Volltext - Deutsches Institut für Erwachsenenbildung
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einen „Umweltraum“, nach dessen Grenzen sich ein Niederländer zukünftig auszurichten<br />
habe. Die Studie zeigt, daß diese Grenzen kein „Zurück auf die Bäume“ bedeuten,<br />
sie kann aber nicht zeigen, ob sie auch marktwirtschaftlich verträglich sind.<br />
In Deutschland wird z.Zt. am Wuppertal-<strong>Institut</strong> im Auftrag des Umweltverbandes<br />
BUND über ein tragfähiges deutsches Entwicklungsmodell nachgedacht. Soweit mir<br />
bekannt ist, geht man hier weniger von vermuteten physikalischen Grenzen als vielmehr<br />
von einem neuen „Wohlstandsmodell“ aus. Die AutorInnen werden nachzuweisen<br />
versuchen, daß sich mit anderen Bedürfnissen (Leitbildern), die sich weg von<br />
den Wachstumszielen der „alten“ Wohlstandsgesellschaft bewegen, auch ein „schönes<br />
Leben“ realisieren läßt, das noch dazu in besserer Übereinstimmung mit der<br />
Umwelt steht. Der auf den Beginn der 90er Jahre zu datierende Schwenk im<br />
Entwicklungsdiskurs von einer Verzichtsdebatte zu einer neuen Wohlstandsdebatte<br />
ist nicht zuletzt auch ein Ergebnis erwachsenenpädagogischer Überlegungen. Wer<br />
schon weiß, wohin ein Entwicklungsweg zu gehen habe, und ihn dazu noch mit lauter<br />
Verbotstafeln vollstellt, der darf sich nicht wundern, daß ihm nur eine kleine Schar<br />
fanatischer Anhänger folgen wird. Pädagogisch viel naheliegender ist es, Probleme<br />
der heutigen Entwicklung, die den einzelnen unmittelbar betreffen, herauszugreifen<br />
und Hilfestellungen bei der Suche nach besseren Lösungen anzubieten.<br />
Die Diskussion um „neue Lebensmodelle“ bzw. den „neuen Wohlstand“ ist mehr als<br />
nur eine psychologisch geschicktere Verpackung der alten Verzichtsinhalte. Früher<br />
diskutierte man mit Teilnehmenden, daß es besser sei, wenn sie weniger Auto fahren<br />
würden, heute diskutiert man die Angemessenheit der Mobilitätswünsche. Man<br />
geht vom Streß im Stau aus, von den Finanzmitteln, die <strong>für</strong> die Anschaffung und<br />
Haltung von Kraftfahrzeugen aufgewendet werden etc., und überlegt, ob z.B. ein<br />
Reiseziel, das ohne Auto erreicht wird, nicht ebenso oder gar besser den Erholungsund<br />
Erlebniswunsch befriedigen kann. Das Resultat einer solchen Reflexion kann<br />
sein, daß Teilnehmende <strong>für</strong> sich einen neuen, positiven Entwicklungsweg sehen, der<br />
zwar den Verzicht auf Gewohntes bedeutet, was aber im Endergebnis als ein Gewinn<br />
verbucht werden kann. Dieses Beispiel zeigt auch, daß neuer Wohlstand nicht<br />
beliebig zu haben ist bzw. daß zu dessen Erfüllung bestimmte Rahmenbedingungen<br />
gegeben sein müssen. Wer sein Auto braucht, um aus Vororten zum Arbeitsplatz<br />
zu kommen, der wird Alternativen zum Auto als Zumutung und nicht als Gewinn<br />
empfinden. Eine nicht-indoktrinierende <strong>Erwachsenenbildung</strong> zu zukünftigen<br />
Entwicklungen kann nicht im Resultat den ökologisch oder entwicklungtheoretisch<br />
sich „richtig“ verhaltenden Bürger erzeugen. Sie kann nur Anlässe und Unterstützung<br />
bieten, damit die BürgerInnen die Möglichkeit haben, über zukünftige Entwicklungen<br />
und eigenes Verhalten zu reflektieren und mitzuentscheiden.<br />
Während klassische entwicklungsorientierte <strong>Erwachsenenbildung</strong> in der Regel vom<br />
Hilfsengagement und von der Einmischung in die Probleme anderer ausging, bedeutet<br />
der o.a. Perspektivwechsel, daß wir uns im Kontext globaler Fragestellungen mehr<br />
mit uns selbst beschäftigen müssen (vgl. Apel 1992). Über eine tragfähige Entwicklung<br />
<strong>für</strong> Afrika zu diskutieren, ohne über ein sinnvolles Entwicklungsmodell im eige-<br />
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