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Sozialkapital und Bürgerengagement in der Nachbarschaft

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Nutzen nicht zwangsläufig monetärer Art se<strong>in</strong>, "subjektives Wohlbef<strong>in</strong>den"<br />

(Glück) als Konsequenz aus <strong>Sozialkapital</strong> ist wichtiger als materieller Besitz.<br />

(PUTNAM 2001: 23)<br />

Nach <strong>der</strong> Intensität <strong>und</strong> Dichte von Beziehungen können zwei Arten von<br />

Beziehungen klassifiziert werden: schwache <strong>und</strong> starke. Die sogenannten weakties<br />

(schwache B<strong>in</strong>dung) o<strong>der</strong> strong- ties (starke B<strong>in</strong>dung) spielen e<strong>in</strong>e wichtige<br />

Rolle. (HAUG 1997: 14) So ist die Zahl <strong>der</strong> potentiellen Kontakte über e<strong>in</strong>en<br />

weak- tie größer. Es können Beziehungen <strong>und</strong> Kontakte zu an<strong>der</strong>en Gruppen über<br />

e<strong>in</strong>en weak- tie entstehen <strong>und</strong> so e<strong>in</strong>en Informationsfluss herstellen. weak- ties<br />

können also manchmal auch Brücken se<strong>in</strong>, im umgekehrten Fall s<strong>in</strong>d "Brücken<br />

meistens, aber nicht immer Weak-Ties" (HAUG 1997: 14).<br />

3.3.4 <strong>Sozialkapital</strong> <strong>in</strong> erklärenden Beispielen<br />

3.3.4.1 Vere<strong>in</strong>igungen südkoreanischer Studenten<br />

In <strong>der</strong> International Harald Tribune wurde im Juni 1986 über Vere<strong>in</strong>igungen<br />

radikaler Studenten <strong>in</strong> Südkorea berichtet: „Radikales Gedankengut wird [...] <strong>in</strong><br />

Gruppen von Studenten [weitergegeben], die <strong>der</strong>selben Oberschule, Heimatstadt<br />

o<strong>der</strong> Kirche entstammen. Diese Studiengruppen [...] dienen als die f<strong>und</strong>amentale<br />

Organisationse<strong>in</strong>heit für Demonstrationen <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e Proteste. Um nicht entdeckt<br />

zu werden, treffen die Mitglie<strong>der</strong> verschiedener Gruppen nie zusammen, son<strong>der</strong>n<br />

kommunizieren über e<strong>in</strong>en vorher bestimmten Vertreter mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong>.“<br />

(COLEMAN 1991: 392)<br />

Auf die geme<strong>in</strong>same Herkunft <strong>der</strong> Studenten <strong>und</strong> die damit bestehenden sozialen<br />

Beziehungen stützen sich die neu entstehenden politischen Gruppierungen. Soziale<br />

Beziehungen <strong>und</strong> Netzwerke, <strong>in</strong> denen z.B. aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> geme<strong>in</strong>samen Herkunft<br />

Vertrauen herrscht, können, dieses Vertrauen nutzend, auch für an<strong>der</strong>e Ziele (wie<br />

hier die Opposition gegen e<strong>in</strong> politisches System) nutzbar gemacht werden.<br />

COLEMAN bezeichnet das als übereignungsfähige soziale Organisationen. Die<br />

Funktion, die Bedeutung <strong>und</strong> die Entstehung von Vertrauen wird <strong>in</strong> diesem<br />

Beispiel beson<strong>der</strong>s deutlich. Die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Heimatstadt herrschenden sozialen Normen<br />

<strong>und</strong> Regeln, die von jedem Individuum an diesem Ort gelebt werden, s<strong>in</strong>d<br />

Gr<strong>und</strong>lage für das Entstehen von Vertrauen zwischen den Angehörigen <strong>der</strong><br />

Geme<strong>in</strong>de. Je<strong>der</strong> kennt die Normen <strong>und</strong> die eventuell mit e<strong>in</strong>em Verstoß gegen sie<br />

verb<strong>und</strong>enen Sanktionen, je<strong>der</strong> ist mit ihnen vertraut <strong>und</strong> weiß, dass es die an<strong>der</strong>en<br />

genauso s<strong>in</strong>d. Das schafft Vertrauen <strong>und</strong> Verlässlichkeit. Das <strong>Sozialkapital</strong> entsteht<br />

aus <strong>und</strong> liegt <strong>in</strong> diesen Vertrauensbeziehungen.<br />

Weiterh<strong>in</strong> wird <strong>in</strong> diesem Beispiel die von COLEMAN angesprochene Beziehung<br />

zwischen <strong>Sozialkapital</strong> <strong>und</strong> Herrschaft deutlich. Die Verb<strong>in</strong>dungspersonen<br />

zwischen den e<strong>in</strong>zelnen Gruppen akkumulieren für e<strong>in</strong>en Moment viel<br />

<strong>Sozialkapital</strong>. Um <strong>der</strong> ihr übertragenen Funktion gerecht zu werden, ist die<br />

Verb<strong>in</strong>dungsperson (Brücke) darauf angewiesen, dass alle Angehörigen <strong>der</strong><br />

Gruppen, zwischen denen die Vermittlung stattf<strong>in</strong>det, ihr Vertrauen<br />

entgegenbr<strong>in</strong>gen. Gerade im Fall dieser illegalen Gruppen wird die Verantwortung<br />

<strong>der</strong> Verb<strong>in</strong>dungsperson, aber auch Bedeutung des Vertrauens zwischen ihr <strong>und</strong> den<br />

Gruppenmitglie<strong>der</strong>n, die sich <strong>der</strong> Vertrauensperson auch ausliefern, beson<strong>der</strong>s<br />

deutlich. Im Fall, dass die Person ihre Macht missbraucht <strong>und</strong> z.B. zum Verräter<br />

wird, ist die ganze Gruppe, das heißt alle Beteiligten, aber auch das durch die<br />

Gruppe verfolgte Ziel <strong>und</strong> bestehende Strukturen <strong>in</strong> Gefahr.<br />

Humboldt-Universität zu Berl<strong>in</strong><br />

Geographisches Institut<br />

Arbeitsberichte<br />

Nr. 87 (2003)

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