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Die private Überschuldung im internationalen Vergleich

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PROJEKTBEIRAT | DISKUSSIONSBEITRÄGE<br />

Mehr Staat oder mehr Verantwortung? Optionen einer<br />

rechtspolitischen Reform<br />

Von Hans-W. Micklitz<br />

<strong>Die</strong> Suche nach einer adäquaten Bewältigung der <strong>Überschuldung</strong> von Verbrauchern in der<br />

Konsumgesellschaft geht weiter. <strong>Die</strong> aktuelle politische Diskussion ist durch gegensätzliche<br />

Strömungen gekennzeichnet:<br />

• Auf der einen Seite steht der Ruf nach mehr Staat, nach einem Ausbau des Verbraucher<br />

schutzes <strong>im</strong> Verbraucherkreditrecht bzw. nach verbesserten Konditionen <strong>im</strong> Verbraucherinsolvenzrecht.<br />

<strong>Die</strong> Forderung nach mehr Staat führt zu weiteren Eingriffen in die Vertragsbeziehungen<br />

von Verbraucher und Kreditgeber, der Staat selbst wird mehr und mehr<br />

zum Verantwortungsträger.<br />

• Auf der anderen Seite steht die Forderung nach weniger Staat, nach einer Wieder-<br />

Herstellung der Handlungsautonomie der Vertragsparteien <strong>im</strong> Zeitpunkt der Kreditvergabe<br />

und <strong>im</strong> Falle der Verbraucherinsolvenz.<br />

Beide Optionen folgen einer je eigenen Logik, beide Optionen sind eng verknüpft mit Vorstellungen<br />

über die Rolle und Funktion des Sozialstaates, bzw. über die Reichweite und Intensität der<br />

Eigenverantwortung der Parteien. Beide Optionen setzen gleichermaßen auf das Recht als<br />

Gestaltungsform rechtspolitischer Überlegungen.<br />

1. Option: Paradoxerweise führt eine effizienzgesteuerte ökonomische Logik der Kreditvergabe<br />

nahezu zwangsläufig zu dem Ruf nach mehr Staat und einer weiteren Einschränkung der<br />

Vertragsfreiheit. Ökonomisch effizient ist eine standardisierte Kreditvergabe anhand bankeninterner<br />

Scoring-Kriterien, die eine kostenintensive Einzelprüfung mit ungewissem Ausgang<br />

ersetzen, so wie es teilweise schon heute für Kleinkredite bis zu einer best<strong>im</strong>mten Obergrenze<br />

praktiziert wird. <strong>Die</strong> Kreditvergabe degeneriert zu einer prädeterminierten Chance auf Kreditzuteilung,<br />

von der „verantwortungslose“ und/oder „bestens informierte“ Verbraucher nur allzu<br />

leicht Gebrauch machen können. Rechtliche Lösungsmuster müssten sich auf die standardisierte<br />

Kreditvergabe einstellen.<br />

<strong>Die</strong> Forderung nach einer Offenlegung der Scoring-Kriterien liegt auf der Hand, um deren rechtliche<br />

Überprüfung, einschließlich einer Haftung für fehlerhaftes Scoring, zu gewährleisten. Konterkariert<br />

wird die Neuverteilung der Verantwortung <strong>im</strong> Zeitpunkt der Kreditvergabe durch eine nachgelagerte<br />

Überprüfung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers währendder Laufzeit des Vertrages. <strong>Die</strong><br />

fallbezogene vertragliche Nachsorge ersetzt die individuelle vertragliche Prävention. Rechtlich umsetzen<br />

lässt die Überprüfung der Kreditwürdigkeit nur mit tiefen Einschnitten in das Konzept von<br />

pacta sunt servanda. Neue Vertragslösungsrechte, bzw. rechtliche Gegensteuerungsstrategien der<br />

Kreditgeber wären die unmittelbare Folge einer standardisierten Kreditvergabe ohne individuelle<br />

Überprüfung der Kreditwürdigkeit <strong>im</strong> Zeitpunkt der Kreditvergabe.<br />

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