Volltext - Deutsches Institut für Erwachsenenbildung
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Die Bedeutung von Integration<br />
Wie man aus den erwähnten Beispielen ersehen kann, gibt es ganz offensichtlich<br />
sehr unterschiedliche Auffassungen über die Bedeutung von Integration. Dies ist<br />
nicht verwunderlich angesichts der unterschiedlichen bildungspolitischen und<br />
entwicklungspolitischen Hintergründe und gesellschaftlichen Positionen der ETDPs.<br />
Die Bereiche Bildung und Ausbildung haben vorher kaum miteinander in Verbindung<br />
gestanden. ArbeiterInnen und ArbeitgeberInnen, EntwicklungsaktivistInnen von<br />
CBOs, NGOs und SchullehrerInnen, AusbilderInnen in der Industrie und AlphabetisierungslehrerInnen<br />
haben in der Vergangenheit kaum die Gelegenheit gehabt,<br />
miteinander zu sprechen. Ein bedeutender Neuerungsfaktor der gegenwärtigen Prozesse<br />
besteht darin, daß ETDPs traditionelle Grenzen zum ersten Mal in beide Richtungen<br />
überschreiten. Daher ist es in der Debatte um Integration eine Schlüsselfrage,<br />
wie stark möglicherweise die Verbindung ist, die die Theorie und Praxis der<br />
Integration zusammenhält, oder ob alles etwa nur eine vorübergehende Modeerscheinung<br />
ist.<br />
Nach Berndt Gustavsson 2 gibt es historisch gesehen zwei verschiedene und wichtige<br />
theoretische und ideologische Strömungen, die sich <strong>für</strong> lebenslange Bildung und<br />
Ausbildung aussprechen. Die vorherrschende Richtung in der westlichen Welt ist die<br />
des menschlichen Kapitals, die vornehmlich von der neoliberalen Ideologie gestützt<br />
wird. Die Theorie des menschlichen Kapitals beschäftigt sich mit den wirtschaftlichen<br />
Gründen <strong>für</strong> Bildung und Ausbildung, geht jedoch nicht auf den Lernprozeß ein.<br />
Dann gibt es das humanistische Verständnis, das sich mit einem demokratischen<br />
und holistischen Ansatz zur Bildung und Ausbildung des Menschen befaßt.<br />
In der Debatte um den ETDP sind diese ideologischen Unterschiede nicht diskutiert<br />
worden, aber die Theorie des menschlichen Kapitals schien in den Beiträgen sowohl<br />
des Gewerkschafters als auch des Arbeitgebers vorherrschend gewesen zu sein,<br />
wohingegen der humanistische, demokratische Diskurs deutlicher in den Beiträgen<br />
des ‚Abendschul‘-Erwachsenenbildners und der Vertreterin der ABET-NGO zu spüren<br />
war.<br />
Allgemein scheinen sich die Ansätze der Menschen, die im formalen Wirtschaftssektor<br />
tätig sind, erheblich von denen derjenigen, die hauptsächlich innerhalb des<br />
informellen Wirtschaftssektors und der Gemeinschaft im weiten Sinne arbeiten, zu<br />
unterscheiden. Diejenigen, die im formalen Wirtschaftssektor arbeiten, tendieren<br />
dazu, die Bedeutung der Bildung und Ausbildung im Zusammenhang mit wirtschaftlicher<br />
Entwicklung zu betonen, wohingegen diejenigen, die sich außerhalb dieses<br />
Bereiches befinden, die Bedeutung der Arbeit, des Zuhause und der Gemeinschaft<br />
hervorheben. Entwicklung bezieht sich oft auf weitreichendere soziale, politische,<br />
kulturelle und wirtschaftliche Fragen. Gegenwärtig gibt es miteinander konkurrierende<br />
Auffassungen von Integration, die eine Herausforderung darstellen und die sich<br />
ihrerseits einer Herausforderung stellen müssen.<br />
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