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Sozialkapital und Bürgerengagement in der Nachbarschaft

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Hilfeleistung <strong>und</strong> Vertrauen voraus (H. Schmidt: „Gucken wir mal, ob wir die [200<br />

EURO] irgendwann wie<strong>der</strong> kriegen – er hat geme<strong>in</strong>t, wenn er mal wie<strong>der</strong> Geld hat,<br />

wird er sie abbezahlen.“). Der Mechanismus <strong>der</strong> Reziprozität <strong>und</strong> das Vertrauen<br />

<strong>der</strong> Individuen zue<strong>in</strong>an<strong>der</strong> werden zum gr<strong>und</strong>legenden Bestandteil sozialer<br />

Netzwerke. Theoretische Annahmen über das Wesen des <strong>Sozialkapital</strong>s (vgl.<br />

Kapitel <strong>Sozialkapital</strong>) lassen sich demnach auch im Alltag des Sold<strong>in</strong>er Kiez <strong>und</strong><br />

um den Sparrplatz aufzeigen.<br />

Für die Entfaltung <strong>und</strong> Nutzung von Sozialem Kapital s<strong>in</strong>d zudem Struktur <strong>und</strong><br />

Eigenschaften <strong>der</strong> Netzwerke von zentraler Bedeutung. In den Experten<strong>in</strong>terviews<br />

deutet sich an, dass die untersuchten Vere<strong>in</strong>e <strong>und</strong> Initiativen im Sold<strong>in</strong>er Kiez<br />

tendenziell bezüglich ihrer Zielgruppe (h<strong>in</strong>sichtlich Alter, ethnischer Zugehörigkeit<br />

<strong>und</strong> teilweise auch Geschlecht) sowie ihrer <strong>in</strong>haltlichen Zielsetzung homogener zu<br />

se<strong>in</strong> sche<strong>in</strong>en als im Sparrkiez, d.h. Aktivitäten betreffen z.B. im „Sold<strong>in</strong>er Treff“<br />

schwerpunktmäßig die Zielgruppe <strong>der</strong> Alkoholiker (Betroffene s<strong>in</strong>d meist deutsche<br />

Männer im mittleren bis höheren Alter) o<strong>der</strong> richten sich wie im Fall des „Bahad<strong>in</strong><br />

e.V.“ vorrangig an Interessenten türkischer Kunst <strong>und</strong> Kultur. Im Gegensatz dazu<br />

widmen sich die hier ausgewählten Netzwerke im Sparrkiez deutlich breiteren<br />

Arbeitsfel<strong>der</strong>n <strong>und</strong> vielfältigeren Zielgruppen <strong>und</strong> weisen gleichzeitig stärkere<br />

Verflechtungen mit an<strong>der</strong>en Initiativen <strong>und</strong> Vere<strong>in</strong>en auf. Beispielhaft s<strong>in</strong>d hier<br />

sowohl die <strong>in</strong>terkulturelle Ausrichtung des „Interreligiösen Dialoges“ als auch das<br />

Verständnis des <strong>Nachbarschaft</strong>sladens als „Plattform für verschiedene Aktivitäten“<br />

(C. Heise) unterschiedlicher Art <strong>und</strong> Zielgruppe. E<strong>in</strong> vergleichen<strong>der</strong> Blick auf die<br />

Akteursnetzwerke (siehe Anhang) verstärkt diesen E<strong>in</strong>druck. Ähnliche Ergebnisse<br />

wurde auch im Rahmen <strong>der</strong> Bewohnerbefragung ermittelt (vgl. Empirische<br />

Ergebnisse zum <strong>Sozialkapital</strong>). Es ist schwer zu beurteilen, ob die Begrenzung des<br />

Arbeitsbereiches <strong>und</strong> die klare Ausrichtung auf e<strong>in</strong>e spezielle Zielgruppe für den<br />

Vere<strong>in</strong> <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e Mitglie<strong>der</strong> von Vorteil s<strong>in</strong>d, für den Kiez <strong>in</strong>sgesamt wird jedoch<br />

angenommen, dass bei e<strong>in</strong>er heterogeneren Struktur <strong>und</strong> stärkeren <strong>in</strong>ternen <strong>und</strong> vor<br />

allem externen Verflechtungen von Netzwerken e<strong>in</strong>e bessere Basis für<br />

kiezwirksames <strong>Sozialkapital</strong> besteht.<br />

E<strong>in</strong> weiteres Merkmal von Netzwerken stellt die Existenz von Schlüsselpersonen<br />

dar. Gerade wenn es um die Vernetzung von verschiedenen Initiativen geht, laufen<br />

die Kontakte meist über e<strong>in</strong>zelne Personen ab, die sich dann im H<strong>in</strong>blick auf die<br />

Vernetzung <strong>in</strong> sogenannten „Brückenpositionen“ bef<strong>in</strong>den. (vgl. Theoriekapital<br />

<strong>Sozialkapital</strong>). Dass Schlüsselpersonen auch <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Netzwerkstruktur<br />

Wedd<strong>in</strong>gs existieren, lässt sich den Äußerungen mehrerer Experten entnehmen. Im<br />

Sparrkiez gibt es laut C. Heise <strong>und</strong> A. Bochum e<strong>in</strong>en festen Stamm aktiver<br />

Personen („immer die selben“ , C. Heise ) die sich <strong>in</strong>nerhalb des Kiezes<br />

engagieren. Die Rolle von Schlüsselpersonen nehmen hierbei beson<strong>der</strong>s diejenigen<br />

„Leiter (e<strong>in</strong>), die seit Jahren im Kiez arbeiten“ (C. Heise). E<strong>in</strong> Gr<strong>und</strong> dafür ist, so<br />

A. Bochum, „dass es nur über den direkten Kontakt zu den e<strong>in</strong>zelnen Leuten läuft,<br />

die ohneh<strong>in</strong> im Kiez verankert s<strong>in</strong>d“. Durch diese Personen kommt dann <strong>der</strong> –<br />

auch von politischer Seiten beschriebene (vgl. Experten<strong>in</strong>terviews Politiker) –<br />

„Multiplikatoreffekt“ (A. Bochum) zum Tragen. A. Bochum begründet dies<br />

anhand eigener Erfahrungen <strong>in</strong> unterschiedlichen Gremien <strong>und</strong> Projekten: „ohne<br />

mich wäre sicherlich e<strong>in</strong>iges nicht mehr da“ – geme<strong>in</strong>t s<strong>in</strong>d vor allem Wissen über<br />

Anlaufstellen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Vielzahl an persönlichen Kontakten, auch zu<br />

übergeordneten Ebenen (vgl. auch Akteursnetzwerk nach A. Bochum im Anhang)<br />

die die Basis e<strong>in</strong>er effektiven Netzwerkarbeit darstellen. Insofern ist auch die<br />

Qualität <strong>und</strong> Kont<strong>in</strong>uität kiezwirksamer Netzwerke stark an e<strong>in</strong>zelne Personen<br />

geb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> lässt die unentbehrliche Brückenposition oft gleichzeitig zur<br />

Machtposition werden. „Schlüsselpersonen stellen e<strong>in</strong>e Machtanhäufung dar“ (C.<br />

Heise) die sich vor allem <strong>in</strong> Form von Geldgew<strong>in</strong>n für die „eigenen“ Projekte aber<br />

Humboldt-Universität zu Berl<strong>in</strong><br />

Geographisches Institut<br />

Arbeitsberichte<br />

Nr. 87 (2003)

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