Jenas Sporthistorie in Wort und Bild - Sport Geschichte Jena
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Das „<strong>Sport</strong>echo“ übte harsche Kritik<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 15. Oktober 2009 Nr. 155<br />
Wie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em vorigen Beitrag geschrieben, war an der Uni <strong>Jena</strong> die Keimzelle des<br />
größten Crosslaufs Europas, dem GutsMuths-Rennsteiglauf. 1975 hatte dieser den<br />
Durchbruch mit fast 1000 Teilnehmern geschafft. Im Herbst des gleichen Jahres<br />
wurde e<strong>in</strong>e Laufgruppe bei der Hochschulsportgeme<strong>in</strong>schaft (HSG) gegründet, die<br />
mit Rüdiger Grunow, Bernd Löschner, Hans-Georg Kremer, Gerhard Rötzschke, Dr.<br />
Jochen Scheibe, Rolf Schoder, Prof. Dr. Willi Schröder, Wolf-Dieter Wolfram <strong>und</strong> Jens<br />
Wötzel zum Organisationsstab des Rennsteiglaufs gehörte. In dieser Gruppe entstand<br />
auch die Idee, als herbstliches Gegenstück zum Rennsteiglaufs <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> e<strong>in</strong>e eigene<br />
Laufveranstaltung zu gründen, den <strong>Jena</strong>er Kernberglauf. Das erste Konzept sah vor,<br />
dass dieser über drei Jahre zu e<strong>in</strong>em 100 km-Lauf entwickelt werden sollte. Wer im<br />
ersten Jahr die 50 km geschafft hatte, sollte im Jahr darauf die Genehmigung für 75<br />
km bekommen <strong>und</strong> im folgenden Jahr die 100 km laufen dürfen. Die Probleme bei der<br />
F<strong>in</strong>dung e<strong>in</strong>er organisatorisch machbaren 75-km-Strecke <strong>und</strong> die harsche Kritik des<br />
Deutschen Turn- <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>b<strong>und</strong>es (DTSB), wortstark im „Deutschen <strong>Sport</strong>echo“, dem<br />
Sprachrohr der DDR-<strong>Sport</strong>führung vorgetragen, veranlasste das Organisationsteam,<br />
sich von dieser Idee bereits beim zweiten Kernberglauf zu verabschieden. Im <strong>Sport</strong>echo<br />
konnte man damals u. a. lesen: „Der Bedarf …(Läufe)… von 100 km durchzuführen,<br />
ist ger<strong>in</strong>g <strong>und</strong> beschränkt sich bei allen Gelegenheiten dieser Art auf den gleichen<br />
Personenkreis. Womit erneut die Frage der Allgeme<strong>in</strong>gültigkeit <strong>und</strong> des Wertes auf der<br />
Tagesordnung steht. Wir nehmen dazu Stellung, weil am Wochenende e<strong>in</strong> jüngstes<br />
Beispiel bekannt wurde. Die lobenswerte Initiative, immer mehr Veranstaltungen<br />
auf die Be<strong>in</strong>e zu stellen, wollen wir den <strong>Jena</strong>er Organisatoren um Dr. Kremer nicht<br />
versagen. Der Begründung für den neuen „Kernberglauf“, daß er „e<strong>in</strong>e Lücke im<br />
Wettbewerbssystem der Laufbewegung“ schließe, können wir jedoch nicht folgen,<br />
wenn es im Gr<strong>und</strong>e genommen um e<strong>in</strong>e Vorstufe von überlangen Läufen <strong>und</strong> nicht um<br />
die Befriedigung allgeme<strong>in</strong>er Lauf-Bedürfnisse geht…“. Nach der politischen Wende<br />
<strong>in</strong> der DDR, nahm der Autor Manfred Seifert <strong>in</strong> dem Buch „Ruhm <strong>und</strong> Elend des DDR-<br />
<strong>Sport</strong>s“ zu se<strong>in</strong>em Artikel von 1977 entschuldigend Stellung. Ihm g<strong>in</strong>ge es damals<br />
weniger um e<strong>in</strong>e Diszipl<strong>in</strong>ierung der Laufbewegung <strong>in</strong> <strong>Jena</strong>, als darum, eventuelle<br />
Fehlentwicklungen beim Langstreckenlauf zu verh<strong>in</strong>dern. Auf die Zielstellung von<br />
überlangen Läufen, die u. a. dar<strong>in</strong> zu suchen ist, dass Läufer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Läufern über<br />
e<strong>in</strong>en langen Zeitraum regelmäßig <strong>und</strong> systematisch tra<strong>in</strong>ieren <strong>und</strong> damit etwas für<br />
ihre Ges<strong>und</strong>heit tun, wurde von Seifert weder 1977 noch 1990 e<strong>in</strong>gegangen. Dies<br />
war aber genau der Hauptaspekt der <strong>Jena</strong>er Akteure, die immer im engen Kontakt zu<br />
den <strong>Sport</strong>wissenschaftlern <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>mediz<strong>in</strong>ern der Uni standen. Der Pressesprecher,<br />
des Kernberglaufs, Dr. Dieter Blechschmidt, formulierte treffend 1977 <strong>in</strong> der<br />
Universitätszeitung: „Doch für diesen Ausdauerlauf muss regelmäßig <strong>und</strong> ganzjährig<br />
tra<strong>in</strong>iert werden. Deshalb s<strong>in</strong>d weitere Laufstrecken erschlossen worden, um den<br />
Ausdauerläufern unserer Republik mehr Möglichkeiten zu bieten. In diese reiht sich<br />
der Kernberglauf…würdig e<strong>in</strong>.“ Um e<strong>in</strong>er weiteren zentrale Kritik am Kernberglauf den<br />
„W<strong>in</strong>d aus den Segeln“ zu nehmen, wurde für 1978 ke<strong>in</strong>e weitere längere Strecke<br />
ausgeschrieben. Die Organisatoren um He<strong>in</strong>rich Fricke bauten <strong>in</strong> den 1980er Jahren vor<br />
allem auf die damals „kurze Strecke“ von 25km. Die 50km Distanz wurde auf 40km<br />
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