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Volltext - Deutsches Institut für Erwachsenenbildung

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Thema Dritte Welt dürfte aber eine solche Position kaum vertreten gewesen sein,<br />

weil in aller Regel unter den Teilnehmenden Mitglieder von Dritte-Welt-Gruppen sind,<br />

die sich gegen solche Begriffsverwendungen verwahren, wenn sie von einem Kursleitenden<br />

gebraucht werden sollten. Naiv westzentrierte Positionen haben schon<br />

eher Chancen in Bildungsangeboten, die nicht im direkten Kontext entwicklungspolitischer<br />

Angebote entstehen.<br />

Aber auch diejenigen, die ganz bewußt einem kultur- und technologiepolitischen<br />

Imperialismus entgegentreten wollen, und das sind ganz wesentlich die basisorientierten<br />

Dritte-Welt-Gruppen, haben Schwierigkeiten, ihr Weltbild ohne Bevormundung<br />

durchzuhalten. Das Buch „Small is beautiful“ (Schumacher 1975), das lange<br />

Zeit die “Bibel” <strong>für</strong> entwicklungspolitische Technologievorstellungen war, ist bei<br />

den Intellektuellen in den Dritte-Welt-Ländern in der Regel nur sehr wenig geschätzt<br />

worden. Die rational sehr einleuchtende Empfehlung, die eigene Entwicklung mit<br />

angepaßten Technologien durchzuführen, kann nämlich auch als imperialer Gestus<br />

interpretiert werden. Der deutsche Bauer darf auf einem klimatisierten High-Tech-<br />

Traktor pflügen, und der vietnamesische Bauer soll im Schweiße seiner Muskelanstrengung<br />

den Pflug vom Ochsen ziehen lassen.<br />

Wir sind heute in der glücklichen oder auch unglücklichen Lage, daß wir bereits auf<br />

eine längere Tradition von „Entwicklungsdebatten“ und auf entsprechend zu interpretierende<br />

Erfahrungen von „Entwicklungsarbeit“ zurückblicken können. Wir finden<br />

auf der einen Seite Positionen, die die gesamte „Entwicklungshilfe“ bzw. alle Versuche,<br />

in Entwicklungsprozessen der Dritten Welt zu intervenieren, in Frage stellen (vgl.<br />

Erler 1985). Auf der anderen Seite wird der Bundeskanzler von vielen Gruppen stark<br />

bedrängt, sein 1992 in Rio gegebenes Versprechen einer Verdoppelung der finanziellen<br />

Mittel <strong>für</strong> Entwicklungsprojekte in der Dritten Welt endlich einzulösen. Unabhängig<br />

von solchen Polarisierungen dürfte bei vielen Ernüchterung eingekehrt sein.<br />

Es herrscht ein relativ breiter Konsens, daß man nicht von der Dritten Welt sprechen<br />

solle, daß in den nicht-westlichen Ländern äußerst unterschiedliche kulturelle, geographische,<br />

politische, soziale etc. Bedingungen herrschen können und daß es als<br />

Konsequenz daraus keine Patentlösungen <strong>für</strong> Entwicklungs- oder Hilfskonzepte<br />

gebe. Jedes Projekt, das vom Westen aus in bester Absicht in Dritte-Welt-Ländern<br />

interveniert, hat Konsequenzen, die nicht alle vorausgesehen werden können und<br />

die je nach Sichtweise auch negativ interpretierbar sind. Das Modell „Entwicklungshilfe“<br />

wird seit einiger Zeit durchaus als problematisch angesehen, ganz gleich, ob<br />

es sich um ein staatlich gelenktes Projekt der Gesellschaft <strong>für</strong> technische Zusammenarbeit<br />

(GTZ) handelt oder ob es ein rühriges Projekt einer Nicht-Regierungs-<br />

Organisation (NRO) betrifft.<br />

Nicht der Süden, sondern der Norden ist „unterentwickelt“<br />

Die Frage, wie der entwicklungspolitische Diskurs aussehen kann, hat in jüngster<br />

Zeit durch die ökologische Debatte eine neue Variante erhalten, die viele Probleme<br />

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