Volltext - Deutsches Institut für Erwachsenenbildung
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Implikationen von epB-Strategien<br />
Der karitative Ansatz<br />
Karitativ orientierte Bildungsansätze enthalten mehrere Gefahren. Beginnen wir mit<br />
der Grundannahme des karitativen Ansatzes, wonach mehr Information über die<br />
Lebensumstände in der Dritten Welt nötig sei – diese Annahme ist unsinnig. Eine<br />
ganze Reihe von Tatsachen deutet auf das Gegenteil hin.<br />
Trotz aller gegenteiligen Behauptungen vieler Entwicklungsorganisationen ist der<br />
karitative Entwicklungshilfeansatz in der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit immer<br />
noch dominant. Diese Situation könnte vielleicht das Ergebnis des Beharrens<br />
auf wohlbewährten Methoden der Spendensammlung und der Herausbildung von<br />
Gruppenidentität sein. Die Tatsache, daß dieser Typ von entwicklungspolitischer Bildung<br />
unmittelbare, oft betroffene Reaktionen hervorruft, hat ernste Wirkungen auf<br />
das, was gemeinhin als ‚Empathie-Müdigkeit‘ bezeichnet wird. Diese Ermüdungserscheinung<br />
führt zur Weigerung der Spender, auf Spendenkampagnen oder<br />
entwicklungspolitische Aufrufe zu reagieren, da sie genug davon haben, sich <strong>für</strong> eine<br />
Sache einzusetzen, die sowieso nutzlos zu sein scheint.<br />
Der Selbsthilfeansatz<br />
Dem vom karitativen Ansatz verwendeten Motivierungskonzept von Schuld, Mitleid<br />
und Sympathie fügen die Selbsthilfestrategien den Begriff „Verständnis“ hinzu. Der<br />
Darstellung der Situation von Menschen der Dritten Welt in ihrem lokalen Kontext<br />
wird größere Aufmerksamkeit gewidmet. Es wird stärker betont, was Menschen in<br />
der Dritten Welt <strong>für</strong> sich selbst tun können, obwohl diese Hilfe zur Selbsthilfe häufig<br />
als abhängig von Inputs des Nordens dargestellt wird.<br />
Die größte Gefahr des Selbsthilfeansatzes ist, daß dieser bei DurchschnittskanadierInnen<br />
den Eindruck hinterläßt, sie würden ihren Beitrag zur globalen Entwicklung<br />
leisten. Die Menschen, die vielleicht des karitativ motivierten Ansatzes<br />
überdrüssig sind, weil dieser nur sehr unzureichend seinen Paternalismus verbirgt,<br />
fühlen sich wahrscheinlich mit einem an der Selbsthilfe orientierten bildungspolitischen<br />
Ansatz wohler. Schließlich bietet er ja eine relativ schmerzlose Möglichkeit,<br />
mit komplexen internationalen Problemstellungen umzugehen. Ebenso wie der Vorgänger<br />
benennen auch Selbsthilfeansätze nicht die Ursachen von Armut und Unterentwicklung<br />
in der Dritten Welt, weshalb diese Ansätze wahrscheinlich keine bleibenden<br />
Veränderungen bewirken werden.<br />
Der strukturkritische Ansatz<br />
Der wichtigste Beitrag der Strukturkritik zur Praxis der epB läßt sich dadurch zusammenfassen,<br />
daß hier ein Übergang von der Betonung der „Entwicklung in“ (in einem<br />
Land) zu „Entwicklung und“ (in welchem Bezug steht Entwicklung zu anderen Problemen)<br />
erfolgt. Dieser Wechsel der Betrachtungsweise ist Ausgangspunkt <strong>für</strong> die<br />
Untersuchung einer Vielzahl von miteinander verknüpften Fragestellungen und be-<br />
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