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Volltext - Deutsches Institut für Erwachsenenbildung

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es an der Zeit, nicht mehr vom Begriff der „Universität“ zu sprechen und die Universitäten<br />

als nicht weniger heterogen anzusehen als beispielsweise Privatunternehmen<br />

oder gemeinnützige Nichtregierungsorganisationen (NRO)? Oder gibt es einen<br />

wesentlichen Kern, der das Hochschulwesen und damit die Universität zu etwas<br />

Besonderem und Andersartigem macht (vgl. z.B. NIACE 1993)? Neben den Debatten<br />

über Expansion, Rückgang der Gelder pro Student und eine konstatierte Gefährdung<br />

des Qualitätsstandards stellt sich die Frage nach der Funktion der Universität:<br />

Ist sie die reflektierende Seele und das kritische Gewissen der Gesellschaft; oder<br />

ein Zufluchtsort aus den Bereichen Politik und Handel <strong>für</strong> persönliche Reflexion und<br />

Entwicklung; oder der Motor bzw. das Kraftzentrum der Gesellschaft 2 im Sinne einer<br />

Wirtschaftsmaschinerie; oder ein Ausbildungs- und Umschulungsbetrieb, der in<br />

Fließbandarbeit Bürger als Produzenten – und vielleicht auch als Verbraucher – produziert?<br />

Aus dieser Art von Fragestellung und Überlegung ergeben sich zwei Kernfragen: Ist<br />

die Universität eine autonome Kraft, eine Art von „fünfter Stand“ des Reiches? Oder<br />

ist sie ein vom Staat angetriebenes Vehikel öffentlicher Politik? Wenn letzteres zutrifft,<br />

welche Absicht steht hinter dieser Richtung, und wie sind ihre Auswirkungen?<br />

In denjenigen Ländern, in denen die liberale Tradition der Universität (deren intellektuelle<br />

Wurzeln als Idee häufig auf J. H. Newman zurückgeführt werden) immer<br />

noch stark ist, besteht nach Meinung vieler Beobachter eine Tendenz, in der Entwicklung<br />

zu einem „Fähigkeiten und Ergebnisse“-Ansatz zu Lehrplan, Finanzierung<br />

und Evaluierung auch einen Trend zur reinen „Berufsorientierung“ der Universitätsausbildung<br />

auszumachen und zu be<strong>für</strong>chten. Weniger klar ist – und es herrscht<br />

weniger Einigkeit darüber –, ob die Universität auch dazu benutzt wird, weiterreichenden<br />

sozialen – im Gegensatz zu wirtschaftlichen – Zwecken – in anderen Worten,<br />

der angewandten Sozialwissenschaft – zu dienen.<br />

In den Vereinigten Staaten scheint sich die Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen<br />

eher aus sozialen als aus strikt qualifikationsbedingten oder wirtschaftlichen<br />

Gründen zu vollziehen, obwohl das Gleichgewicht der Kräfte zwischen nationalen<br />

(bundesstaatlichen) Zielsetzungen und der Arbeitsweise der einzelnen Hochschulen<br />

einer Prüfung bedarf, ebenso wie das Verhältnis zwischen defensiver Handlungsweise<br />

zur Vermeidung öffentlicher Kritik und eigenverantwortlichen Initiativen der<br />

Hochschulen zur Erlangung von Chancengleichheit durch den Abbau von Diskriminierungen.<br />

In der Europäischen Union ist die „soziale Benachteiligung’’ zu einem<br />

Thema von Grundsatzberatungen geworden; doch es ist nicht klar, ob die Universität<br />

als Instrument der Europäischen Union zur Lösung des Problems angesehen<br />

wird.<br />

Im politischen Rahmen ist es in zunehmendem Maße zweckmäßig, im Sinne von<br />

Hochschulsystemen zu denken und nicht nur von einem Konglomerat einzelner<br />

Universitäten mit ihren individuellen Eigenheiten und Traditionen – ebenso wie man<br />

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