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16 1 Die Raumzeit<br />

mag, in den Zustand gleicher Polarisation versetze. Der Zustand des Paares ” kollabiere“<br />

oder werde reduziert, und das Ergebnis der Messung am ersten Photon werde auf das<br />

zweite Photon übertragen oder, beeindruckender, quantenteleportiert. Die Zustandsreduktion<br />

erfolge augenblicklich und daher mit Überlichtgeschwindigkeit.<br />

Wer von diesen Behauptungen ungerührt bleibt, stellt nüchtern fest, daß die Messung<br />

am einen Photon nichts am anderen Photon bewirkt. Dort werden Photonen vom Filter<br />

mit gleicher Wahrscheinlichkeit absorbiert oder nicht, egal in welche Richtung der Filter<br />

polarisiert. Durch keine Messung kann man an einem Photon feststellen, ob am anderen<br />

Photon gemessen wurde, gemessen wird oder gemessen werden wird, geschweige denn,<br />

in welche Richtung und mit welchem Ergebnis.<br />

Daß das zweite Photon in Richtung a polarisiert ist, wenn das erste Photon durch<br />

seinen Filter a kommt, kann man erst bestätigen, wenn man beim zweiten Filter weiß,<br />

ob und in welcher Polarisationsrichtung das erste Photon durchgekommen ist. Diese<br />

Information ist höchstens mit Lichtgeschwindigkeit zu bekommen.<br />

Die offensichtliche Ursache für die Zusammenhänge der Ergebnisse bei beiden Polarisationsfiltern<br />

ist die gemeinsame Präparation beider Photonen als Paar. Sie gelingt nur,<br />

wenn beide Photonen am selben Ort sind. Da sie sich mit Lichtgeschwindigkeit bewegen,<br />

wirkt sich die Präparation in späteren Messungen nicht schneller als Licht aus.<br />

Wenn man wiederholt eine Münze wirft und jeweils an einen Empfänger einen Brief<br />

mit dem Bild der Oberseite und an einen zweiten einen Brief mit dem Bild der Unterseite<br />

schickt, dann erhält jeder Empfänger mit gleicher Wahrscheinlichkeit Bilder der<br />

Kopf- oder Zahlseite. Jeder Empfänger weiß augenblicklich, wenn er seinen Brief öffnet,<br />

welches Bild der andere erhalten hat. Bei Kenntnis des Ergebnisses kollabiert die<br />

Wahrscheinlichkeit zur bedingten Wahrscheinlichkeit, in diesem Beispiel zu Gewißheit.<br />

Ebenso ersetzt Zustandsreduktion bei Auftreten eines Meßwertes den vorherigen Zustand<br />

durch den bedingten Zustand, der zur bedingten Wahrscheinlichkeit derjenigen<br />

Ereignisse gehört, in denen dieser Meßwert auftritt.<br />

Vor Öffnen des Briefes ist der Empfänger unsicher, welches Bild er enthält, aber der Inhalt<br />

ist eigentlich nicht unsicher, sondern nur unbekannt. Der Inhalt des Briefes liegt fest,<br />

ob man ihn nun öffnet oder nicht. Bei der Wahrscheinlichkeitsverteilung (1.10) hingegen<br />

ist ausgeschlossen, daß die Ergebnisse der Polarisationsmessungen in allen Richtungen<br />

in jedem Einzelfall vor der Messung feststehen und daß man das Ergebnis nur deshalb<br />

nicht vorher weiß, weil die jeweiligen Ursachen im einzelnen unbekannt sind.<br />

Diese Unterstellung, daß die Meßergebnisse vorher festliegen, wir aber die Ursachen<br />

nicht genügend gut kennen, scheint unwiderlegtbar, aber sie führt zu einer Ungleichung,<br />

die experimentell überprüfbar ist.<br />

Die Meßergebnisse verletzen die Ungleichung und widerlegen die Unterstellung.<br />

Die Ungleichung ergibt sich aus folgender Betrachtung. Wir bedenken wiederholte<br />

Messungen, die wir durch i, i = 1, 2, . . ., N, numerieren, und unterstellen, daß in jedem<br />

Versuch Nummer i feststehe, ob das erste Photon durch einen Filter a kommt. Wir<br />

werten das Ergebnis als a1 i = 1, falls das Photon durchkommt, wenn nicht als a1 i = −1.<br />

