Dissertation - Jacobs University
Dissertation - Jacobs University
Dissertation - Jacobs University
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Generationenbeziehungen im Kontext von alterstypischen Entwicklungsschwächen<br />
Aufmerksamkeitbias und eine Präferenz für unbekannte Interaktionspartner. Diese<br />
Befunde werden als Ausdruck davon interpretiert, dass, wenn die Zeitperspektive als<br />
begrenzt wahrgenommen wird, emotional bedeutsame und sinnstiftende Ziele in den<br />
Vordergrund rücken (z. B. Carstensen, Fung, & Charles, 2003; Fung, Carstensen, &<br />
Lutz, 1999). So hatten ältere Personen in einer exerpimentellen Studie von Fung,<br />
Carstensen und Lutz (1999) unter normalen Bedingungen eine stärkere Präferenz für<br />
vertraute Sozialpartner haben als junge Personen; der Altersunterschied verschwand<br />
aber, wenn die älteren Personen sich vorstellen sollten, dass ihr Leben durch ein neues<br />
Medikament 20 Jahre nach hinten verschoben würde. Auch die sich aus TMT<br />
ergebende Mortalitätssalienz-Hypothese beschäftigt sich mit den psychologischen<br />
Effekten der Konfrontation mit der Endlichkeit 16 (Überblick bei Greenberg, Solomon,<br />
& Pyszczynski, 1997). Danach sind Gedanken an den eigenen Tod stark bedrohlich<br />
und führen dazu, dass das Individuum mit Abwehr darauf reagiert. In einer Vielzahl<br />
von Studien bestätigte sich die Annahme, dass die Konfrontation mit Hinweisen auf<br />
den eigenen Tod (z. B. Friedhof) zu positiverer Bewertung von Personen führt, die die<br />
eigene Weltansschauung unterstützen und zu negativerer Bewertung von Personen,<br />
die die eigene Weltanschauung in Frage stellen (z. B. Florian & Mikulincer, 1997;<br />
Greenberg, Pyszczynski, Solomon, Simon, & Breus, 1994; McGregor et al., 1998).<br />
Auch wenn bisher weder im Rahmen von TMT noch SES empirisch der Effekt der<br />
Salienz von Endlichkeit auf kognitiv-affektive Komplexität im Sinne von Labouvie-<br />
Vief untersucht wurde, kann spekuliert werden, dass die Konfrontation mit der<br />
Endlichkeit die Fähigkeit zu multivalenten, komplexen Repräsentationen reduziert,<br />
weil die Person in einen psychischen Modus versetzt wird, in welchem sie sich<br />
versucht gegen die Bedrohung des Selbstkonzeptes und „Energieverlust“ zu schützen;<br />
dagegen sollte die Aussicht auf eine unbegrenztere Zeitperspektive diese Fähigkeit<br />
erhöhen. Knüpft man an die Überlegung an, nach welcher Generativität als<br />
„symbolische Unsterblichkeit“ verstanden wird (siehe Kapitel 4.1.1), kann daraus<br />
abgeleitet werden, dass die Aktivierung des Generativitätsmotivs kognitiv-affektive<br />
Komplexität erhöhen könnte.<br />
5.1.3 Kognitive Leistungsfähigkeit<br />
Die kognitive Alternsliteratur hat in einer Fülle von empirischen quer- und<br />
16 TMT und SES sind n. m. E. in der Literatur bisher noch nie systematisch aufeinander bezogen<br />
worden.<br />
61