Dissertation - Jacobs University
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Generationenbeziehungen im Kontext von alterstypischen Entwicklungsschwächen<br />
längsschnittlichen Arbeiten gezeigt, dass im hohen und insbesondere im sehr hohen<br />
Lebensalter mehr oder weniger starke Defizite im Bereich intellektueller<br />
Leistungsfähigkeit vorliegen. Dabei demonstrieren die empirischen Studien, dass der<br />
Abbau nicht einheitlich ist, sondern dass verschiedene Komponenten intellektueller<br />
Leistungsfähigkeit in unterschiedlichem Maße von diesem Abbauprozess betroffen<br />
sind. So zeigt sich, dass fluide Fähigkeiten (d. h. der Bereich der kognitiven<br />
Mechanik), welche im frühen Erwachsenenalter ihren Höhepunkt erreichen, bereits in<br />
frühen Phasen des späteren Erwachsenenalters deutliche Leistungseinbußen<br />
aufweisen (z. B. Schaie, 1996). Dies betrifft insbesondere Leistungen in Aufgaben,<br />
deren Schwierigkeit auf die Schnelligkeit, Genauigkeit und Koordination elementarer<br />
kognitiver Prozesse zurückgeht (Lindenberger & Kray, 2005). Typische Beispiele<br />
sind die Wahrnehmungsgeschwindigkeit, die Merkfähigkeit, das räumliche<br />
Vorstellungsvermögen und auch das Denkvermögen. Dagegen zeigt sich, dass<br />
vorwiegend kristalline (normativ-pragmatische) Fähigkeiten weniger stark<br />
alterungsanfällig sind. Dies betrifft Leistungen in Aufgaben, die die Größe und<br />
Qualität von Wissensbeständen erfassen. Typische Beispiele dafür sind verbale<br />
Fähigkeiten wie Wortschatz und Wortflüssigkeit (P. B. Baltes & Lindenberger, 1997).<br />
In diesen Bereichen zeigen sich erst im Laufe der 70. Lebensdekade deutlichere<br />
Verluste. Längsschnittliche Befunde der Berliner Altersstudie zeigen sogar, dass in<br />
einigen pragmatischen Fähigkeiten (z. B. Wortschatz) erst im fortgeschrittenen achten<br />
Lebensjahrzehnt ein Abbau eintritt (Singer, Verhaeghen, Ghisletta, Lindenberger, &<br />
Baltes, 2003). Insgesamt betrachtet lassen sich die Befunde vor dem Hintergrund von<br />
Zwei-Komponenten-Modellen von Kognition so zusammenfassen, dass die<br />
mechanische und die pragmatische Komponente von Kognition unterschiedliche<br />
Altersverläufe aufweisen, und zwar dahingehend, dass die relativ biologisch-basierten<br />
fluiden Fähigkeiten einen stärkeren Altersabbau aufweisen (S.-C. Li et al., 2004;<br />
McArdle, Ferrer-Caja, Hamagami, & Woodcock, 2002). Die Tatsache, dass die<br />
stärker pragmatischen Fähigkeiten relativ lange aufrechterhalten werden, ist auf den<br />
fortlaufenden Erwerb kulturell verankerter Wissensbestände zurückzuführen, die den<br />
Individuen im Laufe der Sozialisation zugänglich gemacht werden. Dass jedoch auch<br />
in den pragmatischen Fähigkeiten im hohen Alter ein Abbau stattfindet, wird so<br />
begründet, dass auch pragmatisches Wissen die negativen Auswirkungen von<br />
Leistungsrückgängen im Bereich der kognitiven Mechanik nicht mehr kompensieren<br />
kann (z. B. P. B. Baltes et al., 1998).<br />
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