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Die private Überschuldung im internationalen Vergleich

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INTERNATIONALER VERGLEICH F<br />

Aus dem <strong>internationalen</strong> <strong>Vergleich</strong> lassen sich folgende Anregungen für die Diskussion in<br />

Deutschland ableiten:<br />

Ver- und <strong>Überschuldung</strong>sstatistiken<br />

Gesamtgesellschaftliche politische<br />

Agenda<br />

Verbraucherinsolvenzverfahren<br />

Beratungsinfrastruktur<br />

Tabelle 23: Anregungen für weitere Lösungsansätze in Deutschland<br />

Um die Entwicklung der Ver- und <strong>Überschuldung</strong> verfolgen zu können,<br />

• wären Bankenstatistiken wünschenswert, die nicht nur Auskunft<br />

über Gesamtbestandsveränderungen geben, sondern auch<br />

Entwicklungen bei der individuellen Kreditaufnahme ausweisen (z.B.<br />

durchschnittliche Kredithöhe, Kreditprodukte);<br />

• wäre die regelmäßige und zeitnahe Erfassung wesentlicher sozioökonomischer/soziodemografischer<br />

Daten wünschenswert;<br />

• wäre in bestehenden bzw. bevorstehenden Datenerhebungen eine<br />

klarere Trennung objektiver von subjektiven <strong>Überschuldung</strong>sindikatoren<br />

wünschenswert;<br />

• um die Datenauswertung zu verbessern, wäre eine Verständigung<br />

auf methodische Ansätze wünschenswert.<br />

Das Prozesshafte und die Multikausalität, die die <strong>private</strong> <strong>Überschuldung</strong> kennzeichnen,<br />

sollten sich auch in den politischen Bemühungen widerspiegeln. Hierzu<br />

liefert Großbritannien ein diskussionswürdiges Beispiel. <strong>Die</strong> Britische Regierung<br />

hat eine „Task Force zur Bewältigung der <strong>private</strong>n <strong>Überschuldung</strong>“ ins Leben<br />

gerufen, der unterschiedliche Regierungsressorts, die Kreditwirtschaft,<br />

Verbraucherverbände, non-profit Organisationen und Wissenschaftsinstitute<br />

angehören. Ihre Aufgabe besteht darin, auf der Grundlage wissenschaftlicher<br />

Untersuchungen einen nationalen Aktionsplan zu entwickeln, der rechtliche und<br />

tatsächliche Aktivitäten forcieren soll (z.B. strengere Lizensierungspflichten für<br />

Geldverleiher, Entwicklung eines Entschuldungsverfahrens für vermögens- und<br />

einkommenslose Schuldner, Programme zur Finanziellen Allgemeinbildung). Der<br />

Aktionsplan definiert Erfolgskriterien, die den Maßstab für den jährlich vorzulegenden<br />

Evaluationsbericht bilden. Der Aktionsplan soll laufend fortgeschrieben<br />

und gegebenenfalls korrigiert werden. <strong>Die</strong> Idee der „Task Force“ ist ein diskussionswürdiger<br />

Ansatz für ein gesamtgesellschaftliches, koordiniertes Vorgehen in<br />

Deutschland.<br />

Unabhängig von dem für August 2004 angekündigten Referentenentwurf für<br />

eine Änderung des Verbraucherinsolvenzverfahrens sollte in den nächsten Jahren,<br />

sobald Erfahrungen mit einer nennenswerten Zahl von restschuldbefreiten<br />

Schuldnern vorliegen, über eine grundlegende Reform nachgedacht werden.<br />

<strong>Die</strong>se sollte den „post-contractual“-Ansatz modifizieren und – wie Frankreich und<br />

Skandinavien – die Umstände des Ver- und <strong>Überschuldung</strong>sprozesses stärker <strong>im</strong><br />

wirtschaftlichen Verfahrens-ergebnis abbilden. Im Gegensatz zum Deutschen<br />

Recht n<strong>im</strong>mt das Französische Modell bewusst Abstand vom Gebot der<br />

Gläubigergleichbehandlung und fördert damit die Verhandlungsbereitschaft aller<br />

Gläubiger. Das Französische Modell liefert auch Denkanstöße zur Stärkung des<br />

außergerichtlichen Einigungsversuchs. <strong>Die</strong> Gütekommissionen, die die verschiedenen<br />

wirtschaftlichen und sozialen Interessen repräsentieren, stoßen auf vergleichsweise<br />

hohe Akzeptanz. Sie sind zudem mit Kompetenzen ausgestattet, die<br />

die ursprünglichen Verhandlungsungleichgewichte zwischen Schuldner und<br />

Gläubigern austarieren und Sanierungsmaßnahmen mit Hilfe von Zwangsmitteln<br />

durchsetzen können.<br />

Professionelle und unabhängige Beratung ist kostenintensiv. Vor dem Hintergrund<br />

der in dieser Studie aufgezeigten zusätzlich wünschenswerten Beratungsbedarfe<br />

(Abbildung 1) sollten Modelle diskutiert werden, wie eine ausreichende<br />

Beratungsinfrastruktur trotz des zunehmenden öffentlichen Sparzwangs aufrechterhalten<br />

werden kann. Ausgangspunkt dieser Diskussion könnte das New Yorker<br />

Pilotprojekt „Coalition for Consumer Bankruptcy Debtor Education“ sein.<br />

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