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Sozialkapital und Bürgerengagement in der Nachbarschaft

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Zwecke stark e<strong>in</strong>geschränkt waren. Sie bietet sich z.B. an, wenn große<br />

Diskrepanzen zwischen den Angaben <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Befragung <strong>und</strong> dem beobachteten<br />

Verhalten zu erwarten s<strong>in</strong>d (Effekt <strong>der</strong> sozialen Erwünschtheit, siehe Kapitel<br />

Antwortverzerrung). An<strong>der</strong>erseits ist die Durchführung e<strong>in</strong>er Beobachtung<br />

ungleich zeitaufwendiger <strong>und</strong> schwieriger realisierbar als e<strong>in</strong> Interview.<br />

Zeitaufwendiger als an<strong>der</strong>e ist diese Form <strong>der</strong> Untersuchungsmethodik, da die<br />

Informationen nur <strong>in</strong>direkt durch die Beobachtung menschlicher Handlungen,<br />

sprachlicher Äußerungen, Mimik, Gestik <strong>und</strong> an<strong>der</strong>er sozialer Merkmale<br />

(Kleidung, Gebräuche, Wohnformen) gewonnen werden (Vgl. DIEKMANN 2002:<br />

456). Der Beobachter sollte dabei so wenig wie möglich das Geschehen<br />

bee<strong>in</strong>flussen, womit ihm jede Steuerungsmöglichkeit fehlt.<br />

E<strong>in</strong> großes Problem stellt die unterschiedliche Interpretierbarkeit e<strong>in</strong>er Handlung<br />

durch die verschiedenen Akteure dar (Beobachter- Beobachteter, aber auch durch<br />

die e<strong>in</strong>zelnen Beobachter). (Vgl. FRIEDRICHS 1980: 287) Im Rahmen <strong>der</strong><br />

vorliegenden Studie war e<strong>in</strong>e theoretisch unerlässliche Schulung <strong>der</strong> Beobachter<br />

nicht möglich, was als Fehlerquelle unbed<strong>in</strong>gt hätte berücksichtigt werden müssen.<br />

Schließlich s<strong>in</strong>d die Ergebnisse nicht objektiv, da bei <strong>der</strong> am häufigsten<br />

verwendeten Protokollierung schon e<strong>in</strong>e Selektion <strong>und</strong> Datenreduktion<br />

vorgenommen wird. Diese selektive Wahrnehmung hätte im Fall <strong>der</strong> vorliegenden<br />

Studie durch Standardisierungen weitgehend gelenkt werden müssen. (Vgl.<br />

FRIEDRICHS 1980: 287)<br />

Von den fünf verschiedenen Dimensionen <strong>der</strong> Beobachtungsverfahren war für<br />

unsere Untersuchung e<strong>in</strong> Teil von vornhere<strong>in</strong> auszuschließen. Sie wären sehr<br />

zeitaufwendig ausgefallen (teilnehmende <strong>und</strong> unstrukturierte Beobachtung) o<strong>der</strong><br />

nicht im Interesse unseres Forschungszieles gewesen (Laborbeobachtung,<br />

Selbstbeobachtung). Dagegen bietet die nicht- teilnehmende, strukturierte<br />

Beobachtung den Vorteil, dass sie auch von ungeschulten Beobachtern zu<br />

bewältigen ist <strong>und</strong> die Objektivität <strong>und</strong> Zuverlässigkeit <strong>der</strong> Ergebnisse<br />

gewährleistet ist. Denkbar wäre <strong>der</strong> E<strong>in</strong>satz dieser Methode zur Evaluierung<br />

sozialer Normen <strong>und</strong> des Umgangs <strong>der</strong> Nachbarn mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong>.<br />

Letztendlich ist es wichtig, den Aufwand für e<strong>in</strong> Untersuchungsverfahren gegen<br />

die zu erwartenden Ergebnisse abzuwägen. Der knappe Zeitrahmen unseres<br />

Projekts sowie das „Neuland“ <strong>der</strong> Beobachtung für die meisten Teilnehmer unseres<br />

Forschungsgruppe sprach gegen <strong>der</strong>en E<strong>in</strong>satz.<br />

4.1.2.3 Zählung <strong>und</strong> Kartierung<br />

Neben <strong>der</strong> zuvor behandelten, eher qualitativen Beobachtung könnte man Zählung<br />

<strong>und</strong> Kartierung als Formen <strong>der</strong> quantitativen Beobachtung betrachten. Auch sie<br />

bergen die Gefahr <strong>der</strong> Subjektivität, die aber „sicher niemals vollständig zu<br />

beseitigen ist“ (HANTSCHEL, THARUN, 1980: 43). Bei beiden Methoden ist e<strong>in</strong>e<br />

sorgfältige theoretische Vorüberlegung notwendig, um sich e<strong>in</strong> klares Bild über die<br />

Auswahlkriterien <strong>und</strong> Differenzierungen zu verschaffen. Der Aussagewert von<br />

Zählungen <strong>und</strong> Kartierungen ist <strong>in</strong>sofern beschränkt, als dass häufig nur<br />

Momentaufnahmen von Standortverteilungen, Funktionen o<strong>der</strong> Situationen<br />

abgebildet werden. (Vgl. HANTSCHEL, THARUN, 1980: 43) Auch <strong>in</strong> unserer<br />

Studie waren aufgr<strong>und</strong> des engen Zeitrahmens zwei Messungen zu verschiedenen<br />

Zeitpunkten nicht s<strong>in</strong>nvoll. Denkbar war <strong>in</strong> den beiden Kiezen die Zählung <strong>der</strong><br />

Vere<strong>in</strong>e o<strong>der</strong> die Kartierung <strong>der</strong> E<strong>in</strong>zelhandelsstruktur (was während <strong>der</strong> Exkursion<br />

durchgeführt wurde), um die wirtschaftlichen <strong>und</strong> sozialen Netzwerke (bei<br />

zusätzlichem E<strong>in</strong>satz an<strong>der</strong>er qualitativer <strong>und</strong> quantitativer Erhebungsmethoden)<br />

aufzudecken.<br />

Schnur, O. (Hrsg.):<br />

<strong>Sozialkapital</strong> <strong>und</strong> Engagement <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Nachbarschaft</strong>: Ressourcen für die<br />

„soziale“ Stadtentwicklung. Empirische<br />

Untersuchungen <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>-Wedd<strong>in</strong>g.

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