Mit b1 i bezeichnen wir das Ergebnis, das sich im Versuch Nummer i ergäbe, wenn wir<br />

das erste Photon mit einem Filter b mäßen. Entsprechend bezeichnen wir mit c2 i und d2 i<br />

das Ergebnis im Versuch mit Nummer i, wenn wir mit einem Filter in Richtung c oder d<br />

messen, ob das zweite Photon durchkommt.<br />

Weil die Ergebnisse c2 i und d2 i entweder verschieden oder gleich sind, verschwindet<br />

a1 i(c2 i + d2 i) genau dann, wenn b1 i(c2 i − d2 i) den Wert ±2 hat und umgekehrt. Daher<br />

ist ihre Summe in keinem Fall größer als zwei [3]<br />

a1 ic2 i + a1 id2 i + b1 ic2 i − b1 id2 i ≤ 2 . (1.14)<br />

Der Mittelwert 〈a1c2〉 der Produkte a1 ic2 i der Meßergebnisse in N Versuchen ist die<br />

Summe der einzelnen Produkte, geteilt durch N,<br />

〈a1b2〉 = 1<br />

N<br />

17<br />

N<br />

a1 ib2 i . (1.15)<br />

i=1<br />

Entsprechend erhalten wir die Mittelwerte der Meßergebnisse 〈a1d2〉, 〈b1c2〉 und 〈b1d2〉.<br />

Summieren wir die Ungleichungen (1.14), und teilen wir durch N, so erhalten wir eine<br />

Bellsche Ungleichung [10] für Mittelwerte von Produkten der Meßwerte<br />

〈a1c2〉 + 〈a1d2〉 + 〈b1c2〉 − 〈b1d2〉 ≤ 2 . (1.16)<br />

Den Mittelwert von a1 ic2 i können wir auch ausrechnen, indem wir für jeden möglichen<br />

Wert, den dieses Produkt haben kann, nämlich +1 oder −1, die Häufigkeit N+ und N−<br />

zählen, mit der er auftritt. Dann ist N+ −N− = N i=1 a1 ic2 i und 〈a1c2〉 = (N+ −N−)/N.<br />

Es ist aber, wenn N genügend groß ist, die relative Häufigkeit N+/N die Wahrscheinlichkeit<br />

dafür, daß a1 ic2 i den Wert +1 hat und N−/N die Wahrscheinlichkeit für den<br />

Wert −1. Die Wahrscheinlichkeit, mit der a1 ic2 i den Wert +1 hat, ist w(a, c)+w(a⊥, c⊥),<br />

mit Wahrscheinlichkeit w(a, c⊥) + w(a⊥, c) hat das Produkt den Wert −1. Demnach gehört<br />

zur quantenmechanischen Wahrscheinlichkeitsverteilung (1.10) der Mittelwert<br />

〈a1c2〉 = cos 2 γ − sin 2 γ = cos(2γ) . (1.17)<br />

Er ist also durch das Skalarprodukt von Einheitsvektoren A und C gegeben, die den doppelten<br />

Winkel wie a und c einschließen, cos(2γ) = Aó C . Ebenso sind 〈a1d2〉 = Aó D,<br />

〈b1c2〉 = Bó C und 〈b1d2〉 = Bó D Skalarprodukte von winkelverdoppelten Einheitsvektoren.<br />

Als Funktion der Richtungsvektoren A und B wird die Summe<br />

〈a1c2〉 + 〈a1d2〉 + 〈b1c2〉 − 〈b1d2〉 = Aó C + Aó D + Bó C − Bó D (1.18)<br />

maximal, falls A in Richtung von C + D zeigt und B in Richtung von C − D . Dann hat<br />

die Summe den Wert von | C + D| + | C − D| und nimmt ihren maximalen Wert 2 √ 2 an,<br />

falls die Einheitsvektoren C und D aufeinander senkrecht stehen.<br />

Wählt man also c mit einem Winkel von π/8 = 22.5 ◦ zu b, a mit einem Winkel<br />

von π/4 = 45 ◦ und d mit einem Winkel von 3 π/8 = 67.5 ◦ dann wird die Summe der<br />

Mittelwerte maximal und hat den Wert 2 √ 2. Da Messungen diesen Wert bestätigen,<br />

widerlegen sie die Bellsche Ungleichung (1.16).

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