Dissertation - Jacobs University
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Diskussion und Ausblick<br />
ergeben, dass man es hier mit einer einzigartigen sozialen Konstellation zu tun hat,<br />
deren spezifische psychologische Ebene im Austausch von Erfahrung, Liebe,<br />
Interesse und Ermutigung besteht. Die vorliegende Studie liefert einen ersten Hinweis<br />
darauf, dass, wenn diese psychologische Ebene in der Interaktion zur Geltung kommt,<br />
ältere und junge Menschen einander bei der Bewältigung von Entwicklungsaufgaben<br />
und dem Erreichen positiver Entwicklungsgewinne unterstützen können. Annahmen,<br />
dass Alterssegragation „natürlich“ und Ausdruck einer zugrundeliegenden<br />
Entwicklungslogik ist (Lazarsfeld & Merton, 1954), erscheinen in Anbetracht dieser<br />
Überlegungen als nicht haltbar. Vielmehr scheinen es vor allem gesellschaftliche<br />
Einflussgrößen zu sein, die maßgeblich zur mangelnden Altersintegration beitragen<br />
(Uhlenberg, 2000). Dazu zählen nicht nur fehlende institutionelle<br />
Opportunitätsstrukturen, die Kontaktflächen zwischen den Generationen schaffen,<br />
sondern auch negativ besetzte Vorstellungen über das Alter und ältere Menschen.<br />
Gesellschaftliche Bedingungen hingegen, die es ermöglichen, dass der spezifische<br />
Charakter der G1-G3-Beziehung auch voll zur Geltung kommen kann, sind<br />
Voraussetzung für die Kohäsion der Generationen. Dies zeigt der Erfolg von<br />
Initiativen, die am Wunsch und der Kompetenz älterer Menschen, Erfahrungswissen<br />
weiterzugeben, und an der Neugier Jugendlicher anknüpfen. Beispiele dafür sind<br />
Wissens- und Zeitzeugenbörsen und Erzähl-Cafés (siehe Lotz, 1999). In letzter Zeit<br />
sind erste Ansätze zu beobachten, wie auch in betrieblichen Settings das<br />
psychologische Potential der G1-G3-Beziehung nutzbar gemacht wird. So geht<br />
beispielsweise VW mit der Wissensmanagmentstrategie „Wissensstafette“ erste<br />
Schritte in diese Richtung. Hier geht es darum, den Erfahrungsschatz der älteren<br />
Beschäftigten auf die Nachfolger zu übertragen. Diese Praxisbeispiele machen<br />
deutlich, dass die Realisierung von gesellschaftlichen Opportunitätsstrukturen, die die<br />
Kohäsion der Generationen fördern, nicht nur ein psychologisches Potential für ältere<br />
und junge Individuen darstellt, sondern sich indirekt auch gesellschaftlich produktiv<br />
auswirken kann.<br />
Die Unvollendetheit der biologischen und kulturellen Architektur des Lebensverlaufs<br />
und der Anstieg der durchschnittlichen Lebenserwartung machen die Entwicklung<br />
einer „Kultur des Alters“ zu einer der dringendsten wissenschaftlichen und<br />
gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit (P. B. Baltes, 1997). Im Licht der<br />
vorliegenden Arbeit kann die produktive Gestaltung generationenübergreifender<br />
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