Volltext - Deutsches Institut für Erwachsenenbildung
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nicht ab, weil ihre ökonomische Rentabilität selbst in den Ländern sehr hoch ist, die<br />
eine hohe Arbeitslosenquote haben. Die Arbeitskraft des Kindes ist eine zum schnellen<br />
Konsum bestimmte wirtschaftliche Ressource, und die Machthabenden scheinen<br />
nicht sonderlich daran interessiert zu sein, solche Maßnahmen zu ergreifen, die<br />
es diesen Kindern erlauben würden, in Zukunft zu einer menschlichen Ressource<br />
<strong>für</strong> ihre Gesellschaft zu werden.<br />
Der Verlust von Nationalsprachen und -kulturen, wissenschaftlichen und technologischen<br />
Traditionen ist auch eine Folge der diesen Ländern und den sozialen Randgruppen<br />
aufgezwungenen Bildungspolitik und -praxis. Paradoxerweise verliert die<br />
Bevölkerung durch Erziehung ihre Identität, um neue abhängige Identitäten zu erwerben.<br />
Internationale Vernetzungen zwingen diesem Teil der Weltbevölkerung neue<br />
Modelle auf, die keine Möglichkeit zur Kritik oder zur Entwicklung von Alternativen<br />
zulassen. So wird Bildung zu einem Instrument der Gewalt. Der Kampf um die eigene<br />
Kultur ist <strong>für</strong> diese sozialen Gruppen und Länder das einzige Instrument, um<br />
weiter zu existieren.<br />
Viele Ideen, die heute die ideologischen Inhalte von Bildung beeinflussen, haben<br />
einen Bezug sowohl zu der älteren als auch zur neueren Geschichte der Erziehungswissenschaften.<br />
Nationale und internationale Kräfte haben sich in den vergangenen<br />
Jahren Ideen wie Lebenslanges Lernen, Erziehung zu Frieden und Universalität,<br />
Umweltbildung widersetzt, ja sie sogar bekämpft. Heute stellen sich dieselben Kräfte<br />
als ihre Förderer dar. Weiterbildung wird zu einem nützlichen, manchmal unverzichtbaren<br />
Instrument der Produktionsentwicklung, die qualifizierte Arbeiter und eine<br />
adäquate Ausbildung verlangt, aber leider nur einen kleinen Teil der Arbeiter betrifft.<br />
Die pazifistische Dimension der Bildung kann vereinnahmt werden, um neue<br />
Abhängigkeitsformen zu schaffen. Umweltbildung bedeutet oft nicht unbedingt Respekt<br />
vor der Natur, sondern verfolgt Marktinteressen mit der Zielsetzung, dem Süden<br />
insbesondere im Energiesektor Opfer aufzuzwingen, die der Norden nicht auf<br />
sich nehmen will.<br />
Neue Bildungsprojekte treffen immer wieder auf Widerstände. Eine Bildung, die nicht<br />
zu Ausgrenzung und Arbeitslosigkeit führt, der Respekt vor kulturellen Identitäten,<br />
die Teilnahme der Bevölkerung am produktiven Leben, aber nicht nur durch berufliche<br />
Ausbildung, sondern auch durch kulturelle und politische, treffen immer wieder<br />
auf Widerstände, weil diese Projekte und Maßnahmen eine Bedrohung darstellen<br />
können <strong>für</strong> den Machterhalt derer, die die Verantwortung <strong>für</strong> die Marginalisierung<br />
eines Teils der Bevölkerung sowohl im Süden als auch im Norden tragen. Eine Erziehungswissenschaft,<br />
die Individuen als menschliche Wesen ernst nimmt – und<br />
zwar alle – und nicht nur als „menschliche Ressourcen“ ansieht, wird immer <strong>für</strong> ein<br />
gefährliches Projekt gehalten werden.<br />
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