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Paul Schreckenbach Um die Wartburg

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— 35 —<br />

das Fürstentum dem entreißen, in dessen Adern das<br />

Blut der großen Kaiser rollte? Wenn ein gerechter Gott<br />

im Himmel war – warum, warum das alles?<br />

Da hörte sie eines Tages <strong>die</strong> Predigt des neuen Dominikanerpaters,<br />

der in Eisenach mit glühender Beredsamkeit<br />

über <strong>die</strong> Qualen der Verdammten redete.<br />

Sie kehrte in der größten Erregung heim nach der<br />

<strong>Wartburg</strong>, mochte nicht Speise und Trank anrühren<br />

den ganzen Abend über und fand bis gegen Morgengrauen<br />

keinen Schlaf. Und als sie endlich in einen<br />

kurzen Schlummer fiel, da hatte sie ein schreckliches<br />

Traumgesicht. Sie sah ihren Vater mit glühenden Ketten<br />

an eine Steinwand gefesselt, und ihm zu Füßen<br />

lag ein Nonnengewand, wie es <strong>die</strong> frommen Schwestern<br />

in Himmelskron trugen. Er konnte sich nicht regen,<br />

aber mit flehenden Blicken schaute er ihr unverwandt<br />

ins Gesicht, bis mit einem Male <strong>die</strong> Erscheinung<br />

verschwand. Mit einem lauten Schrei fuhr sie empor<br />

und lag dann mit verstörten Sinnen da, im tiefsten Herzen<br />

erschrocken und lange unfähig, ein Glied zu rühren.<br />

Träume kommen von Gott, so hatte man sie gelehrt;<br />

der Allmächtige will damit den Menschen Weisungen<br />

geben, nach denen sie sich zu richten haben.<br />

Ein Zeichen hatte sie empfangen, und wie konnte sie es<br />

mißverstehen? Die Seele ihres Vaters war verdammt,<br />

weil er sein Gelübde gebrochen hatte, und sie wie ihr<br />

Gemahl waren mitschuldig an seiner Sünde. Hier lag<br />

wahrscheinlich <strong>die</strong> Wurzel des Unheils, das jetzt mit

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