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Jenas Sporthistorie in Wort und Bild - Sport Geschichte Jena

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Als der Ballsport <strong>in</strong>s Ballhaus e<strong>in</strong>zog<br />

Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 21. Januar 2010 Nr. 169<br />

Die gebürtige französische Herzog<strong>in</strong> Maria de la Tremouille ist vermutlich die erste<br />

Frau, die <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> regelmäßig Tennis spielte. Sie kam im Dezember 1662 nach <strong>Jena</strong><br />

als Ehefrau des Herzogs Bernhard II. von Sachsen <strong>Jena</strong>. Bernhard hatte sie im Juni<br />

<strong>in</strong> Paris geheiratet. Vorausgegangen war e<strong>in</strong>e längere Kavalierstour (1658/59) des<br />

Pr<strong>in</strong>zen Bernhard nach Paris, bei dem das ernest<strong>in</strong>ische Herzogshaus Sachsen-Weimar<br />

e<strong>in</strong>en engeren Kontakt zur französischen Krone aufbauen wollte. Sachsen-Weimar war<br />

se<strong>in</strong>erzeit e<strong>in</strong>es der kle<strong>in</strong>en wirtschaftlich <strong>und</strong> politisch unbedeutenden Herzogtümer <strong>in</strong><br />

Thür<strong>in</strong>gen, bei denen es üblich war, dass sich die Söhne des Hauses häufig als Militärs<br />

<strong>in</strong> „fremden“ Diensten ihr Geld verdienten. E<strong>in</strong>er der Bedeutendsten war Bernhard von<br />

Sachsen-Weimar, der Onkel Bernhards II., der im Dreißigjährigen Krieg als Nachfolger<br />

des gefallenen Schwedenkönigs Gustav Adolph das protestantische Heer zu e<strong>in</strong>igen<br />

Siegen über die kaiserlichen Truppen führte. Se<strong>in</strong>e Militärzüge wurden f<strong>in</strong>anziell von<br />

Frankreich unterstützt, <strong>und</strong> zu se<strong>in</strong>en Offizieren gehörte auch der Marschall Turenne.<br />

Dieser war der Onkel von Maria del la Tremouille, was die Anbahnung e<strong>in</strong>er Hochzeit mit<br />

Bernhard II. sicher positiv bee<strong>in</strong>flusst hatte. Da wenige Tage nach der Hochzeit Wilhelm<br />

IV., der Vater von Bernhard II. <strong>in</strong> Weimar verstorben war, reiste Bernhard II. sofort von<br />

Paris ab, um bei der Testamentseröffnung se<strong>in</strong>e Ansprüche geltend zu machen. Da<br />

Sachsen-Weimar noch ke<strong>in</strong>e Primogenitur hatte, waren alle vier Söhne gleichermaßen<br />

erbberechtigt. Bernhard II. erhielt <strong>Jena</strong> als Wohnsitz, während die E<strong>in</strong>künfte des<br />

Landes durch vier aufgeteilt wurden. Es ist sehr wahrsche<strong>in</strong>lich Maria de la Tremouille<br />

zu verdanken, dass Bernhard II. die Hauptriebkraft wurde, die e<strong>in</strong>e Aufteilung des<br />

väterlichen Erbes <strong>in</strong> selbstständige Herrschaften zum Ziel hatte. Es dauerte noch bis<br />

1672, dann hatte er se<strong>in</strong> Ziel erreicht. <strong>Jena</strong> wurde neben Weimar, Eisenach <strong>und</strong> Marksuhl<br />

gleichberechtigte Residenzstadt. Obwohl wirtschaftlich schon bei der Gründung hoch<br />

verschuldet, vor allem aufgr<strong>und</strong> des vorangegangen Dreißigjährigen Krieges, setzte<br />

gleich nach dem E<strong>in</strong>zug von Maria <strong>und</strong> Bernhard 1662 <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> e<strong>in</strong> „Bauboom“ e<strong>in</strong>. Das<br />

recht bescheidene Schloss wurde ausgebaut <strong>und</strong> Freizeite<strong>in</strong>richtungen für den Herzog<br />

<strong>und</strong> die Herzog<strong>in</strong> geschaffen. Dazu gehörten auch drei „<strong>Sport</strong>bauten“. E<strong>in</strong> Schießhaus<br />

etwa auf dem Gelände des heutigen Planetariums, e<strong>in</strong>e Reithalle auf dem Gelände<br />

des heutigen Uni-Hauptgebäudes <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Ballhaus, gegenüber dem heutigen Uni-<br />

Hauptgebäude am Fürstengraben. Das Ballhaus, von dem heute noch der Name der<br />

Ballhausgasse stammt, diente dem Ballspiel, e<strong>in</strong>em Vorläufer des Tennis. Den Bau des<br />

Hauses hatte die Herzog<strong>in</strong> aus eigenen Mitteln f<strong>in</strong>anziert. Sie hatte zwar <strong>in</strong> die Ehe<br />

ke<strong>in</strong> „Land“ e<strong>in</strong>gebracht aber e<strong>in</strong>e ansehnliche Mitgift <strong>in</strong> Höhe von 80.000 Talern. Dies<br />

war mehr als ganz Sachsen-<strong>Jena</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Jahr an Steuern e<strong>in</strong>nahm. Als passionierte<br />

Reiter<strong>in</strong> <strong>und</strong> Tennisspieler<strong>in</strong> nutze sie das Ballhaus regelmäßig zur Zerstreuung. Ihre<br />

Ehe mit Bernhard II. lief von Beg<strong>in</strong>n an nicht sehr harmonisch <strong>und</strong> beide bezichtigten<br />

sich der Seitensprünge. Tatsächlich hielt sich Bernhard II. mit Elisabeth von Kospoth<br />

seit 1673 e<strong>in</strong>e „Frau zur L<strong>in</strong>ken“. Erst 1675 mit Geburt des Thronfolgers Johann<br />

Wilhelm besserte sich das Verhältnis der Eheleute wieder, war aber nur von kurzer<br />

Dauer, da Bernhard II. bereits 1678 als 40jähriger verstarb. Nach Marias Tod 1682<br />

erbte ihr Sohn Johann Wilhelm das Ballhaus; er selbst wurde nur 15 Jahre alt, womit die<br />

Herzogsl<strong>in</strong>ie Sachsen <strong>Jena</strong> 1690 ausstarb. Das Ballhaus, welches die Herzog<strong>in</strong> schon zu<br />

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