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66 4 Relativistische Teilchen<br />

Analog definieren wir die Änderung der Wirkung W[Tαx] als Ableitung nach dem Transformationsparameter<br />

α. Nach Definition der Variationsableitung ändert sich W um<br />

<br />

δW =<br />

dt∂αTαx m |α=0δW<br />

+ Randterme . (4.44)<br />

δxm Die Transformation Tα heißt Symmetrie der Wirkung W[x], wenn sich die Wirkung<br />

nur um Randterme ändert, das heißt genauer [23], wenn sich der Integrand in (4.44) für<br />

alle Bahnen x m als Ableitung einer Funktion Q der Jet-Variablen schreiben läßt<br />

m δW d<br />

δx + Q = 0 . (4.45)<br />

δxm dt<br />

Die physikalisch durchlaufenen Bahnen erfüllen die Bewegungsgleichungen δW<br />

δx m = 0,<br />

auf physikalischen Bahnen ist daher Q zeitunabhängig. Zu jeder kontinuierlichen Symmetrie<br />

der Wirkung gehört eine Erhaltungsgröße Q !<br />

Die Lagrangefunktion L einer lokalen Wirkung ändert sich bei infinitesimalen Symmetrietransformationen<br />

wegen (4.27) und (4.32) um eine Zeitableitung<br />

δL = d<br />

K , (4.46)<br />

dt<br />

0 = δx m ˆ ∂L d d m ∂L d d<br />

+ Q = δL −<br />

ˆ∂x m dt dtδx<br />

∂ ˙x m+ Q = δL − K , (4.47)<br />

dt dt<br />

m ∂L<br />

mit K = δx ∂ ˙x m − Q. Die Erhaltungsgröße Q, die Noetherladung, ist also<br />

m ∂L<br />

Q = δx − K . (4.48)<br />

∂ ˙x m<br />

Bei einer lokalen Wirkung kann man für jede gegebene infinitesimale Transformation δx m<br />

nach Ausrechnen von δL leicht entscheiden, ob sie zu einer kontinuierlichen Symmetrie<br />

gehört. Die Funktion δL der Jet-Variablen läßt sich genau dann als Ableitung d<br />

dt K<br />

schreiben, wenn die Eulerableitung von δL verschwindet (4.38).<br />

Umgekehrt gehört zu jeder Erhaltungsgröße eine kontinuierliche Symmetrie der Wirkung!<br />

Denn eine Funktion Q(t, x, ˙x) der Jet-Variablen ist eine Erhaltungsgröße, wenn<br />

ihre Zeitableitung aufgrund der Bewegungsgleichungen verschwindet, also wenn sich ihre<br />

Zeitableitung als Vielfaches der Funktionalableitung der Wirkung und eventuell von den<br />

Ableitungen der Funktionalableitungen 5 schreiben läßt<br />

d<br />

dt Q(t, x, ˙x) + Rm δW<br />

0<br />

δxm + Rm d δW<br />

1 = 0 . (4.49)<br />

dt δxm Die Größen Rm 0 und Rm 1 hängen auf nicht weiter festgelegte Art von den Jet-Variablen<br />

ab. Fassen wir die Terme mit der Produktregel zusammen, so ist die Definitionsgleichung<br />

einer Erhaltungsgröße die Definition einer infinitesimale Symmetrie (4.45)<br />

d<br />

dtQ + R m 1<br />

δW<br />

δx m+R m 0<br />

d<br />

−<br />

dt Rm 1δW<br />

= 0 . (4.50)<br />

δxm 5 Falls höhere Ableitungen von δW<br />

δx m auftreten, wälzt man sie wie in Anhang G.1 ab.<br />

4.4 Symmetrien und Erhaltungsgrößen 67<br />

Die Wirkung ist also unter der infinitesimalen Transformation<br />

δx m = R m 0 − d<br />

dt Rm 1<br />

(4.51)<br />

bis auf Randterme invariant. Die Erhaltungsgröße Q stimmt auf physikalischen Bahnen<br />

mit Q überein<br />

Q = Q(t, x, ˙x) + R m δW<br />

1 . (4.52)<br />

δxm Der Zusammenhang von Symmetrien und Erhaltungsgrößen (4.48) ist von Emmy<br />

