Volltext - Deutsches Institut für Erwachsenenbildung
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lung) wird „dem System“ zugeschrieben. Bürger westlicher Staaten müssen demnach<br />
die Verantwortung <strong>für</strong> Fehlentwicklung übernehmen, deren sichtbarste Form<br />
das Leiden von Millionen Menschen in der Dritten Welt ist.<br />
Motiviert von Ideen der Gerechtigkeit, Freiheit und der Möglichkeit, verloren gegangene<br />
Werte durch Änderung des Lebensstils wiederzuerlangen, erwartet man von<br />
den Anhängern dieser epB, sich <strong>für</strong> die Sache ihrer Partner in der Dritten Welt einzusetzen<br />
(durch Boykottaktionen, Lobbyarbeit usw.) und zudem ihr persönliches<br />
Konsumverhalten zu ändern. Die Forderung nach sozialer Gerechtigkeit ist der deutlichste<br />
Unterschied zwischen diesem epB-Paradigma und dem erstgenannten. Es<br />
überrascht nicht, daß Ansätze der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit, die auf<br />
Begrifflichkeiten der Interdependeztheorie beruhen, in hohem Maße politisch sind.<br />
EpB und Transformation<br />
Der auf Transformation abzielenden epB liegt eine ganzheitliche Sicht von Entwicklung<br />
zugrunde, die Entwicklung als weltweites Phänomen auffaßt, wo<strong>für</strong> der einzelne<br />
Verantwortung trägt. Bildungspolitische Ansätze innerhalb dieses Paradigmas<br />
sind bei weitem die radikalsten und richten sich nach innen. Sie beruhen auf der Annahme,<br />
daß wirklicher gesellschaftlicher Wandel nur dann erreicht wird, wenn das<br />
Individuum bestimmte Grundaussagen anerkennt (wie z.B. die Bedeutung von Arbeit<br />
im Verhältnis zu Freizeit, die Verantwortung des Menschen gegenüber der Natur).<br />
Individuelle Veränderung wird als „Konversion“, soziale Veränderung als „Transformation“<br />
bezeichnet. Dieser Bildungsansatz wird in Anlehnung an das Konzept der<br />
„Anderen Entwicklung“ formuliert, in ihm ist Entwicklung als Gegenstand individuellen<br />
oder kollektiven Handelns von Menschen im Norden und im Süden, geprägt von<br />
Solidarität und Partnerschaft zwischen den Völkern, definiert. Das wichtigste Prinzip<br />
gesellschaftlichen Wandels in diesem radikalen Modell ist Partizipation; Konflikte,<br />
die die Notwendigkeit von Veränderung ausdrücken, werden als potentiell kreativ<br />
begriffen.<br />
Im Gegensatz zu den beiden vorigen Paradigmen bemühen sich transformationelle<br />
Ansätze um eine stärkere Einbeziehung marginalisierter Gruppen. Die Techniken<br />
dieser Transformationsstrategien sind partizipativ, dialogisch, prozeßorientiert und<br />
emanzipatorisch. Zudem rekurrieren bildungspolitische Ansätze auf Freires Konzept<br />
der Bewußtwerdung. Die Lernenden, eine zentrale Komponente der auf dem<br />
Transformationsansatz basierenden epB, tragen hohe Verantwortung <strong>für</strong> den eigenen<br />
Lernprozeß und sind in alle Phasen des Bildungsprozesses eingebunden: Ermittlung<br />
des Bedarfs, Planung, Durchführung, Auswertung. Entwicklungsorganisationen<br />
erhalten dabei eine eher periphere und beratende Rolle.<br />
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