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Sozialkapital und Bürgerengagement in der Nachbarschaft

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3 Theoretische Vorüberlegungen<br />

3.1 Theorie <strong>der</strong> <strong>Nachbarschaft</strong> – Theorie von gestern?<br />

Abbildung 1: Assoziationen mit „<strong>Nachbarschaft</strong>“: E<strong>in</strong> Bra<strong>in</strong>storm<strong>in</strong>g<br />

Nicole Bosa<br />

Christ<strong>in</strong>e Keller<br />

Cornelia Rahn<br />

Abstand, Animositäten, Aushelfen, Ausleihen, Bedrohung, Beistand, Betrunken,<br />

Briefkasten, Chance, Chaos, Charme, Dezibel, Differenz, Distanz, Eckkneipe, Ei,<br />

Eigendynamik, Eigentümerversammlung, Fairness, Gegenüber, Gerüchte, Gerüche,<br />

Grenzen, Grüssen, Haus, H<strong>in</strong>terhof, Hilfe, Hass, Initiative, Intimität, Jovialität, Kontrolle,<br />

Konzepte, Krach, Liebe, Lust, Metropole, Mülltonne, Nähe, Nebenan, Ohropax, Optionen,<br />

Passivität, Planer, Paketannahme, Quartiersmanager, Querulant, Ressentiment, Ruhe,<br />

Sehnsucht, Sicherheit, Spießer, Straßenfest, Streit, Takt, Taktik, Toleranz, Treppenhaus,<br />

Umgangsform, Utopie, Verbot, Verboten, Vorgarten, Xanthippe, Zaun, Zimmerlautstärke,<br />

Zusammenhalt<br />

3.1.1 E<strong>in</strong>leitung<br />

Diese Begriffsammlung stellt e<strong>in</strong>e erste Annäherung an das Thema <strong>Nachbarschaft</strong><br />

dar. Es handelt sich um Assoziationen, Klischees, Schlagworte <strong>und</strong> Wünsche, die<br />

bei e<strong>in</strong>em Bra<strong>in</strong>storm<strong>in</strong>g <strong>der</strong> Arbeitsgruppe zum Begriff <strong>der</strong> <strong>Nachbarschaft</strong><br />

genannt wurden. Diese Assoziationen zeigen, wie facettenreich <strong>der</strong> Begriff<br />

<strong>Nachbarschaft</strong> aufgefasst wird. <strong>Nachbarschaft</strong> ersche<strong>in</strong>t als e<strong>in</strong> Paradoxon, denn es<br />

bedeutet sowohl Nähe als auch Abstand. Der Nachbar ist gleichzeitig auch <strong>der</strong><br />

Fremde, Nachbarn erkennen sich als die jeweils an<strong>der</strong>en an <strong>und</strong> haben somit auch<br />

das Bedürfnis, sich wegen <strong>der</strong> bestehenden räumlichen Nähe vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />

abzugrenzen. Es ist notwendig, neben dem geme<strong>in</strong>samen Raum e<strong>in</strong>en<br />

geme<strong>in</strong>samen S<strong>in</strong>n im Symbolraum <strong>Nachbarschaft</strong> zu teilen.<br />

Seit den 90er Jahren zeigt sich <strong>in</strong> den <strong>in</strong>nerstädtischen Altbaugebieten Berl<strong>in</strong>s e<strong>in</strong>e<br />

erhöhte Umzugsdynamik, die durch den Wegzug von Familien mit K<strong>in</strong><strong>der</strong>n <strong>und</strong><br />

Erwerbstätigen, sowie durch e<strong>in</strong>en Nachzug niedrigverdienen<strong>der</strong>, oft auf<br />

Transferleistungen angewiesener Bevölkerungsgruppen gekennzeichnet ist. Dieses<br />

selektive Wan<strong>der</strong>ungsverhalten <strong>der</strong> Bewohner führt zu e<strong>in</strong>em sozialen Wandel, h<strong>in</strong><br />

zu e<strong>in</strong>er räumlich lokalisierten Dom<strong>in</strong>anz von Haushaltstypen, die <strong>in</strong> vielfältiger<br />

Weise gesellschaftlich benachteiligt s<strong>in</strong>d: Arbeitslose, Sozialhilfeempfänger,<br />

Alle<strong>in</strong>erziehende, Auslän<strong>der</strong>, Menschen mit Suchtproblemen o<strong>der</strong> psychischen<br />

Erkrankungen.<br />

In vorangegangenen Studien <strong>und</strong> Interviews mit Angestellten <strong>der</strong><br />

Bezirksverwaltungen wurden vor allem Gebiete <strong>in</strong> <strong>der</strong> Innenstadt als „beson<strong>der</strong>s<br />

problematisch“ ausgewiesen. Diese Gebiete weisen geme<strong>in</strong>same Merkmale auf:<br />

hohe Bevölkerungsfluktuation, hohe Heterogenität <strong>der</strong> Bevölkerung, hohe<br />

unfreiwillige Segregation, hoher Auslän<strong>der</strong>anteil, Verfall <strong>der</strong> Bausubstanz <strong>und</strong><br />

Vandalismus (vgl. die Stadtmodelle <strong>der</strong> Chicagoer Schule: „zone <strong>in</strong> transition“ von<br />

BURGESS). Zu diesen Quartieren gehören auch <strong>der</strong> Sprengelkiez/ Sparrplatz <strong>und</strong><br />

das Quartier um die Sold<strong>in</strong>er Straße im Wedd<strong>in</strong>g. Als „beson<strong>der</strong>s problematisch“<br />

gelten Gebiete mit „Anzeichen von Verwahrlosung des öffentlichen Raums,<br />

zunehmend gewaltförmige Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungen <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e zwischen<br />

Jugendgruppen, Drogenkrim<strong>in</strong>alität, Alkoholismus, wachsende Verbreitung von<br />

Humboldt-Universität zu Berl<strong>in</strong><br />

Geographisches Institut<br />

Arbeitsberichte<br />

Nr. 87 (2003)

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