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Jenas Sporthistorie in Wort und Bild - Sport Geschichte Jena

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Bis zum Sonnenaufgang <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Wanderhütte<br />

Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 11. August 2010 Nr. 198<br />

Als sich <strong>in</strong> den 1970er Jahren <strong>in</strong> der DDR die Laufbewegung zu entwickeln begann,<br />

waren es spektakuläre Laufveranstaltungen, die wesentliche Impulse für e<strong>in</strong>en raschen<br />

Aufschwung gaben. Was für die ganze Republik der Rennsteiglauf wurde, war für <strong>Jena</strong><br />

der Kernberglauf. Im Herbst gelegen, als Strecke die Horizontalwege <strong>in</strong> den Kalkbergen<br />

des Saaletal nutzend <strong>und</strong> anfangs auch noch mit 50km e<strong>in</strong>e sehr anspruchsvolle Strecke<br />

habend, animierten sie <strong>Sport</strong>ler der verschiedensten Diszipl<strong>in</strong>en an den Start zu gehen.<br />

Ausdauerläufer als regelmäßige Wettkämpfer im heutigen S<strong>in</strong>ne gab es damals <strong>in</strong> der<br />

ganzen DDR kaum mehr als 500. Für den Rennsteiglauf liegen statistische Erhebungen<br />

vor, die besagen, dass sich 1977 nicht mal 10% der Teilnehmer als Dauerläufer o.<br />

ä. bezeichneten, aber z. B. 17,3% „Spielsportler“, vor allem Fußballer waren. Der<br />

Altersdurchschnitt der Teilnehmer lag bei 40 Jahren. 55% der Teilnehmer des<br />

Rennsteiglaufs waren älter als 30 Jahre. Trotzdem waren siebzigjährige Starter die<br />

Ausnahme. E<strong>in</strong>er, der bereits 1975 für Schlagzeilen auf dem Rennsteig gesorgt hatte,<br />

war der <strong>Jena</strong>er Eduard Malkolm. Jahrgang 1895, meldete er sich beim III. GutsMuths-<br />

Rennsteiglauf für die fast 100km lange Strecke. Versuche der Organisatoren ihn zu<br />

überzeugen, doch die 38km lange Frauenstrecke zu laufen, lehnte er brüsk ab <strong>und</strong><br />

verwies auf se<strong>in</strong>e sportlichen Erfolge als Turner, Leichtathlet, Schlittschuhläufer<br />

<strong>und</strong> Faustballer. So war er nach eigenen Angaben <strong>in</strong> den 1920er Jahren lettischer<br />

Landesmeister im Schlittschuhhoch- <strong>und</strong> -weitsprung <strong>und</strong> schlesischer Landesmeister<br />

im beidarmigen Speerwurf. Im Turnmehrkampf konnte er auf e<strong>in</strong>e Vielzahl von Siegen<br />

verweisen <strong>und</strong> im Faustball gehörte er damals e<strong>in</strong>er Altherrenmannschaft der BSG<br />

Motor Zeiss, die auf allen Ebenen erfolgreich war, an. Sozusagen als Beweis se<strong>in</strong>er<br />

körperlichen Fitness machte er dem Mitarbeiter des Meldebüros des Rennsteiglaufs,<br />

welches sich damals <strong>in</strong> der „Muskelkirche“ <strong>in</strong> <strong>Jena</strong> befand, gleich noch e<strong>in</strong>en Handstand<br />

vor <strong>und</strong> lief e<strong>in</strong>ige Meter auf den Händen über die Laufbahn. Was darauf erfolgte, ist<br />

schon mehrfach publiziert worden. In Kurzfassung: Eduard hatte den Bus der Uni-<br />

Rennsteigläufer nach Schnepfenthal verpasst. Die Gruppe war schon früh losgefahren,<br />

da sie das Meldebüro besetzen musste. Am Abend tauchte er dann etwas erschöpft<br />

<strong>in</strong> der Salzmannschule auf <strong>und</strong> berichtete, dass er die mehr als 80km mit dem Rad<br />

gefahren sei. Bis zum Start konnte er sich noch etwas ausruhen, denn es g<strong>in</strong>g erst <strong>in</strong><br />

der Nacht um e<strong>in</strong> Uhr los. Da er ke<strong>in</strong>e Taschenlampe mithatte, verlor er nach ca. 20km<br />

den Anschluss an die Rennsteigläufergruppe <strong>und</strong> ließ sich von Helfern an der Strecke<br />

überreden, dass er sich bis zum Sonnenaufgang <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Wanderhütte an der Strecke<br />

ausruhen könne. Als er wieder aufwachte, war es immer noch dunkel. Da er Niemanden<br />

<strong>in</strong> der Hütte wecken wollte, lief er e<strong>in</strong>fach wieder los. In Oberhof wurde es dann hell<br />

<strong>und</strong> er traf e<strong>in</strong>ige Menschen. Auf die Frage, wo denn die Rennsteigläufer lang gerannt<br />

seien, bekam er die Erklärung, dass diese bereits am Vortag durchgelaufen wären. Er<br />

hatte also mehr als 14 St<strong>und</strong>en geschlafen. Kaum hörte er dies, so drehte er um <strong>und</strong><br />

lief zurück nach Schnepfenthal, wo er se<strong>in</strong> Rad untergestellt hatte. Mit dem fuhr er<br />

wieder nach <strong>Jena</strong>. Am Montagvormittag stand er wieder bei den Organisatoren <strong>in</strong> der<br />

Muskelkirche <strong>und</strong> fragte, wo er denn se<strong>in</strong>e Teilnehmerurk<strong>und</strong>e bekäme. Erfolgreicher<br />

war er beim Kernberglauf: 1978 kam er auf der 25 km langen Strecke nach 5:21:31 <strong>in</strong>s<br />

Ziel <strong>und</strong> 1979 brauchte er sogar für diese Strecke nur 4:25:48.<br />

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