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Jenas Sporthistorie in Wort und Bild - Sport Geschichte Jena

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Lockemann drückte auf den Auslöser<br />

Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 2. April 2009 Nr. 130<br />

Christl Cranz gehört zu Deutschlands bekanntesten alp<strong>in</strong>en Skiläufer<strong>in</strong>nen. Sie wurde<br />

am 1. Juli 1914 <strong>in</strong> Belgien geboren. Bei Ausbruch des I. Weltkrieges flüchtete ihre<br />

Familie nach Deutschland <strong>in</strong> die Nähe von Reutl<strong>in</strong>gen. Hier lernte sie mit sechs Jahren<br />

das Skilaufen <strong>und</strong> gewann bereits mit neun Jahren ihr erstes Skirennen. Seitdem war<br />

sie sportlich sehr aktiv. Sie nahm als junge Frau e<strong>in</strong> Lehrerstudium auf <strong>und</strong> wurde<br />

Turn- <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>lehrer<strong>in</strong>. 1934 gewann sie bei den Deutschen Meisterschaften im<br />

alp<strong>in</strong>en Skilauf erstmalig alle Damendiszipl<strong>in</strong>en. Im gleichen Jahr gewann sie die<br />

Weltmeistertitel im Slalom <strong>und</strong> <strong>in</strong> der Alp<strong>in</strong>en Komb<strong>in</strong>ation. Trotz e<strong>in</strong>es Sturzes<br />

konnte Cranz 1936 bei den Olympischen W<strong>in</strong>terspielen <strong>in</strong> Garmisch-Partenkirchen<br />

den erstmals für Damen ausgetragenen Wettbewerb <strong>in</strong> der Komb<strong>in</strong>ation gew<strong>in</strong>nen. Im<br />

Abfahrtlauf hatte sie 19 Sek<strong>und</strong>en gegenüber der Norweger<strong>in</strong> Laila Nilsen verloren. In<br />

den zwei folgenden Slalomläufen holte sie diesen Rückstand wieder auf <strong>und</strong> gewann<br />

noch die Goldmedaille. Ihre letzten <strong>in</strong>offiziellen WM-Titel holte sie 1941, bei den nicht<br />

anerkannten Weltmeisterschaften <strong>in</strong> Cort<strong>in</strong>a d’Ampezzo. Diese Titel wurden nach<br />

dem Zweiten Weltkrieg annulliert, da 1941 bereits <strong>in</strong> vielen Ländern Kriegszustand<br />

vorherrschte <strong>und</strong> e<strong>in</strong> freier Zugang aller Länder zu den Wettkämpfen nicht möglich<br />

war. Bis heute ist sie laut Wikipedia mit zwölf Gold <strong>und</strong> drei Silbermedaillen die<br />

erfolgreichste alp<strong>in</strong>e Skiläufer<strong>in</strong> bei Weltmeisterschaften.<br />

Aus der Zeit um 1941/42 stammt das Foto im USV-Fotoarchiv. Es wurde von Luise<br />

Lockemann aufgenommen, die von 1939 bis 1945 Assistent<strong>in</strong> am Institut für<br />

Leibesübungen der Universität <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> war. Luise Lockemann war e<strong>in</strong>e erfolgreiche<br />

Leichtathlet<strong>in</strong> des VfB <strong>Jena</strong>, dem ideellen Vorläufer des USV. Sie wurde u. a. 1939<br />

Studentenweltmeister<strong>in</strong> im Hoch- <strong>und</strong> Weitsprung.<br />

Mit der Machtübernahme durch die NSdAP <strong>in</strong> Deutschland 1933 wurde auch die Turn-<br />

<strong>und</strong> <strong>Sport</strong>lehrerausbildung, die bisher <strong>in</strong> den Händen der Länder lag, deutschlandweit<br />

zentralisiert. Ab 1934 mussten alle Student<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Studenten, die das Fach<br />

Leibesübungen (wie die <strong>Sport</strong>lehrerausbildung damals hieß) belegten, erst e<strong>in</strong>mal vier<br />

Semester Pflichtsport an der Uni absolvieren. Dieser Pflichtsport war Voraussetzung<br />

für alle deutschen Studenten gleich welcher Fachrichtung, um beim Abschlussexamen<br />

antreten zu können. 150 Punkte, die sich aus Teilnahme-, Wettkampf- <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>abzeichenpunkten<br />

zusammensetzten, musste jeder erbr<strong>in</strong>gen. Für Studenten der<br />

Leibesübungen folgte dann e<strong>in</strong> zwei- bis viersemestriger stark militarisierter Turn- <strong>und</strong><br />

<strong>Sport</strong>lehrerkurs. Zum Abschluss wurden alle Studenten Deutschlands <strong>in</strong> der Führerschule<br />

Neustrelitz <strong>und</strong> alle Student<strong>in</strong>nen an der Uni <strong>in</strong> Marburg zusammengezogen. Auch<br />

alle Lehrkräfte der Institute für Leibesübungen mussten anwesend se<strong>in</strong>, e<strong>in</strong>en<br />

Intensivlehrgang durchführen <strong>und</strong> die Prüfungen abnehmen.<br />

Bei e<strong>in</strong>em Lehrgang 1941 bzw. 1942 lernte Luise Lockemann Christel Cranz <strong>in</strong> Marburg<br />

kennen, fre<strong>und</strong>ete sich mit ihr an <strong>und</strong> schoss dieses Foto. Christel Cranz starb 2004 im<br />

Alter von neunzig Jahren <strong>in</strong> Oberstaufen.<br />

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