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Sozialkapital und Bürgerengagement in der Nachbarschaft

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Experten begründet se<strong>in</strong>. Beides soll im abschließenden Kapitel noch e<strong>in</strong>mal<br />

herausgestellt werden.<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich s<strong>in</strong>d sich die Experten darüber e<strong>in</strong>ig, dass sowohl die zentrale Lage<br />

als auch die gute Ausstattung (z.B. h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Grünanlagen, Spielplätze <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> Lebensmittelversorgung) positive Merkmale <strong>der</strong> Kieze darstellen. Obgleich<br />

damit wesentliche Voraussetzungen für e<strong>in</strong>e attraktive Wohngegend gegeben s<strong>in</strong>d,<br />

ergibt sich aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Bevölkerungsstruktur <strong>und</strong> -entwicklung e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es Bild.<br />

Durch die anhaltende Bevölkerungsfluktuation Besserverdienen<strong>der</strong> <strong>und</strong><br />

Bildungsbewusster bzw. Bevölkerungsteile mit höherem Bildungsstand<br />

konzentrieren sich <strong>in</strong> den Kiezen zunehmend sozial schwache<br />

Bevölkerungsschichten. Die räumlichen Ausprägungen <strong>der</strong> Wohnsegregation<br />

spiegeln dabei nicht nur die soziale Lage, son<strong>der</strong>n auch die ethnische<br />

Zugehörigkeit wi<strong>der</strong>. Im Angesicht des mit dem Berl<strong>in</strong>er Durchschnitt verglichen<br />

hohen Auslän<strong>der</strong>anteils fällt die mangelnde Integration nicht-deutscher<br />

Bevölkerungsgruppen beson<strong>der</strong>s <strong>in</strong>s Gewicht <strong>und</strong> wird von den Akteuren neben<br />

<strong>der</strong> hohen Arbeitslosigkeit als Kernproblem empf<strong>und</strong>en. Die Diskussion verläuft<br />

dabei kontrovers <strong>und</strong> kreist vor allem um die Frage nach <strong>der</strong> Strategie <strong>der</strong><br />

Integration.<br />

E<strong>in</strong>e zentrale Voraussetzung für e<strong>in</strong>e erfolgreiche E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung <strong>der</strong> Bewohner<br />

ausländischer Herkunft <strong>und</strong> für die Stabilisierung <strong>der</strong> Kieze <strong>in</strong>sgesamt stellt nach<br />

Me<strong>in</strong>ung <strong>der</strong> Experten die Verbesserung <strong>der</strong> schulischen <strong>und</strong> beruflichen<br />

Ausbildung dar. Hier bieten sich verschiedene Ansatzpunkte. Zum e<strong>in</strong>en muss das<br />

Verantwortungsbewusstse<strong>in</strong> <strong>der</strong> Eltern für die Erziehung <strong>und</strong> Ausbildung <strong>der</strong><br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong> gestärkt werden. Dies schließt auch mit e<strong>in</strong>, dass bei mangelnden<br />

Deutschkenntnissen e<strong>in</strong>e gezielte För<strong>der</strong>ung erfolgt, um zu verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n, dass K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

<strong>und</strong> Jugendliche mit nicht ausreichen<strong>der</strong> Sprachkompetenz <strong>in</strong>nerhalb ihrer<br />

Schullaufbahn benachteiligt werden <strong>und</strong> <strong>in</strong> Folge dessen ke<strong>in</strong>e freie Berufswahl<br />

haben. Da e<strong>in</strong>ige <strong>der</strong> Experten äußerten, dass zu wenig Integrationsdruck auf<br />

nicht-deutsche K<strong>in</strong><strong>der</strong> diese Tendenz unterstützt, wäre es hier z.B. denkbar, mittels<br />

vorschulischer „Sprachstandsmessungen“ 40 K<strong>in</strong><strong>der</strong> mit mangelnden<br />

Deutschkenntnissen rechtzeitig <strong>in</strong> Kursen zu för<strong>der</strong>n. Dies sollte nicht als<br />

For<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Mehrheitsgesellschaft nach Anpassung verstanden werden, son<strong>der</strong>n<br />

gerade hier ist es staatliche Pflicht für gleiche Ausgangschancen zu sorgen. 41<br />

E<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er, aber wesentlicher Ansatzpunkt zur Verbesserung <strong>der</strong> Lage <strong>der</strong><br />

Bewohnerschaft stellt das Wirken von Initiativen <strong>und</strong> Netzwerken dar. Es wurde<br />

von den Experten bestätigt, dass die Existenz von e<strong>in</strong>zelnen<br />

<strong>Nachbarschaft</strong>s<strong>in</strong>itiativen, Vere<strong>in</strong>en <strong>und</strong> Netzwerken positive Impulse auf den Kiez<br />

ausübt, da durch sie Engagement mobilisiert, gebündelt <strong>und</strong> vernetzt wird.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs erfolgt gerade die Vernetzung nicht immer <strong>in</strong> gleichem Maße zwischen<br />

den e<strong>in</strong>zelnen Akteuren <strong>und</strong> Bevölkerungsgruppen im Kiez. Gerade im H<strong>in</strong>blick<br />

auf die Verknüpfung zwischen deutschen <strong>und</strong> nicht-deutschen Netzwerken<br />

bestehen offensichtlich noch Defizite. Die Interviews decken <strong>in</strong> diesem<br />

Zusammenhang auf, dass Netzwerke nicht-deutscher Bewohner mit <strong>der</strong><br />

Orientierung auf Solidarität <strong>und</strong> kulturelle Identität e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Motivation<br />

aufweisen als die von Deutschen <strong>in</strong>itiierten Netzwerke: hier stellt eher die<br />

geme<strong>in</strong>same Zielstellung das verb<strong>in</strong>dende Element dar. Beides hat se<strong>in</strong>en Vorteil.<br />

Die tendenziell homogenere Mitglie<strong>der</strong>struktur nicht-deutscher Vere<strong>in</strong>e begünstigt<br />

40<br />

41<br />

Sprachstandsmessungen dieser Art werden z.B. <strong>in</strong> F<strong>in</strong>nland durchgeführt (siehe hierzu die aktuelle<br />

Diskussion um die Ergebnisse <strong>der</strong> Pisastudie)<br />

siehe hierzu auch die For<strong>der</strong>ung nach e<strong>in</strong>er Bildungsoffensive im Bürgergutachten Sparrplatz (2000)<br />

Humboldt-Universität zu Berl<strong>in</strong><br />

Geographisches Institut<br />

Arbeitsberichte<br />

Nr. 87 (2003)

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