Volltext - Deutsches Institut für Erwachsenenbildung
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mancherorts propagiert wird. „Grabe da, wo du stehst“ und „Denke global, handle<br />
lokal“ sind hier<strong>für</strong> typische Schlagworte.<br />
Der wichtigste Träger und Exponent der entwicklungsorientierten <strong>Erwachsenenbildung</strong><br />
ist der ICAE, der als Folge der 3. Weltkonferenz über <strong>Erwachsenenbildung</strong><br />
(1972 in Tokio) gegründet wurde. Seine Zeitschrift „Convergence“, insbesondere das<br />
Sonderheft zu ihrem 25jährigen Bestehen, verdeutlicht sehr klar den Geist der internationalen<br />
<strong>Erwachsenenbildung</strong> in Relation zu der „globalen Problematik“ von<br />
Entbehrung, Armut, Verschlechterung der Umweltbedingungen, Krankheit, Verweigerung<br />
von Menschenrechten, Ausschluß von der Teilhabe an der Macht und allem<br />
anderen, was man heute als soziale Benachteiligung bezeichnet. Ähnlich zeigt die<br />
Zeitschrift des IIZ/DVV „<strong>Erwachsenenbildung</strong> und Entwicklung“ als an Erwachsenenbildner<br />
gerichtetes Organ mit besonderem Schwerpunkt auf den Bedürfnissen des<br />
Südens auf, was die „<strong>Erwachsenenbildung</strong>sbewegung“ <strong>für</strong> die Verbesserung der<br />
sozialen Bedingungen innerhalb eines bestimmten ideologischen Rahmens bedeutet.<br />
In der Tradition Großbritanniens, des von Großbritannien beeinflußten Commonwealth<br />
sowie Nordamerikas war die <strong>Erwachsenenbildung</strong> nicht nur auf soziale Zielsetzungen,<br />
sondern sehr stark auf persönliche Entwicklung orientiert und wurde<br />
häufig als „liberale <strong>Erwachsenenbildung</strong>“ bezeichnet. Trotz ihres Schwergewichts auf<br />
„liberalem“ Lernen als eigentlichem Zweck ist sie nicht apolitisch; sie wurde ursprünglich<br />
mit der politischen Linken identifiziert – wenn auch meist mit der „weichen“<br />
und nicht mit der „harten“ Linken, um die sozialistisch-marxistische Ausdrucksweise<br />
zu gebrauchen. Sie ist in ihren Wertbestimmungen demokratisch und egalitär.<br />
Die stärker auf Entwicklung ausgerichtete internationale <strong>Erwachsenenbildung</strong>sbewegung<br />
ersetzt „liberal“ durch „liberalistisch“. Sie sieht das Etikett „liberal“ als einen<br />
Deckmantel <strong>für</strong> soziale Reproduktion und geht davon aus, daß die liberale <strong>Erwachsenenbildung</strong><br />
die selektive Diskriminierung des formellen Schulsystems verstärkt,<br />
anstatt einen Ausgleich da<strong>für</strong> zu schaffen und seine Reproduktion von Ungleichheit<br />
zu korrigieren. Der „Guru“ dieser Bewegung ist Paulo Freire. Er propagiert<br />
die Praxis der „Bewußtseinsbildung“, die ebenfalls die egalitäre Demokratie favorisiert,<br />
jedoch mit direkteren und wirksameren Mitteln. Ihre Augenblicke des Triumphs<br />
kamen mit dem Erfolg der Untergrund-Alphabetisierungskampagnen, die in Ländern<br />
wie Nicaragua Freiheitsbewegungen unterstützten.<br />
Weitere bedeutende Namen, auf die immer wieder verwiesen wird, sind der frühere<br />
Staatspräsident Tansanias, Julius Nyerere, der indische Gelehrte und Staatsmann<br />
Malcolm Adiseshiah sowie Dame Nita Barrow von den Karibischen Inseln, die – wie<br />
Freire – alle einmal Ehrenvorsitzende des ICAE waren. Während die Tradition der<br />
liberalen <strong>Erwachsenenbildung</strong> zunächst in Nordamerika und dann in Großbritannien<br />
mehr oder weniger aufgegeben wurde – trotz gelegentlicher Wiederbelebungs-<br />
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