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68 4 Relativistische Teilchen<br />
tung sich das Teilchen bewegt. Besteht die Lagrangefunktion aus solch einer verschiebungsinvarianten<br />
kinetischen Energie und ist die potentielle Energie in einer Richtung c<br />
konstant V (x) = V (x + α c), so ist die Lagrangefunktion unter der Verschiebung (4.40)<br />
invariant, δL = 0 .<br />
Die zur infinitesimalen Verschiebung δx k = c k und Lagrangefunktion (4.19) gehörige<br />
Erhaltungsgröße (4.48)<br />
c k∂L<br />
∂ ˙x k = ck p k , p k = m ˙x k<br />
(4.53)<br />
ist definitionsgemäß der nichtrelativistische Impuls p in Richtung des Vektors c. Verschiebungsinvarianz<br />
ist die Ursache von Impulserhaltung.<br />
Eine Variable x, die in der Lagrangefunktion nur mit ihrer Geschwindigkeit ˙x auftritt,<br />
heißt zyklische Variable<br />
x zyklisch ⇔ ∂L<br />
= 0 . (4.54)<br />
∂x<br />
Ist x zyklisch, so ist die Lagrangefunktion invariant unter der infinitesimalen Translation<br />
δx = 1, δ ˙x = 0, und die Noether-Ladung (4.48) stimmt mit dem zu x kanonisch konjugierten<br />
Impuls überein, Q = ∂L . Er ist wegen der Euler-Lagrange-Gleichungen (4.33)<br />
∂ ˙x<br />
offensichtlich erhalten<br />
∂L<br />
∂x<br />
= 0 und ∂L<br />
∂x<br />
d ∂L<br />
−<br />
dt ∂ ˙x<br />
d ∂L<br />
= 0 ⇒<br />
dt ∂ ˙x<br />
= 0 . (4.55)<br />
Ist die Wirkung invariant unter Drehungen um eine Achse n (4.42), so ist die zugehörige<br />
Noether-Ladung definitionsgemäß der Drehimpuls nó L in Richtung dieser Achse.<br />
Zur Zeitverschiebung (4.41) gehört gemäß (4.43) die infinitesimale Transformation<br />
δx k = ˙x k . (4.56)<br />
Dies ist eine infinitesimale Symmetrie der Wirkung, falls die Lagrangefunktion L (t, x, ˙x)<br />
nicht von t abhängt, ∂tL = 0, denn dann gilt<br />
δL = δx k ∂ x kL + ( d<br />
dt δxk )∂ ˙x kL = ˙x k ∂ x kL + ¨x k ∂ ˙x kL = dL<br />
dt − ∂tL = dL<br />
dt ,<br />
also (4.47) mit K = L .<br />
Die zur Symmetrie unter Zeitverschiebung gehörige Noether-Ladung (4.48)<br />
k ∂<br />
E = ˙x L − L (4.57)<br />
∂ ˙x k<br />
ist definitionsgemäß die Energie E. Sie ist erhalten, wenn die Lagrangefunktion nicht<br />
von der Zeit abhängt.<br />
Aus (4.57) folgt (4.18), wie sich die Lagrangefunktion aus den Anteilen En der Energie<br />
zusammensetzt, die homogen vom Grad n in den Geschwindigkeiten ˙x sind. Der Operator<br />
˙x∂˙x zählt den Homogenitätsgrad in Geschwindigkeiten ab: ˙x∂˙x( ˙x) n = n( ˙x) n . Jeder Term<br />
En in der Energie, der n Faktoren ˙x enthält, n = 1, muß in der Lagrangefunktion mit<br />
Vorfaktor 1/(n − 1), erscheinen, damit (4.57) E = n En lautet.<br />
4.4 Symmetrien und Erhaltungsgrößen 69<br />
Die Definition (4.57) der Energie kann als Definition der Hamiltonfunktion gelesen<br />
werden<br />
H (x, p) = ˙x k pk − L (x, ˙x) , pk = ∂ ˙x kL . (4.58)<br />
Dabei werden statt des Ortes x n und der Geschwindigkeit ˙x k die Phasenraumvariablen,<br />
der Ort x n und der kanonisch konjugierte Impuls pk, als unabhängig betrachtet und die<br />
Geschwindigkeiten ˙x k (x, p) als Umkehrfunktionen von pk = ∂ ˙x kL (x, ˙x) aufgefaßt.<br />
In Phasenraumvariablen lautet die Hamiltonfunktion des harmonischen Oszillators<br />
HOszillator = p2<br />
+ κx2 . (4.59)<br />
2m 2<br />
Formuliert man die Bewegung von Teilchen im Phasenraum, so hat ihre Zeitentwicklung<br />
die Eigenschaft, flächentreu bezüglich des Flächenmaßes dpidxi −dHdt zu sein [25].<br />
Auf dieser wichtigen geometrischen Eigenschaft beruht das Kolmogorov-Arnold-Moser-<br />
Theorem [26] und die daraus folgenden Schlüsse, daß schon kleine Störungen integrabler<br />
Bewegungen zu chaotischen Bahnen führen [27, 28], die im Raum aller Bahnen dicht<br />
liegen, aber geringes Maß haben.<br />
Eindimensionale Bewegung<br />
Gilt für eine eindimensionale Bewegung ein Energiesatz dE = 0 und ist die Energie von<br />
dt<br />
der Form<br />
E = 1<br />
2 m ˙x2 + V (x) (4.60)<br />
mit einem Potential V , so läßt sich die Zeit t(x), zu der ein Bahnpunkt x durchlaufen<br />
wird, als Integral angeben und die Bahn x(t) als Umkehrfunktion von t(x) ermitteln,<br />
x(t(ˆx)) = ˆx. Denn wenn wir nach ˙x auflösen und das Vorzeichen von ˙x nach Bahnabschnitt<br />
wählen, je nachdem, ob x zu- oder abnimmt, so erhalten wir für zunehmendes x<br />
dx<br />
dt =2<br />
(E − V (x(t))) . (4.61)<br />
m<br />
Die Ableitung der Umkehrfunktion ist wegen 1 = d<br />
dx dt<br />
x(t(ˆx)) = hierzu invers<br />
dˆx dt | t(ˆx) dˆx |ˆx<br />
dt<br />
dx =2 (E − V (x))−1<br />
, (4.62)<br />
m<br />
und die Zeit t(ˆx), zu der der Ort ˆx durchlaufen wird, ergibt sich durch Integration 7<br />
ˆx<br />
t(ˆx) − t(x) = dx<br />
x<br />
dt<br />
dx =<br />
ˆx<br />
x<br />
dx<br />
2<br />
. (4.63)<br />
(E − V (x)) m<br />
Alle lösbaren Bewegungsgleichungen sind deshalb lösbar, weil sie genügend viele Erhaltungsgrößen<br />
besitzen und weil sich mit den Erhaltungsgrößen die Lösungen wie bei<br />
eindimensionaler Bewegung als Umkehrfunktionen von Integralen über gegebene Funktionen<br />
ermitteln lassen.<br />
7 Integration von (4.61) ergäbe nur eine Integralgleichung, da der Integrand die unbekannte Funktion<br />
x(t) enthält.