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Sozialkapital und Bürgerengagement in der Nachbarschaft

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ab (M. Oezkan). Die Ursachen dieser Entwicklungen werden an unterschiedlicher<br />

Stelle gesucht. Interration, „das wollen die [Migranten] doch gar nicht, die s<strong>in</strong>d<br />

doch unter sich, kommst’ ja gar nicht ran...!“ (J. Brunken), heißt es auf <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en<br />

Seite. An<strong>der</strong>erseits wird aber auch e<strong>in</strong>geräumt, dass Migranten möglicherweise<br />

an<strong>der</strong>e Vorstellungen haben <strong>und</strong> <strong>in</strong> ihrem Leben an<strong>der</strong>e Prioritäten setzten, <strong>und</strong><br />

dass es auch von deutscher Seite nicht immer nur heißen kann „mach’ mal, mach’<br />

mal, mach’ mal...“, denn man könne schließlich niemanden zur Integration<br />

zw<strong>in</strong>gen (C. Heise).<br />

H<strong>in</strong>sichtlich möglicher Verbesserungsmöglichkeiten wird zunächst auf die<br />

übergeordneten Ebenen verwiesen. Dem Prozess <strong>der</strong> Wohnsegregation soll mittels<br />

staatlicher E<strong>in</strong>griffe <strong>und</strong> Regulierungen entgegengewirkt werden <strong>und</strong> die<br />

Sprachekompetenz muss stärker geför<strong>der</strong>t werden. Doch gerade das starke<br />

Problemempf<strong>in</strong>den <strong>der</strong> mangelnden Integration ausländischer<br />

Bevölkerungsgruppen sche<strong>in</strong>t bei den Vere<strong>in</strong>en <strong>und</strong> Initiativen selbst e<strong>in</strong><br />

verstärktes Bemühen um die E<strong>in</strong>beziehung dieser Bewohnergruppen<br />

hervorzurufen. Zahlreiche Angebote zielen dabei direkt auf hier bestehende<br />

Missstände ab <strong>und</strong> weisen trotzt erschwerter Mobilisierungsvoraussetzungen (vgl.<br />

vorangegangenes Kapitel Engagement) <strong>und</strong> manch resignierter Nie<strong>der</strong>lage auch<br />

beachtliche Erfolge auf. So f<strong>in</strong>den sich entlang <strong>der</strong> Schnittstellen geme<strong>in</strong>samer<br />

Interessen Veranstaltungen wie <strong>der</strong> ökumenische Pf<strong>in</strong>gstgottesdienst <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Osterkirche, Fasch<strong>in</strong>g im <strong>Nachbarschaft</strong>sladen o<strong>der</strong> Künstlerabende, organisiert<br />

vom Bahad<strong>in</strong> e.V. . Es zeigt sich dabei schnell, dass man nur wirklich<br />

„vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong> lernen (kann), wenn man mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> auch umgeht.“ (A. Bochum).<br />

Umgang mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> bedarf aber auch e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en Infrastruktur, e<strong>in</strong>er<br />

Infrastruktur „zum Auspowern <strong>und</strong> Krach machen“ (C. Heise), durch die e<strong>in</strong><br />

ausgelassenes Mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> <strong>der</strong> Kulturen überhaupt erst möglich wird. Bemängelt<br />

wird <strong>in</strong> diesem Zusammenhang beson<strong>der</strong>s das Fehlen e<strong>in</strong>es Platzes für geme<strong>in</strong>same<br />

Feten höheren Lautstärkepegels <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> <strong>Nachbarschaft</strong>.<br />

Integration braucht also <strong>in</strong> <strong>der</strong> Realität <strong>der</strong> Kieze offensichtlich vor allem<br />

geme<strong>in</strong>samer Themen, geme<strong>in</strong>samer Orte <strong>und</strong> Zeit, um dann vielleicht auf beiden<br />

Seiten die Erkenntnis wachsen zu lassen, dass „<strong>der</strong> An<strong>der</strong>e zwar an<strong>der</strong>s ist, aber er<br />

hat auch etwas, was uns neugierig macht <strong>und</strong> unser Leben bereichert“ (zitiert nach<br />

A. Bochum).<br />

QM<br />

Dass nicht nur die Vere<strong>in</strong>e <strong>und</strong> Initiativen zur Verbesserung <strong>der</strong> Situation im Kiez<br />

beitragen, son<strong>der</strong>n das QM hier auch e<strong>in</strong>e wesentliche Rolle spielt, wird aus den<br />

Äußerungen <strong>der</strong> Interviewpartner ebenfalls ersichtlich. QM, das sei „aktive<br />

E<strong>in</strong>mischung“ (M. Oezkan) zur Bekämpfung <strong>der</strong> Missstände im Kiez. „Es hat sich<br />

e<strong>in</strong>iges getan im Kiez durch das QM!“ (A. Bochum), diese Me<strong>in</strong>ung teilen<br />

eigentlich alle <strong>der</strong> hier Befragten. Positiv hervorgehoben werden vor allem die<br />

Kiezläufer, die Verr<strong>in</strong>gerung von Abfällen <strong>und</strong> Sperrmüll im Straßenbild, <strong>der</strong><br />

Rückgang <strong>der</strong> Krim<strong>in</strong>alität sowie die Neu- <strong>und</strong> Umgestaltung von öffentlichen<br />

Plätzen <strong>und</strong> Panke. Beson<strong>der</strong>s positiv empf<strong>und</strong>en wurde auch die Existenz <strong>der</strong><br />

Bürgerjury: Die kritischere Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung <strong>der</strong> Bürger mit ihrem Kiez <strong>und</strong> die<br />

Möglichkeit, mitzuentscheiden, haben wesentlich zur Verbesserung <strong>der</strong><br />

Kiezidentifikation beigetragen.<br />

Für die Vere<strong>in</strong>e <strong>und</strong> Initiativen spielt zudem die F<strong>in</strong>anzierung eigener Projekte<br />

durch das QM e<strong>in</strong>e zentrale Rolle. Der „Sold<strong>in</strong>er Treff“ verdankt z.B. se<strong>in</strong>e<br />

Entstehung nicht zuletzt <strong>der</strong> Unterstützung durch das QM Sold<strong>in</strong>er Kiez. Auch die<br />

an<strong>der</strong>en Gesprächspartner berichten über Zuschüsse durch das QM, beispielsweise<br />

für die Miete <strong>der</strong> Räumlichkeiten, die Bezahlung von Telefonrechnungen <strong>und</strong><br />

Humboldt-Universität zu Berl<strong>in</strong><br />

Geographisches Institut<br />

Arbeitsberichte<br />

Nr. 87 (2003)

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