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Sozialkapital und Bürgerengagement in der Nachbarschaft

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Unwirtschaftlichkeit des Gutes führten zur Vernachlässigung beziehungsweise<br />

E<strong>in</strong>stellung <strong>der</strong> Bewirtschaftung.<br />

Der zweite Siedlungskern des Wedd<strong>in</strong>gs entwickelte sich am heutigen<br />

Ges<strong>und</strong>brunnnen. Mit <strong>der</strong> Entstehung des (Friedrichs-)Ges<strong>und</strong>brunnens 1760 durch<br />

den Hofapotheker Friedrichs II., H. W. Behm fand e<strong>in</strong>e Aufwertung des Wedd<strong>in</strong>gs<br />

statt, da diese Bade- Heil- <strong>und</strong> Tr<strong>in</strong>kanstalt e<strong>in</strong>zigartig <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> war. Neben dem<br />

Badebetrieb entwickelte sich die Gegend zu e<strong>in</strong>em bekannten Amüsierviertel.<br />

Die 1861 erfolgte Vere<strong>in</strong>igung des Wedd<strong>in</strong>gs <strong>und</strong> des Ges<strong>und</strong>brunnens mit dem<br />

Stadtbezirk Berl<strong>in</strong> brachte wenig Verän<strong>der</strong>ungen mit sich. Die Umwandlung des<br />

bis <strong>in</strong>s 19. Jahrh<strong>und</strong>ert landwirtschaftlich geprägten Wedd<strong>in</strong>gs erfolgte im Zuge<br />

<strong>der</strong> Industrialisierung Berl<strong>in</strong>s Mitte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts.<br />

3.4.2.2 Der Wedd<strong>in</strong>g zur Zeit <strong>der</strong> Industrialisierung<br />

Der Wedd<strong>in</strong>g bot sich aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> weiträumigen Freiflächen als idealer Standort<br />

für Fabriken an. Firmengründungen, wie von dem Pharmazie- <strong>und</strong><br />

Fotografiekonzern Scher<strong>in</strong>g <strong>in</strong> <strong>der</strong> Müllerstraße durch den Apotheker Ernst<br />

Scher<strong>in</strong>g im Jahr 1864, bildeten die Gr<strong>und</strong>lage für den <strong>in</strong>dustriellen Aufschwung<br />

im Wedd<strong>in</strong>g. Neben <strong>der</strong> 1852 <strong>in</strong> <strong>der</strong> Chausseestraße gegründeten Eisengießerei<br />

Schwarzkopf stellte die durch den Unternehmer Emil Rathenau 1883 gegründete<br />

"Deutsche Edison- Gesellschaft für angewandte Electrizität" e<strong>in</strong>e <strong>der</strong><br />

bedeutendsten Industrien ganz Berl<strong>in</strong>s dar. Im Jahr 1887 erfolgte die<br />

Umbenennung <strong>in</strong> AEG ("Allgeme<strong>in</strong>e Elektricitäts- Gesellschaft"). Die Gegend um<br />

die Ackerstraße stellte die Keimzelle <strong>der</strong> AEG dar, <strong>und</strong> im Laufe <strong>der</strong> Jahre erfolgte<br />

e<strong>in</strong>e Ausweitung auf das Gebiet zwischen Humboldtha<strong>in</strong>, Brunnen-, Volta-, <strong>und</strong><br />

Hussitenstraße.<br />

Im Zuge <strong>der</strong> <strong>in</strong>dustriellen Entwicklung erfolgten tiefgreifende soziale<br />

Verän<strong>der</strong>ungen im Wedd<strong>in</strong>g, die sich wie folgt charakterisieren lassen.<br />

Zur Zeit <strong>der</strong> beg<strong>in</strong>nenden Industrialisierung fand e<strong>in</strong> Bevölkerungsanstieg von<br />

14.000 im Jahr 1800 auf 350.000 im Jahr 1918 statt. Im Zuge dessen erfolgte die<br />

Verdrängung <strong>der</strong> bis dah<strong>in</strong> typischen e<strong>in</strong>- bis zweistöckigen Bebauung durch den<br />

heute <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> weit verbreiteten fünf- bis sechsgeschossigen Kasernenbau. Die neu<br />

entstandenen Wohnquartiere lagen <strong>in</strong> direkter Umgebung <strong>der</strong> Arbeitsstätten <strong>und</strong><br />

zeichneten sich durch extrem schlechte Wohnbed<strong>in</strong>gungen aus. Bezeichnend für<br />

den Bezirk war von nun an e<strong>in</strong>e sehr hohe Wohndichte mit wenig Grünflächen. E<strong>in</strong><br />

typisches Beispiel hierfür ist <strong>der</strong> Sold<strong>in</strong>er Kiez. Bis 1850 siedelten <strong>in</strong> dem Gebiet<br />

Kolonisten, die <strong>in</strong> ihrer Rolle als Gärtner außerhalb <strong>der</strong> Stadtmauern liegendes<br />

Land bestellten <strong>und</strong> somit die Versorgung <strong>der</strong> Stadtbevölkerung mit Lebensmitteln<br />

gewährleisteten. E<strong>in</strong> weiteres, bis heute spürbares Resultat <strong>der</strong> Industrialisierung<br />

lässt sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> hohen Bevölkerungsdichte im Wedd<strong>in</strong>g erkennen. Nach Kreuzberg<br />

stellte Wedd<strong>in</strong>g den am dichtesten besiedelten Bezirk <strong>der</strong> Stadt dar.<br />

Die Entwicklung des Wohnquartiers Sparrplatz zeigt die Problematik<br />

<strong>in</strong>nerstädtischer Entwicklung seit <strong>der</strong> Jahrh<strong>und</strong>ertwende auf. Mit e<strong>in</strong>er<br />

Gesamtfläche von 11.831 qm stellt er den Mittelpunkt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em hochverdichteten,<br />

mit Grünflächen unterversorgten Quartier dar. Die ursprüngliche Planung durch<br />

Hobrecht <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es englischen Squares wurde aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> schnell<br />

voranschreitenden <strong>in</strong>nerstädtischen Bebauung auf e<strong>in</strong>en Platz <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er<br />

verbreiterten Straße reduziert. Die 1909 erstellte Anlage, bereits 1892 nach dem<br />

brandenburgischen Feldmarschall Sparr benannt, zeichnet sich bis heute durch<br />

Verwahrlosung <strong>und</strong> Zerstörung <strong>in</strong>folge von Übernutzung aus.<br />

Humboldt-Universität zu Berl<strong>in</strong><br />

Geographisches Institut<br />

Arbeitsberichte<br />

Nr. 87 (2003)

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