Dissertation - Jacobs University
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Theoretische Grundlagen der Studie<br />
Annahme, dass Entwicklung durch knapper werdende Ressourcen gekennzeichnet ist,<br />
wurden von Seiten der Lebensspannenpsychologie Modelle formuliert, welche<br />
beschreiben, in welcher Weise Personen adaptiv mit solchen Bedingungen umgehen<br />
(siehe Brandtstädter & Greve, 1992). Das prominenteste Modell ist das Modell der<br />
selektiven Optimierung mit Kompensation (SOK) von Baltes und Baltes (P. B. Baltes<br />
& Baltes, 1990). Dieses postuliert, dass erfolgreiche Entwicklung durch das<br />
Zusammenspiel dreier übergeordneter Entwicklungsprozesse hervorgebracht wird:<br />
Selektion, Optimierung und Kompensation. Alle drei Prozesse können aktiv oder<br />
passiv, bewusst oder unbewusst, intern oder extern erfolgen (Marsiske, Lang, Baltes,<br />
& Baltes, 1995). Auch wenn die spezifische Definition dieser Prozesse von dem<br />
jeweiligen theoretischen Rahmen und inhaltlichen Bereichen abhängt, können die<br />
Prozesse ganz allgemein folgendermaßen beschrieben werden: Selektion bezeichnet<br />
demnach die Auswahl von Funktionsbereichen, auf die sich die begrenzten<br />
Ressourcen konzentrieren; sie ermöglicht damit Spezialisierung. (Dieser Aspekt wird<br />
noch für den Bereich kognitiver Leistungsfähigkeit in Kapitel 2.2.2 ausführlich<br />
dargestellt.) Optimierung bezieht sich auf den Erwerb, die Verfeinerung und die<br />
Anwendung von Ressourcen zum Erreichen von Entwicklungszielen; sie ermöglicht<br />
Produktion von Entwicklungsgewinnen. Kompensation ist eine Reaktion auf den<br />
Verlust von Ressourcen und bezeichnet den Erwerb, die Verfeinerung und die<br />
Anwendung von Ressourcen, die diesen Verlusten entgegenwirken; sie ermöglicht<br />
damit die Aufrechterhaltung eines Funktionsniveaus. Annahme des SOK-Modells ist<br />
es, dass jedweder Entwicklungsprozess eine bestimmte (wenn auch immer<br />
unterschiedliche) Kombination von Selektion, Optimierung und Kompensation<br />
beinhaltet. Außerdem wird angenommen, dass diese Kombination sich im Laufe des<br />
Lebens verändert (Marsiske et al., 1995). Mit fortschreitender Entwicklung kommt<br />
danach Selektion und Kompensation ein im Vergleich zur Optimierung stärkeres<br />
Gewicht zu.<br />
An dieser Stelle soll darauf hingewiesen werden, dass in der vorliegenden<br />
Arbeit der Begriff der Kompensation in einem weiteren Begriffsverständnis<br />
verwendet wird als im SOK-Modell. Kompensation wird nicht nur im Sinne der<br />
Kompensation eines Entwicklungsdefizites infolge eines eingetretenen Verlustes<br />
definiert, sondern darüber hinaus auch im Sinne der Kompensation eines<br />
Entwicklungsdefizites infolge eines noch nicht erreichten Zustandes. Oder anders<br />
formuliert: Dem Verständnis von Kompensation im Rahmen des SOK-Modells liegt<br />
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