Jenas Sporthistorie in Wort und Bild - Sport Geschichte Jena
Jenas Sporthistorie in Wort und Bild - Sport Geschichte Jena
Jenas Sporthistorie in Wort und Bild - Sport Geschichte Jena
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
E<strong>in</strong> Aussichtsturm auf den Kernbergen<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 14. Oktober 2010 Nr. 207<br />
Die <strong>Jena</strong>er Kernberge s<strong>in</strong>d nicht erst durch den 1977 nach ihnen benannten Lauf<br />
bekannt geworden. Vor 1900 galt der noch weitestgehend unbewaldete Jenzig zwar<br />
noch als der <strong>Jena</strong>er Rigi, die Kernberge aber rückten mit dem Bau der Paradiesbrücke<br />
stärker <strong>in</strong>s städtische Bewusstse<strong>in</strong>. Interessant als Baugelände nutzte nicht nur<br />
Johannes Trüper die Wiesen auf halber Höhe 1892 zur Gründung des „Erziehungsheims<br />
<strong>und</strong> Jugendsanatoriums Sophienhöhe“, sondern es entstand e<strong>in</strong> regelrechtes<br />
Villenviertel. Analog den anderen Bergen um <strong>Jena</strong> sollten auch die Kernberge e<strong>in</strong>en<br />
Aussichtsturm erhalten. 1900 wurde deshalb die Kernberggesellschaft gegründet; sie<br />
plante den Bau des Turmes <strong>und</strong> sammelte dafür Geld. Sogar e<strong>in</strong> Gr<strong>und</strong>stück wurde<br />
erworben. Der Vere<strong>in</strong> kümmerte sich auch um die Unterhaltung bzw. die Neuanlage<br />
von Wanderwegen, so auch der Horizontale. Warum es noch nicht zum Turmbau<br />
kam, ist nicht genau überliefert; der Erste Weltkrieg <strong>und</strong> die sich <strong>in</strong> der Folge stark<br />
verschlechternde wirtschaftliche Lage werden sicher dazu beigetragen haben. Mit<br />
der E<strong>in</strong>weihung der Universitätsturnhalle mit Landesturnanstalt (Muskelkirche) 1929<br />
rückten die Kernberge noch stärker <strong>in</strong>s Interesse, besonders unter den Studenten.<br />
Die Universitätsturnhalle diente sowohl der Ausbildung der Turn- <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>lehrer als<br />
auch dem Pflichtsport aller Studierenden. Läufe auf die Kernberge wurden zum festen<br />
Ritual. Nach der Machtergreifung durch die NSdAP 1933 wurde der Studentensport<br />
stark militarisiert <strong>und</strong> <strong>in</strong> den Kernbergen fanden regelmäßig Geländesportwettkämpfe<br />
statt. So ist für das Universitätssportfest 1934 e<strong>in</strong> Erk<strong>und</strong>ungslauf über 16 km von der<br />
Landesturnanstalt über die Kernberge, den Johannisberg, die Lobdeburg, weiter bei<br />
Burgau durch die Saale <strong>und</strong> zurück zur Landesturnanstalt belegt. Die Siegermannschaft<br />
benötigte für die anspruchsvolle Strecke 1:58:37. Der erste Institutsdirektor des<br />
Instituts für Leibesübungen, welches sich seit 1934 <strong>in</strong> der Muskelkirche befand,<br />
liebte es, die Studenten e<strong>in</strong>e Geröllhalde an den Hängen der Kernberge, die<br />
sogenannte „Studentenrutsche“, h<strong>in</strong>auf bzw. h<strong>in</strong>ab zu jagen. Ab 1937 fanden auf den<br />
Kernbergen Segelfluglehrgänge des „<strong>Sport</strong><strong>in</strong>stituts“ statt. Nach Beg<strong>in</strong>n des Zweiten<br />
Weltkrieges bekamen die Kernberge e<strong>in</strong>e militärische Bedeutung. Zum Schutz vor<br />
Fliegerangriffen wurden auf e<strong>in</strong>igen Bergen r<strong>in</strong>gs um <strong>Jena</strong> Flakgeschütze aufgestellt.<br />
Diese Stellungen wurden durch die „Heimatflakabteilungen“ besetzt. Zu diesen<br />
gehörten als Mannschaften <strong><strong>Jena</strong>s</strong> Gymnasiasten. Als 1943 das Realgymnasium (Adolph-<br />
Reichwe<strong>in</strong>-Schule) zu e<strong>in</strong>em Lazarett umgewandelt wurde, zogen die Jungs <strong>in</strong>s Lyzeum<br />
(Grete-Unre<strong>in</strong>-Schule) um <strong>und</strong> hatten im Wechsel mit den Mädchen Unterricht. Bei<br />
Fliegeralarm mussten sie auf schnellstem Wege auf den Steiger bzw. die Ammerbacher<br />
Platte zur Flakstellung. Der Zeitverlust für die schulischen Belange war durch immer<br />
häufigere Alarme so groß, dass man bald den Unterricht <strong>in</strong> Baracken <strong>in</strong> der Nähe der<br />
Flakbatterien verlegte. Von der Ammerbacher Platte zog e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>heit auf die Kernberge,<br />
wo das geübte Auge heute noch Reste e<strong>in</strong>er Geschützstellung <strong>und</strong> die F<strong>und</strong>amente<br />
e<strong>in</strong>er Baracke ausmachen kann. Der Kriegsverlauf wurde durch diese Geschütze kaum<br />
bee<strong>in</strong>flusst, überflogen doch die amerikanischen <strong>und</strong> englischen Bomber, die nur ca.<br />
8-9 km hoch schießende 8,8cm Flak. Eberhard Krug <strong>und</strong> Klaus Jakob gehörten zu den<br />
wenigen heute noch lebenden Flakhelfern, die als Schüler auf den Bergen r<strong>in</strong>gs um<br />
<strong>Jena</strong> tags <strong>und</strong> nachts Dienst schieben mussten. <strong><strong>Jena</strong>s</strong> ältester aktiver Ausdauerläufer,<br />
53