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Sozialkapital und Bürgerengagement in der Nachbarschaft

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Die unmenschlichen Lebensbed<strong>in</strong>gungen <strong>der</strong> Industrialisierungsphase bildeten den<br />

Nährboden für die Entwicklung zum "roten Wedd<strong>in</strong>g". Die Sprachrohre des<br />

Bezirkes stellten ab 1890 die SPD <strong>und</strong> nach dem I. Weltkrieg die KPD dar.<br />

Im Zuge <strong>der</strong> 1920 durchgeführten Gründung <strong>der</strong> E<strong>in</strong>heitsgeme<strong>in</strong>de Groß- Berl<strong>in</strong><br />

erfolgte die Zusammenlegung <strong>der</strong> Stadtteile Wedd<strong>in</strong>g, Ges<strong>und</strong>brunnen, nördl. Teil<br />

des Voigtlandes <strong>und</strong> dem östlichen Teil des Gutsbezirkes Plötzensee zum<br />

Verwaltungsbezirk Wedd<strong>in</strong>g.<br />

3.4.2.3 Der Wedd<strong>in</strong>g nach 1945<br />

In Folge des II. Weltkrieges waren e<strong>in</strong> Drittel aller Wohnungen zerstört<br />

beziehungsweise schwer beschädigt. Der Wie<strong>der</strong>aufbau des Bezirkes erfolgte <strong>in</strong><br />

Form des Abrisses alter Wohnquartiere <strong>und</strong> Anlage großer Neubauquartiere. Auch<br />

wenn e<strong>in</strong>e Auflockerung <strong>der</strong> Bebauung <strong>und</strong> Schaffung von Grünflächen erfolgte,<br />

wurde oftmals nicht auf die Bedürfnisse <strong>der</strong> Bewohner e<strong>in</strong>gegangen. E<strong>in</strong> stetiger<br />

<strong>und</strong> starker Bevölkerungsrückgang von 242.000 im Jahr 1952 auf 154.000<br />

E<strong>in</strong>wohner im Jahr 1982 ist kennzeichnend für die Entwicklung. Dieses kann mit<br />

<strong>der</strong> durch den Mauerbau 1961 entstandenen Randlage <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> erklärt werden.<br />

Der Anwohner Herr Wolfermann, <strong>der</strong> bereits seit über 20 Jahren <strong>in</strong> <strong>der</strong> Sparrstraße<br />

wohnt, vermittelte uns e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> sowohl aktuelle Geschehnisse als auch <strong>in</strong><br />

die jüngste Vergangenheit. Bei e<strong>in</strong>em R<strong>und</strong>gang durch se<strong>in</strong>en Hausgarten<br />

berichtete von se<strong>in</strong>er Tätigkeit als Mitbegrün<strong>der</strong> <strong>der</strong> Betroffenenvertretung <strong>in</strong> den<br />

1980er Jahren. Durch ihr Engagement schafften es die Anwohner, sowohl die<br />

Häuser Sparrstraße 22 <strong>und</strong> 21 <strong>in</strong> Eigen<strong>in</strong>itiative zu sanieren, als auch den<br />

flächendeckenden Abriss von Altbauquartieren am Sparrplatz zu verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n. (siehe<br />

auch: Stadterneuerung)<br />

Der durch den Mauerbau bed<strong>in</strong>gte Wegfall von Arbeitsplätzen (1980 schließt die<br />

AEG ihren letzten Standort <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ackerstrasse), die Beendigung von alten<br />

Verkehrsverb<strong>in</strong>dungen <strong>und</strong> sozialen Beziehungen steht für die Entwicklung des<br />

Bezirkes bis 1990. Allerd<strong>in</strong>gs haben neue Ansiedlungen <strong>in</strong> alten<br />

Industriekomplexen (TU <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ackerstraße AEG, Zahnkl<strong>in</strong>ik <strong>der</strong> FU auf dem<br />

Virchow Areal, Ansiedlung <strong>der</strong> TFH) den Stellenwert des Wedd<strong>in</strong>gs punktuell<br />

erhöht.<br />

Im Zuge <strong>der</strong> Verwaltungsreform 2000 wurden die Bezirke Mitte, Tiergarten <strong>und</strong><br />

Wedd<strong>in</strong>g zum Verwaltungsbezirk Mitte zusammengelegt.<br />

3.4.3 Beson<strong>der</strong>heiten <strong>der</strong> lokalen Ökonomie<br />

Die Bedeutung <strong>der</strong> lokalen Ökonomie für die Entstehung e<strong>in</strong>es Stadtteils beruht auf<br />

<strong>der</strong> Schaffung von neuen Arbeitsplätzen, <strong>der</strong> Qualifizierung <strong>der</strong> existierenden<br />

Beschäftigungsverhältnisse <strong>und</strong> <strong>der</strong> Initiierung von Multiplikatoreffekten, wie z.B.<br />

die Ansiedlung von Institutionen, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em engen Verflechtungsverhältnis zum<br />

lokalen Gewerbe stehen.<br />

In kle<strong>in</strong>räumigen Stadtteilen weisen die Betriebe allerd<strong>in</strong>gs häufig Strukturen auf,<br />

die das Entstehen von ökonomischen Wachstumseffekten eher verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n. Um<br />

diese Effekte zu erreichen, müssen die Betriebe längerfristig im Kiez verankert se<strong>in</strong><br />

<strong>und</strong> die Betriebsgrößenstruktur sollte auch e<strong>in</strong>ige größere Unternehmen aufweisen,<br />

die nicht nur K<strong>und</strong>en im Stadtteil versorgen, son<strong>der</strong>n auch Abnehmerpotentiale<br />

außerhalb des Kiezes mobilisieren können (vgl. ÖZTÜRK 2002).<br />

Im alten Bezirk Wedd<strong>in</strong>g beträgt <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Betriebe mit bis zu 49<br />

Beschäftigten 87% (75 von 86 Betrieben <strong>in</strong>sgesamt) <strong>und</strong> liegt damit über dem<br />

Schnur, O. (Hrsg.):<br />

<strong>Sozialkapital</strong> <strong>und</strong> Engagement <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Nachbarschaft</strong>: Ressourcen für die<br />

„soziale“ Stadtentwicklung. Empirische<br />

Untersuchungen <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>-Wedd<strong>in</strong>g.

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