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Paul Schreckenbach Um die Wartburg

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— 51 —<br />

Der Markgraf lehnte an einem Türpfosten und hatte<br />

beide Hände gegen <strong>die</strong> Brust gepreßt. Er sprach nichts,<br />

sondern blickte sie mit einem rätselhaften Ausdrucke<br />

an.<br />

»Du wolltest fort?« fragte er endlich.<br />

Sie neigte schweigend das Haupt.<br />

»Lege das Kind in seine Wiege, damit du ihm nicht<br />

ein Leid antust in deinem Wahnsinn.«<br />

Sie gehorchte und sank dann wieder vor dem Bettchen<br />

in <strong>die</strong> Knie.<br />

Es war eine Weile ganz still, nur <strong>die</strong> Atemzüge des<br />

schlafenden Kindes waren hörbar. Frau Else wußte,<br />

daß ihr Mann zu schweigen pflegte, wenn er den aufsteigenden<br />

Jähzorn besiegen wollte, und ein dumpfes<br />

Gefühl der Furcht stieg in ihrer Brust empor, während<br />

sie <strong>die</strong> Stirn auf <strong>die</strong> Kante der Wiege legte. Aber nicht<br />

Zorn lag in seiner Stimme, sondern Trauer und Wehmut,<br />

als er endlich zu reden anhub.<br />

»Du wolltest fort!« sagte er. »Wunderlich! Bin ich ein<br />

Mann, oder bin ich wieder ein Kind? Das alles war<br />

schon einmal so, es ist nun siebenunddreißig Jahre her.<br />

In der Ecke, wo du jetzt kniest, da kniete eine andere,<br />

und sie trug auch ein graues Pilgerkleid. Sie herzte ihr<br />

Kind zum letzten Male, und das Kind war ich, ein Knabe<br />

von zehn Jahren. Dann habe ich meine Mutter nie<br />

wieder gesehen. Sie ist bald darauf in der Fremde gestorben.«

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