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Die private Überschuldung im internationalen Vergleich

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INTERNATIONALER VERGLEICH F<br />

Großbritannien zwar kein Hemmnis bei der Nutzung der Privatkonkursverfahren erkennen lassen,<br />

damit aber zugleich die Kosten der <strong>private</strong>n <strong>Überschuldung</strong> am rigorosesten auf die Gläubiger<br />

abwälzen. Frankreich und Skandinavien bieten hingegen ausgewogenere Ansätze. Neben einem<br />

regulierten Kreditmarkt und gesetzlichen Zinssatzbegrenzungen räumt das Französische Modell den<br />

Gütekommissionen und den Gerichten Kompetenzen ein, um zunächst die gestörte Vertragsbeziehung<br />

an die soziale Realität des Schuldners anzupassen, ohne dabei die Interessen der<br />

Gläubiger zu vernachlässigen. Erst wenn die Vertragsanpassung keine Aussicht auf Erfolg hat, steht<br />

als ult<strong>im</strong>a ratio eine insolvenzrechtliche Lösung zur Verfügung. Skandinavische Regierungen betätigen<br />

sich vereinzelt zudem als Kreditgeber, indem sie „social loans“ vergeben und damit die die <strong>Überschuldung</strong><br />

befördernde Spirale „the poor pay more“ eindämmen. <strong>Die</strong> in allen Ländern zu beobachtende<br />

Konzentration der Beratungsangebote auf die akute finanzielle Krise und die Insolvenz eines<br />

Privathaushalts verdeckt den Blick darauf, dass weitere Beratungsangebote wünschenswert wären,<br />

die den Schuldner an<strong>im</strong>ieren könnten, korrigierende Hilfen zu einem früheren Zeitpunkt in Anspruch<br />

zu nehmen. <strong>Die</strong>se Beratungsangebote könnten sich am Verlauf einer Finanzdienstleistungsbeziehung<br />

orientieren, wie sie Privathaushalte typischerweise eingehen. Eine solche Finanzdienstleistungsbeziehung<br />

lässt sich – grob – in fünf Lebensphasen, fünf mit den Lebensphasen korrespondierende<br />

Krisen und fünf mit den Krisen korrespondierende Beratungsinhalte gliedern:<br />

1. Anbahnungsphase<br />

(Absicht der Kreditaufnahme)<br />

1. Finanzielle Allgemeinbildung(Bedarfsanalyse/-kommunikation,Produktvergleich)<br />

2. Finanzberatung<br />

(Kreditanalyse,<br />

Kreditrecht)<br />

3. Rechtsberatung<br />

(Möglichkeiten der<br />

Vertragsanpassung,<br />

Verhandlung /<br />

Moderation)<br />

Abbildung 1: Beratungsbedarf zum rationalen Umgang mit Finanzkrisen<br />

4. Schulden- und<br />

Insolvenzberatung<br />

(Schuldenregulierung,<br />

Sozialberatung)<br />

5. Finanz- und<br />

Sozialberatung<br />

(Wiedererlangung<br />

Kreditwürdigkeit;<br />

soziale Stabilität)<br />

<strong>Die</strong> Beratungsangebote in Kontinentaleuropa decken – entsprechend Abbildung 1 – schwerpunktmäßig<br />

Phase 4 ab; für Südeuropa sind für diese Phase Lücken festzustellen, die aber mit der weiteren<br />

Entwicklung der Kreditgesellschaft geschlossen werden dürften. <strong>Die</strong> USA, Großbritannien und<br />

Skandinavien entwickeln zunehmend Beratungsangebote für Phase 1 und die USA bietet Kurse zum<br />

Wiederaufbau einer Kredithistorie (Phase 5). Für Phase 2 fehlt es an unabhängigen und kostengünstigen<br />

Beratungsangeboten. Durch die weitgehende Dominanz einer „post-contractual“-Lösung der<br />

<strong>Überschuldung</strong> sind auch für Phase 3 unabhängige und kostengünstige Angebote noch rar gesät.<br />

202<br />

<strong>Die</strong> 5 Lebensphasen einer Finanzdienstleistungsbeziehung (am Beispiel des Konsumentenkredits)<br />

1. Zugangshindernis<br />

(unpassende<br />

Kreditprodukte)<br />

2. Abschlussphase<br />

(Aushandlung des<br />

Kreditvertrages und<br />

seiner Konditionen)<br />

3. Anpassungsphase<br />

(Vertragsanpassung<br />

an geänderte<br />

Lebensumstände des<br />

Kreditnehmers)<br />

4. Auflösungsphase<br />

(Kreditkündigung)<br />

<strong>Die</strong> mit den 5 Lebensphasen korrespondierenden 5 Krisen<br />

2. diskr<strong>im</strong>inierende<br />

Vertragskonditionen<br />

(„the poor pay<br />

more“)<br />

3. Probleme bei<br />

Vertragserfüllung<br />

(Verzug als Folge von<br />

Liquiditätsproblemen)<br />

4. Akute Krise<br />

([drohende] <strong>Überschuldung</strong>)<br />

5. Rehabilitationsphase<br />

(Entschuldung)<br />

5. Ausschluss von<br />

Finanzdienstleistungen<br />

(kreditunwürdig)<br />

<strong>Die</strong> mit den 5 Krisen korrespondierenden wünschenswerten 5 Beratungsangebote bzw. -inhalte

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