Bild und Bildung im Zeichen der - Egon Schütz Archiv - Universität ...

versalisierung der Perspektive trifft sich also mit der Universalisierung
des Menschen und mit der Universalisierung der Geschichte. Die
Wahrheit wird zur endlichen Wahrheit, das Bild zum perspektivischen
Schema der Welt, die Medien werden zu endlichen Vermittlern ge-
schichtlich bewegter Wirklichkeit - sie werden zu selbstentworfenen
Instrumenten, mit denen man deutlicher, genauer durchschaut, er-
kennt, wahrnimmt. Noch aber - das ist entscheidend - gibt es ein Ver-
trauen darin, daß die Welt vom Standort des Menschen aus als 'Wirk-
lichkeit' auch getroffen werden kann, daß menschliches Machen und
Bilden sie (wenn auch "perspektivisch") zu repräsentieren vermag.
Noch gibt es das Vertrauen in eine Wirklichkeit 'an sich' - und sei die-
se auch nur ein notwendiges Denk- und Erfahrungspostulat. Die Rela-
tion zum Menschen mag begrenzend für die Reichweite seiner ausge-
richteten Wahrheiten (also seiner Richtigkeiten) sein. Die Möglichkeit,
diese Grenzen vernunftkritisch zu kennen, verhindert noch ein relativi-
stisches Chaos, wie sie auch erlaubt, die Differenz von Sein und
Schein (als Differenz von Wirklichkeit und Täuschung) zu bewahren.
Noch gibt es einen Status der Verläßlichkeit in der Unterscheidung
von Zeichen und Bezeichnetem (von Bild und Bildgegenstand, von
Medium und Botschaft).
Das alles ändert sich anscheinend mit der Heraufkunft des "Eu-
ropäischen Nihilismus", also mit Nietzsches Zeitdiagnose, mit der die
sog. "Postmoderne" ihren Anfang nimmt. Nach dieser Zeitdiagnose
kann von einer erkennbaren "wahren Welt" nicht mehr die Rede sein.
Die wahre Welt verschwindet im Perspektivismus der (anthropozentri-
schen) Konstruktion von Möglichkeiten, deren Beweis allein in ihrer
Zweckmäßigkeit liegt. Die Bilder verlieren ihre stabilen Referenten,
- 191 -