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Sozialkapital und Bürgerengagement in der Nachbarschaft

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In <strong>der</strong> Praxis zeigt sich hier, was auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Theorie des <strong>Sozialkapital</strong>s<br />

problematisch ersche<strong>in</strong>t: Aufbau, Unterhaltung <strong>und</strong> Pflege von Netzwerken s<strong>in</strong>d<br />

mit immensen Kosten für e<strong>in</strong>zelnen Individuen, aber auch die Geme<strong>in</strong>schaft<br />

verb<strong>und</strong>en (vgl. Kapital zur Theorie des <strong>Sozialkapital</strong>s). Im Fall Wedd<strong>in</strong>g stellt<br />

sich jedoch zunehmend die Frage nach <strong>der</strong> Verteilung dieser Kosten. Wo<br />

öffentliche Kassen versiegen, gew<strong>in</strong>nt das ehrenamtliche Engagement an Gewicht.<br />

Gerade deshalb bedarf es jedoch auch e<strong>in</strong>er stärkeren Anerkennung des<br />

Ehrenamtes von öffentlicher Seite <strong>und</strong> politischer Ebene. Im Angesicht leerer<br />

öffentlicher Kassen muss diese Anerkennung nicht ausschließlich f<strong>in</strong>anzieller<br />

Natur se<strong>in</strong>, son<strong>der</strong>n kann z.B. neben e<strong>in</strong>er längerfristigen Stellenbewilligung auch<br />

<strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es Politikums geschehen.<br />

Aus den Expertengesprächen ergeben sich noch weitere Ansatzpunkte zur besseren<br />

Nutzung <strong>und</strong> Vernetzung vorhandener Engagementpotentiale. Der Erfahrung, dass<br />

sich die Mobilisierung <strong>der</strong> Engagementpotentiale <strong>der</strong> ausländischen Bevölkerung<br />

schwierig darstellt stehen sowohl die Ergebnisse <strong>der</strong> quantitativen<br />

Bewohnerbefragung (vgl. hierzu Untersuchungsergebnisse Engagement) als auch<br />

die Erfahrungen e<strong>in</strong>iger Kiezexperten (vgl. Leitfaden<strong>in</strong>terviews mit verschiedenen<br />

Bewohnern <strong>der</strong> beiden Kieze) gegenüber, welche ergeben, dass <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> nichtdeutschen<br />

Bewohnerschaft sowohl die Bereitschaft zum Engagement als auch die<br />

tatsächliche Ausübung dessen <strong>in</strong> recht hohem Ausmaß vorhanden s<strong>in</strong>d.<br />

Offensichtlich engagieren sich ausländische Bewohner zwar, selten jedoch <strong>in</strong> von<br />

Deutschen <strong>in</strong>itiierten Netzwerken. Dies könnte vor allem auf unterschiedliche<br />

kulturelle Bedürfnisse zurückzuführen se<strong>in</strong> (z.B. im Bereich Sprache <strong>und</strong> Religion<br />

<strong>und</strong> kommen. Innerhalb <strong>der</strong> Expertengespräche zeichnet sich ab, dass sich hier als<br />

kle<strong>in</strong>ster geme<strong>in</strong>samer Nenner beson<strong>der</strong>s Projekte <strong>in</strong> den Themenbereichen K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

<strong>und</strong> Jugend sowie Sport anbieten, da hier die Interessen von deutschen <strong>und</strong><br />

ausländischen Bewohnern ähnlich gelagert s<strong>in</strong>d. Als mögliche Zielgruppe sollten<br />

gerade Frauen beson<strong>der</strong>e Berücksichtigung f<strong>in</strong>den, da „bei Frauen das Interesse<br />

wesentlich größer ist“ (A. Bochum). Vor diesem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> ist es auch dr<strong>in</strong>gend<br />

zu empfehlen, dass bereits bestehende Projekte (wie z.B. <strong>der</strong> Frauentee) weiter<br />

geför<strong>der</strong>t werden, um nicht bereits Erreichtes zu gefährden.<br />

Integration <strong>der</strong> Migranten<br />

Klagen über die mangelnde Integration <strong>der</strong> ausländischen Bevölkerung wurden von<br />

nahezu allen Akteuren vorgetragen <strong>und</strong> es liegt nahe, zu erörtern, <strong>in</strong>wiefern sich<br />

dieser Umstand auf Vere<strong>in</strong>e, Initiativen <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Arbeit vor Ort auswirkt.<br />

Die Aussagen <strong>der</strong> Interviewpartner haben alle<br />

e<strong>in</strong>en ähnlichen Tenor: Integration f<strong>in</strong>det nicht<br />

statt, e<strong>in</strong> wirkliches Mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen existiert<br />

we<strong>der</strong> im Sold<strong>in</strong>er, noch im Sparrkiez <strong>und</strong><br />

beschränkt sich maximal auf bestimmte<br />

gewerbliche Bereiche. Der Gemüseladen wird<br />

zur „Schnittstelle“ (H. Schmidt) <strong>der</strong> Kulturen,<br />

doch <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Bereichen f<strong>in</strong>det kaum<br />

Austausch statt. So besucht etwa <strong>der</strong> türkische<br />

Bewohner bevorzugt den türkischen Arzt, nicht<br />

Abbildung 41: Sold<strong>in</strong>er Straßezuletzt<br />

auf Gr<strong>und</strong> <strong>der</strong> geme<strong>in</strong>samen Sprache<br />

so manch wichtige Frage wird<br />

(vgl. hierzu auch Experten<strong>in</strong>terview<br />

auch an <strong>der</strong> Hauswand<br />

Quartiersmanagement). In den Augen e<strong>in</strong>iger diskutiert...<br />

Experten aus dem Sold<strong>in</strong>er Kiez zeichnet sich<br />

dadurch bereits die Tendenz zur Ghettobildung<br />

Schnur, O. (Hrsg.):<br />

<strong>Sozialkapital</strong> <strong>und</strong> Engagement <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Nachbarschaft</strong>: Ressourcen für die<br />

„soziale“ Stadtentwicklung. Empirische<br />

Untersuchungen <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>-Wedd<strong>in</strong>g.

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