Jenas Sporthistorie in Wort und Bild - Sport Geschichte Jena

Eine Turnlegende wird 80
Thüringische Landeszeitung 6. Oktober 2009
Er ist wahrscheinlich das letzte noch lebende Mitglied des 1859, also vor über 150
Jahren gegründeten Jenaer Turnvereins. Harry Pippardt wurde am 6. Oktober 1929
geboren. Sein Vater war Vorturner im Jenaer Turnverein, auch Jahnturnverein genannt.
Seine Mutter gehörte zur Damenriege. Es ist daher nicht verwunderlich, dass er einen
Großteil seiner Kindheit in der Turnhalle oder auf dem Turnplatz verbrachte. Er war
dabei, als die Turner auf dem Forst einen neuen Turnplatz anlegten und ein Vereinsheim
bauten. Er erlebte auch, dass 1945 die Rote Armee in der Turnhalle Pferde unterstellte
und viele Geräte von der Bevölkerung geplündert wurden. Das Archiv des Turnvereins
wurde vernichtet und die letzten in den 1970er Jahren auf dem Boden der Turnhalle
gefundenen Urkunden gerieten in Privathand. Sein Vater war es, der bereits Anfang
1946 mit dem städtischen Sportwart Robert Mailand einen Aufruf über die Zeitung
verbreitete, dass sich alle ehemaligen Sportler und Turner sammeln sollten, um den
Turn- und Sportbetrieb wieder in Gang zu bringen.
Als guter Jugendturner ging Harry Pippardt zur Sportgemeinschaft Ernst Abbe, aus der
später der Sportclub (SC) Motor Jena wurde. Er gehörte bald zur ersten Leistungsriege,
die sich ganz dem Kunstturnen verschrieben hatte. Nach Ablegung des Abiturs und der
Lehre als Feinmechaniker nahm er in Jena ein Sportstudium auf. In dieser Zeit turnte
er auch für die Universitätsmannschaft. Vor allem trat er aber mit den Zeiss-Turnern
bei Vorführungen und Wettkämpfen auf. Trotz einer fehlenden eigenen Trainingshalle
entwickelte sich Jena bis Ende der 1950er Jahre zu einer Turnhochburg in der DDR,
woran Harry einen wesentlichen Anteil hatte. Sein größter Einzelerfolg war beim 2.
Deutschen Tun- und Sportfest 1956 in Leipzig der Turnfestsieg im Deutschen
Zwölfkampf (neun Turnübungen, drei Leichtathletikdisziplinen).
Nach dem Sportstudium in Jena wurde Harry 1956 Sportlehrer an der neu gegründeten
Kinder- und Jugendsportschule in Bad Blankenburg, turnte aber bis Ende der 50er
Jahre in seiner Jenaer Mannschaft weiter. An der Sportschule erreichte er mit
seinen Nachwuchsturnern eine Vielzahl von Medaillen, wofür er mit dem Titel eines
„Verdienten Meister des Sports“ ausgezeichnet wurde. Neben seinen sportlichen
Ergebnissen, die er mit seinen Meisterschülern und späteren Spitzenturnern
der DDR, wie Wolfgang Thüne (Olympiasieger München 1972), Lothar Müssig,
Helmut Otto, Gerd Diesler u.a. erreichen konnte, war er viele Jahre im zentralen
Kampfrichterstab des Turnverbandes tätig und führte als Fachgruppen- und
Sektionsleiter über viele Jahre eine leistungsstarke Turnsektion. Da nach dem
Umzug der Kinder- und Jugendsportschule nach Jena das Gerätturnen zu Gunsten der
Leichtathletik und anderer Sportarten immer mehr an Bedeutung verlor, wechselte
Harry an die Universität, wo er bis zu seinem Ausscheiden am heutigen Sportinstitut
gemeinsam mit Rolf Ziegler und Dr. Helmut Stürmer die zukünftigen Sportlehrer im
Turnen ausbildete. Der Turnabteilung der BSG Carl Zeiss Jena blieb er aber treu. Nach
der politischen Wende 1990 gehörte Pippardt zu denjenigen, die ankurbelten, dass
sich im Jahr 1991 die Bereiche Gerätturnen der ehemaligen BSG Carl Zeiss Jena und des
Leistungsgerätturnens des SC Motor in der Turnabteilung des TuS Jena vereinigten.
Harry Pippardt nannte diesen Tag der Wiedervereinigung von Leistungsturnen und
Gerätturnen in einem Verein ein historisches Ereignis im Jenaer Turnen. Sein großer
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