Bild und Bildung im Zeichen der - Egon Schütz Archiv - Universität ...
Bild und Bildung im Zeichen der - Egon Schütz Archiv - Universität ...
Bild und Bildung im Zeichen der - Egon Schütz Archiv - Universität ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>Bild</strong> etwas zeigen <strong>und</strong> verbergen kann, daß es sogar <strong>im</strong> Zeigen ver-<br />
birgt, indem es hervortreten <strong>und</strong> zurücktreten läßt, daß es nachahmen<br />
<strong>und</strong> täuschen <strong>und</strong> sogar nachahmend täuschen kann, dann gibt es keine<br />
absolute <strong>Bild</strong>gewißheit - so wenig wie eine absolute bildliche Welt-<br />
<strong>und</strong> Selbstgewißheit. Wenn das zutrifft, kann man sagen, daß <strong>der</strong> alt-<br />
testamentarische Gott sehr genau wußte, was er for<strong>der</strong>te, als er dekre-<br />
tierte: "Du sollst Dir kein <strong>Bild</strong>nis machen noch irgendein Gleichnis,<br />
we<strong>der</strong> des, das oben <strong>im</strong> H<strong>im</strong>mel, noch des, das unten auf Erden, o<strong>der</strong><br />
des, das <strong>im</strong> Wasser unter <strong>der</strong> Erde ist." (Mos. II, Kap. 20, Vers 4) Die-<br />
ses Dekret liest sich wie eine Warnung vor den Fallstricken <strong>der</strong> S<strong>im</strong>u-<br />
lation, <strong>der</strong> bewußten o<strong>der</strong> unbewußten Täuschung, die in jedem <strong>Bild</strong><br />
von etwas lauert <strong>und</strong> nicht nur <strong>im</strong> <strong>Bild</strong> - wie dem Zitat zu entnehmen<br />
ist - von <strong>der</strong> Gottheit. An<strong>der</strong>erseits, auch das stellten wir fest: Men-<br />
schen kommen nicht ohne <strong>Bild</strong>er aus, wenn gilt, daß ihr Dasein sich<br />
nur über <strong>Bild</strong>er, über vermittelnde Medien überhaupt selbst vermitteln<br />
kann. So mag man die Entstehung <strong>der</strong> <strong>Bild</strong>er dem Mythos vom Sün-<br />
denfall zuschreiben, <strong>der</strong> Vertreibung aus dem Paradies, die - bild-<br />
thematisch gesprochen - <strong>der</strong> Notwendigkeit gleichkam, die ehemals<br />
nackte Weltpräsens zu verhüllen o<strong>der</strong> unter optischen Verhüllungen<br />
unsicher wie<strong>der</strong> entdecken zu müssen. Jedenfalls: Das <strong>Bild</strong>erverbot<br />
liest sich wie eine weitsichtige Warnung - gleichwohl eine Warnung,<br />
die <strong>der</strong> Mensch nur bedingt beherzigen konnte, da ihm - biblisch gese-<br />
hen selbstverschuldet - <strong>der</strong> Rückweg in die reinen Anblicke von Gott,<br />
Wahrheit <strong>und</strong> Schöpfung verwehrt blieb.<br />
Der mythische Topos jüdisch-christlichen <strong>Bild</strong>erverbots läßt<br />
sich in Platons Höhlengleichnis wi<strong>der</strong>spiegeln. Das Verbotsdekret<br />
(<strong>Bild</strong>er täuschen!) wird in diesem Gleichnis in gewisser Weise zu-<br />
- 167 -