Noether 1918 [24] formuliert worden.<br />

Noethertheorem: Zu jeder kontinuierlichen Symmetrie der Wirkung gehört eine Erhaltungsgröße.<br />

Umgekehrt gehört zu jeder Erhaltungsgröße eine Symmetrie der Wirkung.<br />

Am Noethertheorem ist nichts zu beweisen, man muß nur erkennen, daß die Definition<br />

(4.45) einer Symmetrie der Wirkung eine Erhaltungsgröße definiert und daß umgekehrt<br />

die Definition einer Erhaltungsgröße eine Symmetrie definiert. Das Theorem ist deshalb<br />

wichtig, weil häufig Symmetrien der Wirkung offensichtlich sind und als geometrische<br />

Eigenschaft einfach durch Ansehen gefunden werden können.<br />

Erhaltungsgrößen sind ausschlaggebend für die Frage, ob die Bewegungsgleichungen<br />

integrabel sind, das heißt, ob sich die Lösungen durch Rechenoperationen wie Integrieren<br />

gegebener Funktionen und Auflösen implizit gegebener Funktionen angeben lassen.<br />

Betreffen die Bewegungsgleichungen N Freiheitsgrade, so sind die Gleichungen genau<br />

dann integrabel, wenn es N unabhängige Erhaltungsgrößen Qi, i = 1, 2, . . ., N gibt, deren<br />

zugehörige infinitesimale Transformationen δi, hintereinander ausgeführt, wie Verschiebungen<br />

in ihrer Reihenfolge vertauscht werden dürfen, δiδj = δjδi. 6 Ändert man<br />

integrable Bewegungsgleichungen durch Zusatzterme ab, so führen solche Störungen integrabler<br />

Bewegung, selbst wenn sie klein sind, zu chaotischen Bahnen, die im Raum<br />

aller Bahnen zwar kleines Maß haben, aber dicht liegen. Die Herleitung und Diskussion<br />

dieser wichtigen Erkenntnisse füllt Bücher [25, 26, 27, 28], auf die hier nur verwiesen sei.<br />

Über die Tatsache hinaus, daß Symmetrien der Wirkung mit Erhaltungsgrößen zusammenhängen,<br />

sind Symmetrien wichtig, weil man aus einer Lösung der Bewegungsgleichungen<br />

durch Symmetrietransformationen weitere Lösungen gewinnen kann. Zum<br />

Beispiel erhält man in der Allgemeinen Relativitätstheorie das Gravitationsfeld einer<br />

gleichförmig bewegten Masse aus demjenigen der ruhenden Masse durch eine Lorentztransformation.<br />

Transformationen, die Lösungen von Bewegungsgleichungen auf Lösungen abbilden,<br />

sind nicht unbedingt Symmetrien der Wirkung. Zum Beispiel werden die Lösungen<br />

x(t) = − 1<br />

2gt2 + v0t + x0 der Bewegungsgleichung ¨x = −g eines senkrecht fallenden<br />

Teilchens durch Tαx(t) = e2αx(e−αt) auf Lösungen abgebildet, aber die infinitesimale<br />

Transformation δx = 2x − t ˙x läßt die Lagrangefunktion L = 1<br />

2m ˙x2 − mgx nicht<br />

invariant, δL = d<br />

d<br />

(−tL ) + 3L = K .<br />

dt dt<br />

Die kinetische Energie Ekin = 1<br />

2m ˙ x 2 eines nichtrelativistischen Teilchens ist invariant<br />

unter Drehungen und Verschiebungen. Sie hängt nicht davon ab, wo und in welche Rich-<br />

6 Solche Qi heißen ” in Involution“. Ihre gegenseitigen Poisson-Klammern verschwinden, {Qi, Qj} = 0.

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