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Sozialkapital und Bürgerengagement in der Nachbarschaft

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Abgesehen davon wurde <strong>in</strong> den Gesprächen die mangelhafte Kommunikation <strong>und</strong><br />

Kooperation e<strong>in</strong>zelner Schnittstellen auf öffentlicher Träger <strong>und</strong>/ o<strong>der</strong><br />

E<strong>in</strong>richtungen beklagt. Als Beispiel wurden Schulen vs. KiTa’s genannt, die <strong>in</strong> den<br />

seltensten Fällen <strong>in</strong> Kooperation arbeiten. Aber auch auf höherer<br />

Verwaltungsebene sche<strong>in</strong>t es gr<strong>und</strong>sätzliche Probleme <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zusammenarbeit zu<br />

geben, was an an<strong>der</strong>er Stelle näher zu untersuchen wäre. Als Beispiel wurde an<br />

dieser Stelle die Zusammenarbeit <strong>der</strong> Bezirksverwaltung mit dem Arbeitsamt<br />

genannt. Das örtliche Arbeitsamt wird von <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit f<strong>in</strong>anziert<br />

<strong>und</strong> damit auch <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Entscheidungen bestimmt, die jedoch aus <strong>der</strong> Distanz<br />

ihrer behördlichen Ebene die lokalen Probleme <strong>in</strong> ihrer ganzen Bandbreite nicht<br />

kennen o<strong>der</strong> erkennen.<br />

Engagement<br />

Das Potential für freiwilliges <strong>und</strong> ehrenamtliches Engagement durch die Bewohner<br />

wurde als steigerungsfähig bezeichnet. E<strong>in</strong>zelne Bürger engagieren sich zwar, zum<br />

Teil sehr <strong>in</strong>tensiv, für ihren Kiez, die breite Masse jedoch sche<strong>in</strong>t des<strong>in</strong>teressiert zu<br />

se<strong>in</strong>. Zwei Gründe wurden an dieser Stelle genannt: „Das Engagement ist<br />

begrenzt, da Menschen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er schwierigen sozialen Lage nicht den Kopf frei<br />

haben dafür, wie kann ich an<strong>der</strong>en Menschen helfen, was ja die<br />

Gr<strong>und</strong>voraussetzung dafür ist.“ (R. Wieland). Dies wi<strong>der</strong>spricht den Ergebnissen<br />

<strong>der</strong> quantitativen Bewohnerbefragung, nämlich, dass die Bereitschaft sich <strong>in</strong><br />

irgende<strong>in</strong>er Form zu engagieren zwar mit schlechterer schulischer <strong>und</strong> somit meist<br />

auch beruflicher Qualifikation (die am stärksten von Arbeitslosigkeit betroffenen<br />

Bewohner) abnimmt, jedoch die nicht unerhebliche Zahl von 77,2% bereit wäre, an<br />

e<strong>in</strong>er Hofbegrünung <strong>in</strong> Eigen<strong>in</strong>itiative <strong>der</strong> Mieter teilzunehmen (vgl. Kapitel:<br />

Mobilisierung <strong>der</strong> Mieterschaft, siehe auch Kapitel Ehrenamt). An<strong>der</strong>erseits<br />

„verh<strong>in</strong><strong>der</strong>t die Freizeitgesellschaft mit ihren vielen bezahlbaren Angeboten das<br />

Engagement zum Beispiel <strong>in</strong> Vere<strong>in</strong>en, denn man braucht sich nicht zu<br />

verpflichten.“ (C. Hanke). An<strong>der</strong>erseits wird das sche<strong>in</strong>bare Des<strong>in</strong>teresse <strong>der</strong><br />

Bevölkerung <strong>in</strong> dieser Untersuchung bestätigt, nämlich, dass die ehrenamtliche<br />

Tätigkeit weit unter dem B<strong>und</strong>esdurchschnitt liegt (vgl. Kapitel Engagement).<br />

Bei den Migranten <strong>in</strong> den Gebieten sei ebenfalls Potential für ehrenamtliches<br />

Engagement vorhanden. Sie engagieren sich jedoch eher <strong>in</strong> eigenen <strong>in</strong>ternen<br />

Strukturen, z.B. <strong>in</strong> den zahlreichen Moscheenvere<strong>in</strong>en, dessen von außen jedoch<br />

nur schwer e<strong>in</strong>sehbar s<strong>in</strong>d (z.B. aus behördlicher Sicht): zum e<strong>in</strong>en durch die<br />

fremdartigen kulturellen Strukturen, zum an<strong>der</strong>en, weil die Moscheenvorsteher für<br />

jeweils vier Jahre aus <strong>der</strong> Türkei nach Deutschland kommen <strong>und</strong> nach ihrer<br />

Amtszeit wie<strong>der</strong> zurückkehren (was nicht unbed<strong>in</strong>gt die Sprachkenntnisse <strong>der</strong><br />

dauerhaft hier ansässigen Bewohner verbessert o<strong>der</strong> die Integrationsbereitschaft<br />

erhöht). Positiv wurde sich hier von allen Interviewten übere<strong>in</strong>stimmend dazu<br />

geäußert, dass sich <strong>in</strong> jüngster Zeit immer mehr dieser Moscheenvere<strong>in</strong>e zu öffnen<br />

sche<strong>in</strong>en, was vor allem durch die Migranten bed<strong>in</strong>gt wird, die im Kiez e<strong>in</strong>e<br />

dauerhafte Heimat gef<strong>und</strong>en haben.<br />

Integration <strong>der</strong> Migranten<br />

Übere<strong>in</strong>stimmend wurde die Integration <strong>der</strong> Migranten im gesamten Stadtteil als<br />

schlecht bzw. als <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vergangenheit gescheitert bewertet. Da - wie oben bereits<br />

erwähnt - <strong>der</strong> Mittelstand <strong>der</strong> Migranten die Kieze verlässt, nimmt die<br />

Des<strong>in</strong>tegration sogar noch zu. Die immer schlechter funktionierende Integration<br />

bzw. Des<strong>in</strong>tegration <strong>und</strong> damit e<strong>in</strong>hergehende Milieubildung lässt sich an<br />

verschiedenen Indikatoren festmachen. Zwei Beispiele seien hier genannt: die<br />

zunehmende Zahl <strong>der</strong> vornehmlich türkischen „Vere<strong>in</strong>slokale – nur für Mitglie<strong>der</strong>“<br />

<strong>und</strong> die „katastrophalen Ergebnisse <strong>in</strong> Sprachuntersuchungen“ (C. Hanke), was<br />

Humboldt-Universität zu Berl<strong>in</strong><br />

Geographisches Institut<br />

Arbeitsberichte<br />

Nr. 87 (2003)

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