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Die private Überschuldung im internationalen Vergleich

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INTERNATIONALER VERGLEICH E | I | 2<br />

Land<br />

Belgien<br />

Finnland<br />

Frankreich<br />

Niederlande<br />

Schweden<br />

Deutschland<br />

Verfahrensstufe 1: außergerichtliche gütliche<br />

Schuldenreorganisation<br />

Ein gerichtlich bestellter Mediator stellt einen<br />

Zahlungsplan auf und verhandelt diesen mit den<br />

Gläubigern. <strong>Die</strong> Dauer des Zahlungsplans soll<br />

mindestens 3 und max<strong>im</strong>al 5 Jahre betragen.<br />

Der Schuldner handelt – unterstützt von einem<br />

Schuldnerberater – mit seinen Gläubigern einen<br />

Entschuldungsplan frei aus.<br />

<strong>Die</strong> Gütekommission vermittelt zwischen dem<br />

Schuldner und den Gläubigern einen Sanierungsvorschlag<br />

(Stufe 1). Bleiben die Vermittlungsbemühungen<br />

ohne Erfolg, unterbreitet die<br />

Kommission einen eigenen Vorschlag, der gesetzlich<br />

definierte Sanierungsmaßnahmen vorsieht.<br />

(Stufe 2).<br />

Eine unter kommunaler Aufsicht stehende „debt<br />

management agency“ (Kommunale Kreditbank,<br />

Sozialbehörde oder <strong>private</strong> Organisation) handelt<br />

mit den Gläubigern auf der Basis eines 1979 auf<br />

Initiative des Dachverbandes der Kommunalen<br />

Kreditbanken (NKVV) 232 eingeführten Code of<br />

Practice (Gedragscode Schuldregeling) einen<br />

Regulierungsplan aus. <strong>Die</strong>ser sah bis zur Einführung<br />

des gerichtlichen Schuldenregulierungsverfahrens<br />

– 1.12.1998 – vor, dass der Schuldner<br />

für max<strong>im</strong>al 3 Jahre einen festgelegten Max<strong>im</strong>albetrag<br />

an die Gläubiger zu zahlen hat. Nach<br />

dem 1.12.1998 wurde der Code of Practice an<br />

die Vorgaben des neuen gerichtlichen Verfahrens<br />

angepasst. 233<br />

<strong>Die</strong> örtlich zuständige Vollzugsbehörde (debt<br />

enforcement agent’s office) erstellt einen<br />

Sanierungsplan. Lehnen die Gläubiger den Plan<br />

ganz oder teilweise ab, kann die Vollzugsbehörde<br />

dem Plan Rechtskraft verleihen.<br />

Eine „geeignete Stelle oder Person“ erstellt<br />

zusammen mit dem Schuldner einen Schuldenregulierungsplan.<br />

Der außergerichtliche Einigungsversuch<br />

gilt als gescheitert, wenn dem Plan nicht<br />

alle Gläubiger zust<strong>im</strong>men oder ein Gläubiger während<br />

der Verhandlungen die Zwangsvollstreckung<br />

betreibt. <strong>Die</strong> „geeignete Stelle oder Person“ muss<br />

das Scheitern bescheinigen. <strong>Die</strong> außergerichtlichen<br />

Bemühungen dürfen – gerechnet ab dem Tag des<br />

Antrages auf Eröffnung des gerichtlichen Verfahrens<br />

– nicht länger als sechs Monate zurückliegen.<br />

Tabelle 14: <strong>Die</strong> Europäischen „two-tier-systems“ zur Entschuldung (Beispielhafte Auswahl)<br />

Verfahrensstufe 2: gerichtliches<br />

Entschuldungsverfahren<br />

Das Gericht kann dem Zahlungsplan gegen den<br />

Willen der Gläubiger Rechtskraft verleihen.<br />

Das gerichtliche Verfahren kann eröffnet werden,<br />

wenn mindestens ein Gläubiger außergerichtlich<br />

nicht verhandlungsbereit war.<br />

<strong>Die</strong> Kommission legt ihren Vorschlag (Stufe 2) dem<br />

Gericht mit der Bitte vor, diesen für vollstreckbar zu<br />

erklären, um ihn notfalls auch gegen den Willen<br />

der Gläubiger durchsetzen zu können.<br />

Dem am 2.8.2003 neu eingeführten Gerichtsverfahren<br />

„retablissement personnelle“ ist kein<br />

außergerichtliches Verfahren vorgeschaltet.<br />

Lehnen die Gläubiger den Regulierungsvorschlag<br />

ab, best<strong>im</strong>mt das Gericht die Dauer des<br />

Zahlungsplans (max<strong>im</strong>al 3 Jahre) und den Umfang<br />

der Restschuldbefreiung. Der Schuldner hat den<br />

Gläubigern den Teil seines Einkommens oberhalb<br />

von 95% des Existenzmin<strong>im</strong>ums zur Verfügung zu<br />

stellen.<br />

Ansonsten gibt die Vollzugsbehörde den Fall an das<br />

Gericht ab, das jetzt einen eigenen Sanierungsplan<br />

aufstellen kann.<br />

Das Gericht prüft die Erfolgsaussichten für eine<br />

gerichtliche Schuldenbereinigung. Liegen diese<br />

nicht vor, eröffnet es das Insolvenzverfahren, soweit<br />

die übrigen Voraussetzungen gegeben sind. Sieht<br />

das Gericht Erfolgsaussichten, stellt das Gericht den<br />

Gläubigern den vom Schuldner mit dem Antrag<br />

eingereichten gerichtlichen<br />

Schuldenbereinigungsplan zu. Der Plan gilt als<br />

angenommen, wenn kein Gläubiger Einwendungen<br />

erhebt (Schweigen gilt als Zust<strong>im</strong>mung)<br />

oder die Zust<strong>im</strong>mung nach § 309 InsO ersetzt wird. 234<br />

In der Praxis hat sich das Stufenverhältnis bislang weitgehend nicht bewährt. Das gerichtliche<br />

Verfahren wird nicht ausnahmsweise, sondern standardmäßig eröffnet. <strong>Die</strong> Zahl der außergerichtlichen<br />

<strong>Vergleich</strong>e hat sich nach der Einführung eines gerichtlichen Insolvenz- oder -sanierungsverfahrens<br />

regelmäßig deutlich reduziert.<br />

189

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