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Sozialkapital und Bürgerengagement in der Nachbarschaft

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Gefühlen <strong>der</strong> Unsicherheit <strong>und</strong> Bedrohung“ (HÄUßERMANN, H., KAPPHAN, A.<br />

1999: 200).<br />

Deshalb erhält <strong>Nachbarschaft</strong> als soziale Interaktion e<strong>in</strong>en an<strong>der</strong>en, vielleicht<br />

höheren Stellenwert als <strong>in</strong> den vorangegangenen Jahren. <strong>Nachbarschaft</strong> als soziale<br />

Interaktion kann dazu beitragen, die lokale Identität <strong>der</strong> Bewohner e<strong>in</strong>es<br />

Stadtviertels zu stärken, <strong>in</strong>dem durch <strong>Nachbarschaft</strong>skontakte<br />

Austauschmöglichkeiten entstehen, die e<strong>in</strong>e Problemwahrnehmung ermöglichen.<br />

Solch e<strong>in</strong>e Sensibilisierung schafft Räume für Eigen<strong>in</strong>itiative <strong>und</strong> Verantwortung<br />

se<strong>in</strong>en Nachbarn <strong>und</strong> <strong>der</strong> Umgebung gegenüber. Mit dieser Untersuchung soll <strong>der</strong><br />

Frage nachgegangen werden, was <strong>Nachbarschaft</strong> <strong>in</strong> den untersuchten<br />

Quartiersmanagementgebieten im Wedd<strong>in</strong>g leisten kann <strong>und</strong> soll, bzw. was sie<br />

bereits leistet.<br />

Bevor anhand e<strong>in</strong>er Modellnachbarschaft <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>in</strong> Kapitel 4 folgenden Theorie<br />

<strong>der</strong> <strong>Nachbarschaft</strong> die Inhalte dieses Begriffes erläutert werden, behandelt das<br />

nachfolgende Kapitel den sprachwissenschaftlichen H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong>. Damit ist e<strong>in</strong>e<br />

bessere E<strong>in</strong>ordnung möglich, wie dieser Begriff verstanden wird.<br />

3.1.1.1 Der sprachwissenschaftliche Ursprung<br />

Der Ursprung des Wortes Nachbar f<strong>in</strong>det sich bereits im Althochdeutschen (8-12<br />

Jh.) wie<strong>der</strong>. Jener althochdeutsche Begriff „Navigur(o)“ bzw. „nahigibur(o)“ setzt<br />

sich aus den beiden Wörtern „nah“ <strong>und</strong> „Bauer“ zusammen, was auch die<br />

Bedeutung des „nahebei Wohnenden“ be<strong>in</strong>haltet. Im Mittelhochdeutschen trifft<br />

man auf die Entsprechung „nachgebur“ (vgl. HAMM 1973: 16).<br />

Der zweite Teil des althochdeutschen Begriffes, „gibur“, bedeutet e<strong>in</strong>erseits Bauer,<br />

aber auch Haus <strong>und</strong> lässt sich von „bueri“ ableiten, was dem heutigen wohnen,<br />

bewohnen, Landwirtschaft betreiben entspricht. Es handelt sich also um e<strong>in</strong>en<br />

Begriff, <strong>der</strong> zunächst die räumliche Nähe beschreibt, <strong>der</strong> Nachbar ist Subjekt <strong>und</strong><br />

Objekt zugleich, wobei <strong>der</strong> Schwerpunkt auf <strong>der</strong> Bezeichnung des Ortes, des<br />

Hauses liegt. Zudem war damals <strong>der</strong> Status <strong>der</strong> Bauernschaft auf Besitz begründet<br />

(an<strong>der</strong>s Leibeigene). <strong>Nachbarschaft</strong> ist gleichbedeutend mit Bauernschaft, an<strong>der</strong>e<br />

Synonyme s<strong>in</strong>d Gebauerschaft, Burlag, Hübner- <strong>und</strong> H<strong>und</strong>schaft. Manchmal stand<br />

<strong>Nachbarschaft</strong> auch für Zunft, Gilde, Rotte <strong>und</strong> Wehr (vgl. ENGELHARD 1986).<br />

Deutlich geworden ist, dass es sich bei dem Nachbarn um denjenigen handelte,<br />

dessen Haus o<strong>der</strong> Hof an das bzw. den eigenen angrenzte. Der Begriff be<strong>in</strong>haltet<br />

die Dimensionen räumliche Nähe, landwirtschaftliche Tätigkeit, sowie den<br />

Hausbesitz.<br />

We<strong>der</strong> <strong>in</strong> den Theorien noch im Alltagsverständnis ist <strong>der</strong> Begriff <strong>Nachbarschaft</strong><br />

e<strong>in</strong>deutig räumlich def<strong>in</strong>iert. Er bezieht sich auf e<strong>in</strong>e ganze Skala von<br />

Personenkreisen: auf die Nachbarn von nebenan, von gegenüber, die Nachbarn im<br />

Haus, die Nachbarn im Block, die Nachbarn im Kiez (vgl. ENGELHARD 1986:<br />

27).<br />

3.1.1.2 Schöne neue <strong>Nachbarschaft</strong><br />

Im Folgenden wird modellhaft dargestellt, wie e<strong>in</strong>e „funktionierende<br />

<strong>Nachbarschaft</strong>“ im Jahr 2010 aussehen könnte:<br />

Der Wedd<strong>in</strong>g ist e<strong>in</strong> Stadtteil, <strong>in</strong> dem viele Personen mit e<strong>in</strong>em ger<strong>in</strong>gen<br />

Aktionsradius im Wohnbereich leben: Familien mit K<strong>in</strong><strong>der</strong>n, Alle<strong>in</strong>erziehende, alte<br />

<strong>und</strong> sozial benachteiligte Personen <strong>und</strong> Auslän<strong>der</strong>.<br />

Die Bewohner würden vermehrt auf nachbarschaftliche Beziehungen angewiesen<br />

se<strong>in</strong>, weil staatliche Unterstützungsleistungen weiterh<strong>in</strong> zurückg<strong>in</strong>gen. E<strong>in</strong> gutes<br />

Schnur, O. (Hrsg.):<br />

<strong>Sozialkapital</strong> <strong>und</strong> Engagement <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Nachbarschaft</strong>: Ressourcen für die<br />

„soziale“ Stadtentwicklung. Empirische<br />

Untersuchungen <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>-Wedd<strong>in</strong>g.

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