Volltext - Deutsches Institut für Erwachsenenbildung
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weder ihre reale Existenz noch ihre Notwendigkeit auslöschen. Glücklicherweise<br />
sind Männer und Frauen mobil, kreativ, neugierig, ängstlich und fähig, sich Bildungsinhalten<br />
und Informationen zu widersetzen.<br />
5. Dialektisches und oppositionelles Denken in der Bildung und in den vergleichenden<br />
Erziehungswissenschaften<br />
Komplexes, manchmal oppositionelles Denken ist unabdingbar <strong>für</strong> die Analyse der<br />
Beziehung von Bildung und sozialen Bewegungen. Charakteristika des komplexen<br />
Denkens sind dialektische Reflexion, Verständnis der Widersprüche, Interdisziplinarität<br />
in enger Beziehung zur Realität, Interkulturalität, Intersozialität, die das<br />
Verstehen verschiedener Realitäten zuläßt, Intertemporalität, die um die historische<br />
Dimension der Probleme weiß, Interinstitutionalität, die das Verstehen der eigenen<br />
<strong>Institut</strong>ion erlaubt, Internationalität, die das Verständnis der Beziehungen zwischen<br />
Ländern erleichtert. Die Summe zweier Elemente kann kleiner oder größer als eine<br />
rein arithmetische Summe sein, Logik eröffnet nicht immer nur zwei Wege, Gegner<br />
können oft objektiv Verbündete sein, eine Krise kann erfreuliche Möglichkeiten erschließen.<br />
Diese Beispiele zeigen, daß die Realität komplexer ist als das, was lineares<br />
Denken erfassen kann.<br />
Heute erlebt die Erziehungswissenschaft den Widerspruch zwischen den wachsenden<br />
Forderungen und Bedürfnissen im Bildungsbereich auf der einen und der Desillusionierung<br />
und dem Mißerfolg vieler Bildungsinstitutionen auf der anderen Seite.<br />
Dieser Widerspruch ist das Ergebnis linearen Denkens und einer Leichtfertigkeit, die<br />
sich z.B. in neuen Investitionen im Bildungsbereich äußert, ohne Inhalte, Zielsetzungen<br />
und Methoden zu ändern.<br />
Eine Pädagogik, die physische und intellektuelle Bildung, Theorie und Praxis miteinander<br />
verbindet, ist das Ergebnis dialektischen Denkens, das sich Erziehungspraktiken<br />
widersetzt, die diese Faktoren trennen.<br />
Auch die vergleichenden Erziehungswissenschaften, die ein nützliches Instrument<br />
sein könnten, um die Bildungspolitik und -praxis zu verbessern, weisen häufig dieselben<br />
Probleme auf. Sie analysieren nicht die dialektische Beziehung zwischen<br />
Bedürfnissen, Motivationen, Wünschen, Widersprüchen der Bevölkerung und dem<br />
Bildungssystem und seiner Gesetzgebung und laufen somit Gefahr, zu einem subtilen<br />
Instrument der Macht zu werden.<br />
Bildungsanalysen und -praktiken, die auf linearem Denken basieren, rufen Unruhe<br />
und Angst bei den Personen und <strong>Institut</strong>ionen hervor, die diese anwenden. Die noch<br />
besorgniserregendere Antwort ist: Evaluierung, Evaluierung, Evaluierung. Die imperialistische<br />
Gewalt verstärkt sich durch eine meist lineare und monokulturelle<br />
Evaluierung. Dialektisches Denken ist das Produktionsergebnis von kreativem, soli-<br />
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