Bild und Bildung im Zeichen der - Egon Schütz Archiv - Universität ...

Das Scheinbild kann im positiven und negativen Sinne gesehen
werden, vor allem aber im positiven. Es ist nicht ein Bild, das etwas
täuscht oder vortäuscht, sondern das gewissermaßen den Schein the-
matisiert.
4) Die Rekonstruktion der geschichtlichen Ideallinie vom Ab-
bild zum Scheinbild führt, wenn eine solche Rekonstruktion stimmt -
historisch stimmt sie sicher nicht genau -, zur Feststellung einer be-
stimmten Bewegung, die man vorläufig charakterisieren kann als zu-
nehmenden Abstand und Aufstand des Bildmediums gegen die Reali-
tät seiner Inhalte. Innerhalb dieser Bewegung, kann man sagen, wird
das Medium Bild zunehmend selbst thematisch. Das heißt, es streift
mehr und mehr seine dienende Rolle ab und rückt selbst ins Zentrum.
Es unterläuft die alte Wahrheitsforderung nach dem Übereinstimmen-
Müssen, es konterkariert die sogenannte Adaequatio-These oder, noch
einmal anders gewendet: Diese Bewegung endet im Schein-Bild und
im Bild-Schein. Das Medium, das Bild, verläßt gewissermaßen die
zweite Stelle nach der Wirklichkeit und behauptet sich als eigene, freie
Realität. Es ist also nicht mehr Mittleres zwischen Ich und Welt, son-
dern es ist Zentrum, es wird zentral. Es ist - anders gesagt - nicht ein-
fach transparent auf etwas, was es nicht ist, sondern es reklamiert Frei-
heit, es verselbständigt sich sowohl gegen die Menschen wie gegen die
Welt.
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