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Sozialkapital und Bürgerengagement in der Nachbarschaft

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f<strong>in</strong>anzielle Mittel zuteil werden. Viele gelangen durch die Schule zu ihrer<br />

ehrenamtlichen Tätigkeit. Sie ist darüber h<strong>in</strong>aus e<strong>in</strong> wichtiger Bezugspunkt für<br />

Familien, die wie<strong>der</strong>um überdurchschnittliches Engagement zeigen <strong>und</strong> über<br />

ausgeprägte soziale Netzwerke <strong>in</strong> den Kiezen verfügen. Schulen sollten langfristig<br />

als „Community Center“ ausgebaut <strong>und</strong> funktional erweitert werden.<br />

Beson<strong>der</strong>s umfassend untersuchte die Projektgruppe die nachbarschaftlichen<br />

Netzwerke <strong>in</strong> den beiden Kiezen. Die unmittelbare <strong>Nachbarschaft</strong> bietet als<br />

empf<strong>in</strong>dliches <strong>und</strong> störungsanfälliges soziales Netzwerk im städtischen<br />

Wohnumfeld dennoch e<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>s großes <strong>und</strong> weith<strong>in</strong> unterschätztes Potenzial<br />

für die Entstehung <strong>und</strong> Nutzung von <strong>Sozialkapital</strong> – <strong>und</strong> das häufig auch<br />

<strong>in</strong>terkulturell. Das setzt jedoch e<strong>in</strong> hohes Maß an Vertrauen gegenüber den eigenen<br />

Nachbarn voraus. Das Vertrauen <strong>der</strong> Bürger zu ihren Mitmenschen wird <strong>in</strong> den<br />

beiden Kiezen unterschiedlich beurteilt. Ungefähr die Hälfte <strong>der</strong> Bevölkerung im<br />

Sold<strong>in</strong>er Kiez empf<strong>in</strong>det ihr soziales Umfeld als weniger rücksichtsvoll, während<br />

diese Me<strong>in</strong>ung im Sparrplatz-Kiez nur von e<strong>in</strong>em Drittel <strong>der</strong> Bewohner geteilt<br />

wird. 80% <strong>der</strong> Sparrplatz-Bürger fühlen sich dementsprechend sehr o<strong>der</strong> eher wohl<br />

– im Sold<strong>in</strong>er Kiez s<strong>in</strong>d es nur 57%. Diese eher generellen E<strong>in</strong>schätzungen können<br />

sich auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> engeren <strong>Nachbarschaft</strong> nie<strong>der</strong>schlagen. Die Interviewten wurden<br />

deshalb exemplarisch u.a. zu ihrer Bereitschaft befragt, sich gegenseitig <strong>in</strong><br />

unterschiedlichen Situationen zu helfen (z.B. ob sie ihre Nachbarn bitten,<br />

Handwerker an ihrer Stelle zu empfangen). Mehr als zwei Drittel bejahten <strong>in</strong><br />

beiden Kiezen die z.B. die „Handwerker-Frage“. Ca. 55% aller Nachbarn <strong>in</strong> beiden<br />

Kiezen helfen sich generell häufig bis regelmäßig gegenseitig aus. So werden beim<br />

Nachbarn Blumen gegossen, während <strong>der</strong> im Urlaub weilt o<strong>der</strong> auch<br />

Briefsendungen entgegengenommen. Knapp die Hälfte aller Bewohner <strong>in</strong> den<br />

Kiezen verbr<strong>in</strong>gen wenigstens e<strong>in</strong>e halbe bis zwei St<strong>und</strong>en pro Woche mit ihren<br />

Nachbarn, etwa zum kurzen Plausch im Treppenhaus o<strong>der</strong> an <strong>der</strong> Mülltonne, bei<br />

dem es vielleicht nur um das Wetter geht. Oft kommen aber auch Gespräche<br />

zustande, die z.B. zum Gegenstand haben, ob die Mieter kollektive<br />

Gegenmaßnahmen gegen die letzte Mieterhöhung ergreifen sollten, wie man die<br />

Raser <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wohnstraße bändigen kann (ob sich e<strong>in</strong>er bereit erklärt, stellvertretend<br />

für die Nachbarn e<strong>in</strong>en Brief ans Bezirksamt zu verfassen), wie man den Innenhof<br />

für K<strong>in</strong><strong>der</strong> besser nutzbar machen könnte, was man vom Quartiersmanagement hält<br />

<strong>und</strong> ob <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e schon mal <strong>in</strong> <strong>der</strong>en Büro war, dass es e<strong>in</strong>e<br />

Diskussionsveranstaltung zum Thema „Schmutz im Kiez“ <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>schule gibt,<br />

zu <strong>der</strong> alle Bewohner e<strong>in</strong>geladen s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> man vielleicht <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong><br />

<strong>Nachbarschaft</strong> anregt, zu mehreren h<strong>in</strong>zugehen (also durch die E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />

Gruppe letztlich Partizipationshemmschwellen e<strong>in</strong>zelner abbauen kann) etc.. Es<br />

handelt sich dabei also um e<strong>in</strong>e sehr wichtige Informations-, Me<strong>in</strong>ungsbildungs<strong>und</strong><br />

Mobilisierungsfunktion, die die <strong>Nachbarschaft</strong> für das Quartier übernehmen<br />

kann - e<strong>in</strong> <strong>in</strong>dividueller <strong>und</strong> öffentlicher Nutzwert im S<strong>in</strong>ne von „<strong>Sozialkapital</strong>“. In<br />

den beiden untersuchten Gebieten gibt es nachbarschaftlich nur ger<strong>in</strong>ge<br />

Unterschiede: Am Sparrplatz s<strong>in</strong>d nachbarschaftliche Hilfeleistungen <strong>und</strong><br />

Kontakt<strong>in</strong>tensität ähnlich stark ausgeprägt wie am Sparrplatz. Insgesamt bleibt die<br />

Vertrauensbasis im Sold<strong>in</strong>er Kiez aber brüchiger als im Sprengelkiez.<br />

Interessant ist <strong>der</strong> Unterschied zwischen Deutschen <strong>und</strong> Nichtdeutschen <strong>in</strong> ihrem<br />

<strong>Nachbarschaft</strong>sverhalten. Insbeson<strong>der</strong>e <strong>in</strong> <strong>der</strong> türkischen Community s<strong>in</strong>d<br />

gegenseitige <strong>Nachbarschaft</strong>shilfen gang <strong>und</strong> gäbe. Auch ist <strong>der</strong> Kontakt <strong>der</strong><br />

türkischen Befragten zu ihren Nachbarn <strong>in</strong>tensiver als bei Deutschen. Es ist hierbei<br />

davon auszugehen, dass die <strong>Nachbarschaft</strong>skontakte <strong>der</strong> Nichtdeutschen sich<br />

stärker an Nachbarn gleicher Herkunft orientieren als an deutschen Nachbarn, was<br />

auf e<strong>in</strong> großes <strong>in</strong>nerethnisches <strong>Sozialkapital</strong> h<strong>in</strong>weist. So ist es nicht überraschend,<br />

wenn die Interviews ergeben, dass sich die Türken <strong>in</strong> beiden Kiezen wohler fühlen<br />

Schnur, O. (Hrsg.):<br />

<strong>Sozialkapital</strong> <strong>und</strong> Engagement <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Nachbarschaft</strong>: Ressourcen für die<br />

„soziale“ Stadtentwicklung. Empirische<br />

Untersuchungen <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>-Wedd<strong>in</strong>g.

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