Jenas Sporthistorie in Wort und Bild - Sport Geschichte Jena
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Er<strong>in</strong>nerung aus Grenzzaun-Stacheldraht<br />
Thür<strong>in</strong>gische Landeszeitung 15. April 2010 Nr. 182<br />
Am 17. April 2010 s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Blankenste<strong>in</strong> an der Saale ca. 30 Männer <strong>und</strong> Frauen, darunter<br />
aus <strong>Jena</strong> Ina Braun, Dr. Hans-Georg Kremer, Anke Müller <strong>und</strong> Stephan Rabich zu e<strong>in</strong>em<br />
Erlebnislauf über 50km nach Neuhaus aufgebrochen. Mit Unterstützung des Laufladens<br />
<strong>Jena</strong> haben der USV <strong>Jena</strong> <strong>und</strong> der GutsMuths-Rennsteiglaufvere<strong>in</strong> e. V. diesen Lauf <strong>in</strong><br />
Er<strong>in</strong>nerung an die Grenzöffnung von 1990 vorbereitet. Wie im letzten Beitrag berichtet,<br />
gab es bereits am 8. April 1990 e<strong>in</strong>e Wanderung über den östlichen Rennsteig, der<br />
als Grenzgebiet spätestens seit dem Mauerbau 1961 hermetisch abgeriegelt war.<br />
In Ernsttal stand sogar <strong>in</strong> Verfälschung der <strong>Geschichte</strong> e<strong>in</strong> offizielles Schild mit der<br />
Aufschrift „Hier endet der Rennsteig“. Bei der Wanderung am 8. April begleitete die<br />
etwa 50köpfige Wandergruppe e<strong>in</strong> Offizier der neu geschaffenen „DDR-Grenzpolizei“<br />
<strong>in</strong> Zivil. Er war wohl weniger als Kontrollorgan gedacht, sondern als Koord<strong>in</strong>ator<br />
für die Grenzpassagen, die zu dem Zeitpunkt noch nicht alle geöffnet waren. Dazu<br />
hatte er Werkzeug mit, um den z. T. noch unversehrten Streckgitterzaun zu öffnen.<br />
Da er <strong>in</strong> Zivil war, traute er sich auch die Passagen, <strong>in</strong>sgesamt vielleicht 10km, die<br />
durch den „Westen“ führten, mitzulaufen. Er bat allerd<strong>in</strong>gs die Wanderer, ihn bei<br />
Kontrollen durch den B<strong>und</strong>esgrenzschutz nicht zu enttarnen, da er sich nicht sicher<br />
war, ob er nicht e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>trag <strong>in</strong> der „zentralen Erfassungsstelle für DDR-Unrecht“<br />
Salzgitter habe, wo viele Offiziere der ehemaligen Grenztruppen der DDR archiviert<br />
seien. Der B<strong>und</strong>esgrenzschutz tauchte aber während der gesamten Wanderung nicht<br />
auf. Die Rennsteiglauforganisatoren, die an der Wanderung teilnahmen, diskutierten<br />
mit ihm, ob es möglich wäre, diesen landschaftlich reizvollen Teil des Traditionsweges<br />
zukünftig mit <strong>in</strong> ihren Lauf e<strong>in</strong>zubeziehen zu können. Im Pr<strong>in</strong>zip stand dem ab<br />
Mitte Mai 1990 nichts mehr im Wege, da bis dah<strong>in</strong> alle Rennsteigübergänge offen<br />
se<strong>in</strong> würden. H<strong>in</strong>weise von Naturschützern auf besonders seltene Biotope <strong>und</strong> der<br />
Widerstand des Rennsteigvere<strong>in</strong>s gegen e<strong>in</strong>e „Vermarktung“ dieses Stückes des<br />
Rennsteiges, ließen dann die Idee reifen, am Vorabend des Rennsteiglaufs nur e<strong>in</strong>en<br />
Gruppenlauf von Blankenste<strong>in</strong> bis Neuhaus zu starten. Organisiert wurde der Lauf<br />
von der BSG Wismut Gera, der HSG Uni <strong>Jena</strong> <strong>und</strong> den Rennsteiglauforganisatoren.<br />
Privat unterstützt wurde er u. a. von zwei „Westläufern“, Hubert Becker aus Hof <strong>und</strong><br />
Eberhard M<strong>in</strong>zenmay aus Frankfurt/M., die e<strong>in</strong>heitliche T-Shirts für alle Teilnehmer zur<br />
Verfügung stellten. Insgesamt 23 Läufer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Läufer nahmen daran teil, darunter<br />
von der <strong>Jena</strong>er Laufgruppe Friedhelm Gebhardt, Heike Keil, Dr. Hans-Georg Kremer<br />
<strong>und</strong> Gerhard Rötzschke. Im Ziel gab es als Er<strong>in</strong>nerungsgeschenk e<strong>in</strong> Rennsteiglauf-R<br />
aus Orig<strong>in</strong>al-Grenzzaun-Stacheldraht. In den folgenden Jahren wurde aus diesem<br />
Lauf die noch heute bestehende 50km-Wanderung im Rahmen des Rennsteiglaufs<br />
entwickelt. Verb<strong>in</strong>dungen zum Rennsteigvere<strong>in</strong> gab es dabei nicht. 1994 kam es<br />
sogar zwischen dem GutsMuths-Rennsteiglaufvere<strong>in</strong> <strong>und</strong> dem Rennsteigvere<strong>in</strong> zu<br />
„medialen“ Ause<strong>in</strong>andersetzungen, bei denen der Rennsteigvere<strong>in</strong> sich als „Wahrer“<br />
des klassischen Rennsteigwandergedankens, der jenseits e<strong>in</strong>er kommerziellen Nutzung<br />
stand, verstanden wissen wollte. Der Rennsteiglauf, dessen Organisatoren über<br />
Jahrzehnte viel Arbeit <strong>und</strong> auch Geld <strong>in</strong> die Erhaltung des Rennsteiges gesteckt hatten,<br />
bot e<strong>in</strong>en geschlossenen Beitritt zum Rennsteigvere<strong>in</strong> an, was dieser aber ablehnte.<br />
1994 vermittelte der spätere bayrische Umweltm<strong>in</strong>ister, Werner Schnappauf, der als<br />
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