Volltext - Deutsches Institut für Erwachsenenbildung
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und Bildungspraxis berücksichtigt werden konnten.<br />
Allerdings ist das Medienpaket auch so<br />
offen angelegt, daß andere Materialien und<br />
Ansätze problemlos integriert werden können.<br />
Insgesamt bietet es eine Fülle von Anregungen<br />
<strong>für</strong> die praktische Bildungsarbeit.<br />
Positiv bleibt darüber hinaus zu bemerken,<br />
daß eben nicht nur Textmaterialien zur Verfügung<br />
gestellt werden, sondern explizit Bildmaterial<br />
einen großen Stellenwert im Medienpaket<br />
einnimmt. Die Motive der Bilder reichen von<br />
Kunstdrucken über Fotos bis hin zu Symbolen.<br />
So unterschiedlich die Bilder auch in ihrer<br />
Qualität sind, es befinden sich viele darunter,<br />
mit denen allein schon eine gesamte Veranstaltung<br />
bestritten werden könnte.<br />
Richard Stang<br />
Klaus Dieckhoff<br />
Romanfiguren Theodor Fontanes in andragogischer<br />
Sicht<br />
(Lang Verlag) Frankfurt/M. 1994. 273 Seiten,<br />
DM 84.00<br />
Einen neuen Zugang in die <strong>Erwachsenenbildung</strong><br />
legt Dieckhoff in seiner Untersuchung der<br />
Romanfiguren Theodor Fontanes vor. Obwohl<br />
<strong>Erwachsenenbildung</strong> immer schon Versuche<br />
beinhaltete, die Fragen der Menschen nach<br />
sich selbst zu beantworten, hat andragogische<br />
Forschung bisher die erzählende Literatur noch<br />
nicht zur Quelle der Erkenntnis systematisch<br />
genutzt. Dies läge aber durchaus nahe, um die<br />
biographischen und geschichtlich veränderlichen<br />
Probleme des Erwachsenseins zu beleuchten.<br />
Das hat Dieckhoff dazu gebracht,<br />
sich den Lesespaß der Lektüre Theodor Fontanes<br />
zu gönnen, wobei mit der Intensität der<br />
Kenntnis gleichzeitig Faszination und Respekt<br />
vor dessen erzählerischem Werk und vor den<br />
Leistungen seines Lebens gewachsen sind.<br />
Die vorliegende Arbeit ist gedacht als Beitrag<br />
zur Erforschung und zum Verständnis des Erwachsenseins.<br />
Sie stellt Entstehung und Wandlung<br />
moderner Individualität an drei Aspekten<br />
dar, die im Modernisierungsprozeß eine „unvermeidliche“<br />
biographische Bedeutung gewonnen<br />
haben: „Privatheit“ im Bedeutungsgewinn<br />
und in der Problemanfälligkeit von Liebe<br />
und Ehe; „Persönlichkeit“ im Prozeß der Veränderungen<br />
der Wir-Ich-Balancen; „Gesellschaftlichkeit“<br />
im Spannungsfeld von Individualisierung<br />
und Verantwortungsethik (S. 5).<br />
Dabei ist hilfreich, daß Fontane selber Bil-<br />
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dungsfragen anspricht. „Es wird so viel von<br />
Fortschritt gesprochen, und die Bildung soll<br />
alles besorgen. Es wird also mithilfe dieser<br />
Bildung nur noch schlimmer. Denn die Zahl<br />
derer wächst ins Millionenfache, die nun auch<br />
,von Bildungs wegen‘ etwas bedeuten wollen“<br />
(S. 11). Diese Klage über den Bildungsbetrieb<br />
stammt aus einem Brief Theodor Fontanes.<br />
Andernorts kritisiert er die „staatlich abgestimmten<br />
Fachsimpler“. „Deutschland ist jetzt überflutet<br />
von diesen bornierten Subjekten, die,<br />
weil sie drei Examina bestanden und einige<br />
Literaturkapitel auswendig gelernt haben, der<br />
deutschen Nation beibringen wollen, wie Kunst<br />
und Dichtung beschaffen sein müssen“ (S. 11).<br />
Dieckhoff bezeichnet selbst den Versuch, über<br />
Figuren der erzählenden Literatur einen sinnverstehenden<br />
Zugang zu finden zu Problemen<br />
des Erwachsenseins, als methodologisches<br />
Experiment und Entscheidung <strong>für</strong> ein methodologisches<br />
Außenseitertum (S. 25). Er untersucht<br />
die Probleme, Veränderungen und Kontinuitäten<br />
des Erwachsenseins im Zusammenhang<br />
mit dem Prozeß der gesellschaftlichen<br />
Modernisierung (S. 32). Die Romanfiguren<br />
Theodor Fontanes liefern dazu die Beispiele.<br />
Es geht aber nicht um eine Nacherzählung,<br />
sondern durch die Konzentration auf drei<br />
Problemkreise ermöglicht sich Dieckhoff einen<br />
systematisch-historischen Zugang. Die drei<br />
Themen: Privatheit, Persönlichkeit, Gesellschaftlichkeit<br />
werden in einer Reihe von Einzelinterpretationen<br />
dargestellt, deren Hauptlinien<br />
in einem Überblick zusammengeführt werden.<br />
Als Referenztheorie wird Norbert Elias‘ „Über<br />
den Prozeß der Zivilisation“ unterlegt. Die drei<br />
Hauptteile ordnen den jeweiligen Problemkomplex<br />
ein in historische gesellschaftliche<br />
Tendenzen und exemplifizieren diese am Beispiel<br />
der Romanfiguren.<br />
In der Zusammenfassung stellt Dieckhoff Fontane<br />
in die Problemkontinuität der literarischen<br />
Behandlung modernen Erwachsenseins zwischen<br />
Goethes „Wilhelm Meisters Lehrjahre“<br />
und Manns „Zauberberg“. Auf dieser Grundlage<br />
kann die Frage behandelt werden, in welcher<br />
Weise der Prozeß der Zivilisation den<br />
Habitus des modernen Erwachsenseins beeinflußt<br />
und verändert hat. Dieckhoff identifiziert<br />
zunächst unter dem Stichwort „Privatheit“<br />
die Liebesehe als Sinnzentrum und Problemerfahrung<br />
modernen Erwachsenseins. Unter<br />
dem Stichwort „Persönlichkeit“ werden Zwang<br />
und Chancen modernen Erwachsenseins,