Volltext - Deutsches Institut für Erwachsenenbildung
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wirkt so ein tieferes Verständnis von Entwicklung. Eine andere wichtige Funktion der<br />
Strukturkritik besteht darin, daß sie Menschen zur aktiven Teilhabe an der Änderung<br />
westlicher Gesellschaftsstrukturen ermutigt.<br />
Dieser strukturkritische Ansatz kann bei einer Vielzahl von Lerninteressierten zu<br />
innerem Rückzug führen, da er als zu politisch empfunden wird. Die DurchschnittsbürgerInnen<br />
kümmern sich eher um Job, Familienleben, Bildungschancen<br />
und ähnliches als um Entwicklungsprobleme. Aus diesem Grunde ziehen sie wahrscheinlich<br />
pragmatischere Angebote vor, in die sie ihre Energie und Geldmittel stekken<br />
können.<br />
Darüber hinaus ist das in diesem Ansatz definierte „System“ etwas zu esoterisch und<br />
abstrakt und daher <strong>für</strong> viele Leute unverständlich. In einem zunehmend entfremdeten<br />
sozialen und/oder beruflichen Umfeld bevorzugen wahrscheinlich viele BürgerInnen<br />
eine am Menschen orientierte Problemsicht gegenüber der Analyse eines<br />
entmenschlichten Systems, dem sie sich machtlos gegenübersehen.<br />
Der Fehlentwicklungsansatz<br />
Der Fehlentwicklungsansatz ist <strong>für</strong> die epB eine sehr radikale Anwendung der<br />
Dependenztheorie. Bürger der westlichen Staaten werden als Teil des Problems der<br />
Unterentwicklung und als Komplizen der Ausbeutung von Menschen in der Dritten<br />
Welt gesehen. Die Mitglieder von Nichtregierungsorganisationen werden danach<br />
beurteilt, ob sie einen lokalen Beitrag zu mehr globaler Gerechtigkeit in der Welt<br />
leisten können, ganz nach dem Motto, die Erste Welt „müsse einfacher leben“, damit<br />
die Armen dieser Welt „einfach leben können“. Diese Bildung zielt auf Änderung<br />
von Verhalten und Bewußtsein sowie auf die Handlungsebene ab. Die auf dem<br />
Fehlentwicklungsansatz beruhende epB bringt das Risiko mit sich, daß normale<br />
KanadierInnen sich die Hauptschuld der Ursachen von Elend und Armut in der Dritten<br />
Welt anlasten.<br />
Der „Empowerment“-Ansatz<br />
Der wichtigste Unterschied zwischen Empowerment- und Konversionsansatz, der<br />
eine noch radikalere Spielform des Transformationsparadigmas der epB ist, besteht<br />
darin, daß der „Empowerment“-Ansatz nach innen gerichtet ist. Die den Konversionsansatz<br />
vertretenden Pädagogen halten das Anknüpfen an den jeweils individuellen<br />
Erfahrungen <strong>für</strong> wichtig und bauen darauf auf, aber sie fordern auch, daß<br />
das Individuum seine Auffassungen sinngebender und lebensweltlicher Konzepte<br />
grundsätzlich ändert. Insofern kann Empowerment als notwendiger Schritt zur Konversion<br />
oder umfassender globaler Veränderung gesehen werden. Der Schwachpunkt<br />
dieses Ansatzes ist, daß er nicht weit genug geht bei der Ausarbeitung der<br />
Notwendigkeit von grundlegenden persönlichen Veränderungen als Grundlage <strong>für</strong><br />
einen tragfähigen sozialen Wandel.<br />
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