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Sozialkapital und Bürgerengagement in der Nachbarschaft

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14<br />

Verhältnis zu se<strong>in</strong>en Nachbarn führt dazu, dass man sich <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Wohnumfeld<br />

wohl fühlt, man ist eher bereit, sich für se<strong>in</strong>e Umgebung verantwortlich zu fühlen.<br />

E<strong>in</strong>e <strong>in</strong>takte <strong>Nachbarschaft</strong> verstärkt das Sicherheitsgefühl <strong>der</strong> Bewohner <strong>und</strong><br />

<strong>in</strong>tensiviert die Ortb<strong>in</strong>dung. Die funktionierende <strong>Nachbarschaft</strong> hätte e<strong>in</strong>e<br />

stabilisierende Wirkung auf den Stadtteil. <strong>Nachbarschaft</strong>liche Beziehungen<br />

benötigen „Raum-Zeit-Kont<strong>in</strong>uitäten“, d.h. erst ab e<strong>in</strong>er bestimmten (Wohn-)Dauer<br />

<strong>der</strong>selben Personen an e<strong>in</strong>em Ort werden nachbarschaftliche Beziehungen möglich.<br />

Durch wie<strong>der</strong>holte Begegnungen, beispielsweise im Treppenhaus, auf dem Hof<br />

o<strong>der</strong> dem Spielplatz, würde e<strong>in</strong> Sich- Kennenlernen <strong>und</strong> <strong>der</strong> Aufbau engerer<br />

Beziehungen, die auf Vertrauen <strong>und</strong> Sympathien basieren, ermöglicht. Diese bauen<br />

sich aber nur langsam <strong>und</strong> allmählich auf <strong>und</strong> werden durch wie<strong>der</strong>holten "face-toface"-Kontakt<br />

ermöglicht. "<strong>Nachbarschaft</strong> konstituiert sich als soziale<br />

Organisation von Nähe. Diese Nähe wird bestimmt von den Möglichkeiten des<br />

Austausches auf <strong>der</strong> Basis gegenseitigen Vertrauens,(...)" (SCHILLING, H. 1997:<br />

18).<br />

Es wäre also s<strong>in</strong>nvoll, die Kontaktmöglichkeiten zu för<strong>der</strong>n, <strong>in</strong>dem die Bewohner<br />

selbst z. B. den Rasen mähten, das Laub fegten, kle<strong>in</strong>ere Reparaturen an Gebäuden<br />

übernähmen, <strong>und</strong> als Gegenleistung/Anreiz die Betriebskosten prozentual gesenkt<br />

würden. Es würden Entrümpelungsdienste, Tischler- <strong>und</strong> Malerarbeiten,<br />

Reparaturen an Kle<strong>in</strong>fahrzeugen, E<strong>in</strong>kaufsdienste, Babysitt<strong>in</strong>g, bis h<strong>in</strong> zu<br />

Sprachhilfen für Auslän<strong>der</strong> <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> <strong>Nachbarschaft</strong>en kle<strong>in</strong>räumig organisiert<br />

werden (vgl. NEUHÖFER, M. 1998: 43). Dadurch könnten Ausgaben <strong>der</strong> Stadt<br />

gesenkt werden; die lokale Identifikation <strong>der</strong> Bewohner mit ihrem Stadtteil erhöht<br />

werden. Arbeitslose <strong>und</strong>/ o<strong>der</strong> stark isolierte Personen bekämen das Gefühl wie<strong>der</strong><br />

gebraucht zu werden. Durch das geme<strong>in</strong>sam Erlebte <strong>und</strong> Geschaffte könnten sich<br />

eventuell Fre<strong>und</strong>schaften über die nachbarschaftlichen, meist zweckorientierten<br />

<strong>und</strong> auf Reziprozität beruhenden Beziehungen h<strong>in</strong>aus entwickeln. Aggressionen,<br />

Vorurteile, Fe<strong>in</strong>dseligkeiten <strong>und</strong> Lethargien könnten durch solche verb<strong>in</strong>denden<br />

Aktionen abgebaut werden.<br />

S<strong>in</strong>nvoll <strong>und</strong> effektiv organisiert wäre dies durch e<strong>in</strong>e Verbesserung <strong>der</strong> bereits<br />

vorhandenen bzw. durch neu gegründete <strong>Nachbarschaft</strong>sagenturen. Diese würden<br />

mit gezielter Werbung <strong>und</strong> Information, eventuell Ausschreibungen/Aushänge <strong>in</strong><br />

den Treppenaufgängen <strong>und</strong> zur Verfügung stehenden Ansprechpartnern auf ihre<br />

Aktionen aufmerksam machen, damit die betreffenden Personen wirklich erreicht<br />

<strong>und</strong> motiviert werden. Gerade Personen mit Mehrfachbenachteiligungen, wie z.B.<br />

alkoholkranke, psychisch labile Langzeitarbeitslose, lassen sich oft nur schwer<br />

motivieren. Initiierte Straßenfeste <strong>und</strong> selbstorganisierte Feste <strong>in</strong> Höfen o<strong>der</strong> auf<br />

öffentlichen Plätzen, mit <strong>und</strong> für die Anwohner, könnten e<strong>in</strong>e „Plattform“ se<strong>in</strong>, um<br />

erste Kontakte, Ideen <strong>und</strong> Anregungen auszutauschen. Wichtig wäre auch e<strong>in</strong>e<br />

mehrsprachige Formulierung <strong>der</strong> Aushänge, um gezielt ausländische<br />

Bevölkerungsgruppen anzusprechen.<br />

Auf die Integration ausländischer K<strong>in</strong><strong>der</strong>, Jugendlicher <strong>und</strong> junger Erwachsener<br />

würde beson<strong>der</strong>s Wert gelegt werden, da diese nicht selten mehrfach benachteiligt<br />

s<strong>in</strong>d: mangelnde deutsche Sprachkenntnisse, ger<strong>in</strong>ger Schulabschluss,<br />

Identitätsprobleme, hohe Jugendarbeitslosigkeit, etc. Deshalb würden<br />

Aufenthaltsmöglichkeiten <strong>und</strong> Räumlichkeiten gestellt werden, <strong>in</strong> denen diverse<br />

Freizeitangebote, Hausaufgabenhilfe, e<strong>in</strong>e Jobbörse, sowie <strong>in</strong>terkulturelle<br />

Veranstaltungen stattfänden.<br />

Die Aufgabe von <strong>Nachbarschaft</strong>en könnte auch auf <strong>in</strong>frastruktureller Ebene<br />

erweitert werden <strong>in</strong>dem die Nachbarn neue Kommunikationsmöglichkeiten (z.B.<br />

Kieztreff, Kiezzeitung) e<strong>in</strong>richten bzw. evtl. bereits vorhandene nutzen.<br />

Humboldt-Universität zu Berl<strong>in</strong><br />

Geographisches Institut<br />

Arbeitsberichte<br />

Nr. 87 (2003)

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