschlands<br />
berühmtester Vertreter eines reformierten Marktwirtschaftsweges zur langfristig tragfähigen<br />
Entwicklung, ist ein Biologe. Seine Gegner ziehen daraus den Schluß, daß<br />
er ein ökonomischer Dilettant sei, seine Be<strong>für</strong>worter meinen, daß nur ein Außenseiter<br />
noch ökonomisch innovativ sein kann.<br />
Die erste Studie, in der versucht wurde, „sustainable development“ operabel zu machen,<br />
wurde in den Niederlanden entwickelt (Sustainable Netherlands 1994). Bezeichnenderweise<br />
ist auch dieser Ansatz vom Denken in Begrenzungen geprägt. Die<br />
Autoren errechnen aus den heute geschätzten physischen Überlebensparametern<br />
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