Dissertation - Jacobs University
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Psychologische Forschung zu Generationenbeziehungen<br />
wichtiger Grund dafür angeführt, dass die G1-G3-Beziehung stärker als die durch den<br />
Autonomiekonflikt geprägte G1-G2-Beziehung (siehe Kapitel 4.1.2) durch soziale<br />
Freiräume gekennzeichnet ist und überwiegend als liebevoll, fürsorglich, fröhlich und<br />
verständnisbereit beschrieben wird (Cherlin & Fuerstenberg, 1985; Herlyn &<br />
Lehmann, 1998; Krappmann, 1997). Dabei scheint es allerdings so zu sein, dass<br />
obwohl Großeltern und Enkelkinder i. d. R. ein hohes Ausmaß an Nähe zueinander<br />
empfinden, Großeltern ein vergleichsweise höheres Ausmaß an emotionaler<br />
Verbundenheit berichten 6 (R. B. Miller & Bengtson, 1991).<br />
Betrachtet man zunächst einmal die Seite der Großeltern, so zeichnet sich das<br />
Bild der sinnstiftenden Funktion der Großelternschaft und des spannungsfreien<br />
Charakters der Beziehung ab. In einer jüngeren Studie von Herlyn und Lehmann<br />
(1998) gaben ca. 90% der Großmütter an, durch Enkelkinder Freude, Stolz und<br />
Bereicherung zu empfinden. Etwa 80% meinten, dass ihnen Enkel das Gefühl<br />
vermittelten, gebraucht zu werden und jung zu bleiben; 73% der Befragten empfanden<br />
das Großmutterdasein schöner als Mutterdasein. Nur 13% gaben an, dass ihr jetziges<br />
Leben mit dem der Enkelkinder wenig zu tun hat und 6% der Großmütter empfanden<br />
ihre Enkel als störend. Gemeinsame Aktivitäten werden als an Vergnügen und<br />
Entspannung orientiert beschrieben. Auf die sehr zentrale Funktion der<br />
Großelternschaft weist auch die Studie von Kivnick (1982) hin. Diese fand auf der<br />
Basis einer Fragebogenerhebung an 286 Großeltern fünf Dimensionen der subjektiven<br />
Bedeutung der Großelternschaft: „centrality“ (Zentralität der Großelternrolle für Sinn<br />
im Leben und für Selbstdefinition), „indulgance“ (Verwöhnen), „valued elder“<br />
(Wertschätzung als eine weise, erfahrene Person), „immortality through clan“<br />
(Unsterblichkeit) sowie „reinvolvment with personal past“ (Konfrontation mit der<br />
eigenen Vergangenheit). In der klassischen Studie von Neugarten und Weinstein<br />
(1964) kamen die Autorinnen auf der Grundlage von Interviews zu einem ähnlichen<br />
Ergebnis. Auch sie fanden, dass die sinnstiftende Bedeutung der Großelternschaft u. a.<br />
auf dem Erleben, eine erfahrene Person zu sein, die gebraucht wird, und auf der<br />
emotionalen „Erfüllung“ durch die Verlängerung des Lebens über den eigenen Tod<br />
beruht. Nur einige wenige Studien beschäftigten sich mit den negativen Aspekten von<br />
Großelternschaft auf Gesundheit und Wohlbefinden. Empirisch zeigten sich negative<br />
6 Dieser „positivity bias“ scheint aber nicht zwangsläufig spezifisch für die Beziehung älterer<br />
Menschen zu ihren Enkelkindern zu sein. Eine quasiexperimentelle Studie von Winkeler, Filipp und<br />
Boll (2000) zeigt, dass ältere Menschen möglicherweise generell soziale Beziehungen in einem im<br />
Vergleich zu jüngeren Altersgruppen positiven Licht sehen.<br />
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