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24 2 Zeit und Länge<br />
Geschwindigkeiten addieren sich bis auf das Vorzeichen im Nenner wie Steigungen:<br />
Ist die Ladefläche eines Lastwagens um einen Winkel α gekippt, so hat sie die Steigung<br />
m1 = tan α. Befährt dieser Lastwagen eine Straße mit Neigungswinkel β und Steigung<br />
m2 = tanβ, so ist die Ladefläche gegenüber der Horizontalen um α + β gekippt und hat<br />
die Gesamtsteigung<br />
m3 =<br />
sin(α + β) cosαsin β + sin α cosβ tan α + tanβ<br />
= =<br />
cos(α + β) cosαcosβ − sin α sin β 1 − tan α tan β = m1 + m2<br />
. (2.17)<br />
1 − m1m2<br />
Definieren wir die Schnelligkeit σ als Logarithmus des Dopplerfaktors κ,<br />
σ = ln κ = 1 1 + v<br />
ln<br />
2<br />
1 − v , v = eσ − e−σ eσ + e<br />
−σ = tanhσ , (2.18)<br />
so entspricht der Multiplikation der Dopplerfaktoren κ = e σ die Addition der zugehörigen<br />
Schnelligkeiten. Es sind die Schnelligkeiten σ , nicht die Geschwindigkeiten tanh σ , die<br />
sich bei Bewegung in einer Richtung von Beobachter zu Beobachter addieren.<br />
2.3 Zeitdehnung<br />
Vergeht auf einer Uhr zwischen zwei Ereignissen die Zeit t, so vergeht auf einer zweiten,<br />
gleichen Uhr, die sich mit Geschwindigkeit v relativ zur ersten bewegt, zwischen den<br />
entsprechenden, gleichzeitigen Ereignissen weniger Zeit, nämlich (2.11)<br />
τ = √ 1 − v 2 t . (2.19)<br />
Zeitdehnung ist wechselseitig. Dies zeigt das Diagramm 2.8, in dem wir die Lichtstrahlen<br />
des Diagramms 2.3 bis zu beiden Beobachtern B und U verlängert haben. Bei den<br />
Ereignissen auf ihren Weltlinien geben wir die Zeiten an, die ihre mitgeführten Uhren<br />
t<br />
E<br />
B S U<br />
t<br />
τ<br />
t t<br />
O<br />
t<br />
τ E<br />
Abbildung 2.8: Wechselseitige<br />
Zeitdehnung<br />
t<br />
anzeigen.<br />
Der Schiedsrichter S, der stets zwischen den Beobachtern<br />
B und U ist, sieht beide Uhren gleich gehen. Daher<br />
stimmen die Zeiten t− und t ′ −, sowie τ und τ ′ ebenso<br />
wie t+ und t ′ + überein, denn Licht von den Ereignissen,<br />
in denen die Uhren diese Zeiten anzeigen, erreicht den<br />
Schiedsrichter jeweils im gleichen Augenblick.<br />
Für den Beobachter B findet das Ereignis E ′ , in dem<br />
die bewegte Uhr die Zeit τ ′ anzeigt, gleichzeitig mit dem<br />
Ereignis statt, in dem seine Uhr das arithmetische Mittel<br />
t = (t+ + t−)/2 der Zeit t− anzeigt, zu dem Licht zu E ′<br />
startet, und der Zeit t+, zu der er das reflektierte Licht<br />
sieht. Dabei zeigt die bewegte Uhr weniger an, nämlich<br />
nach dem Satz des Minkowski (2.7) das geometrische<br />
Mittel τ = √ t+t− = √ 1 − v2 t (2.11).<br />
Für den Beobachter U ist das Ereignis, in dem seine<br />
Uhr die Zeit t ′ = (t ′ + + t ′ −)/2 = t anzeigt, gleichzeitig zu<br />
2.3 Zeitdehnung 25<br />
dem Ereignis E, in dem die ihm gegenüber bewegte Uhr von B die Zeit τ =t ′ +t ′ − =<br />
√ 1 − v 2 t anzeigt. Für U geht die Uhr von B ebenso langsamer wie umgekehrt.<br />
Daß die Uhren wechselseitig langsamer gehen, rührt daher, daß sich die Beobachter<br />
darin unterscheiden, welche Ereignisse gleichzeitig sind. In Euklidischer Geometrie ist der<br />
entsprechende Sachverhalt wohlbekannt: Peilt man waagerecht von einem Leuchtturm<br />
auf Meereshöhe zu einem zweiten, baugleichen Turm, der ebenfalls auf Meereshöhe steht,<br />
dann erscheint wechselseitig wegen der Erdkrümmung jeweils der andere Turm weniger<br />
hoch. Denn Höhe hängt davon ab, welche Richtung waagerecht ist, und bei den beiden<br />
Türmen sind diese Richtungen nicht gleich.<br />
Zwillingsparadoxon<br />
Wechselseitige Zeitdehnung scheint widersprüchlich, wenn wir beispielsweise Zwillinge<br />
bedenken. Der eine Zwilling, der Reisende, starte zu Anfang im Ereignis A zum Mars,<br />
kehre bei Marsankunft im Ereignis M wieder um und reise zurück. Der andere Zwilling,<br />
der Stubenhocker S, warte ruhig die Zeit t + t ′ bis zur Rückkehr ab. Welcher Zwilling,<br />
wenn überhaupt einer, ist am Ende im Ereignis E jünger? Für jeden der Zwillinge ist<br />
der andere bewegt. Altert nicht widersprüchlicherweise jeder weniger als der andere?<br />
Anders als oft stillschweigend unterstellt, sind die Wahrnehmungen der Zwillinge nicht<br />
bis auf die kurze Beschleunigungsphase beim Mars gleich. Beide sehen 2 übereinstimmend,<br />
t t<br />
t<br />
S<br />
t<br />
t<br />
0 A<br />
τ<br />
E<br />
R<br />
τ<br />
H<br />
M<br />
Abbildung 2.9:<br />
Zwillinge<br />
daß der Stubenhocker zwischen dem Anfang und Ende der Reise mehr<br />
altert als der Reisende.<br />
Bei Marsankunft M trifft ein Lichtstrahl vom Stubenhocker S ein.<br />
Mit diesem Licht sieht der Hinreisende H, daß auf der rotverschobenen<br />
Uhr von S, die sich von ihm entfernt, zwischen dem Start A bis zum<br />
Aussenden des Lichtpulses eine Zeit t− vergangen ist.<br />
Die Hinreisedauer τ, die dem Hinreisenden die eigene Uhr bei M<br />
anzeigt, ist um einen Faktor κ größer als t− (2.1).<br />
Um denselben Faktor κ ist die Zeit t+ größer, die ab Beginn A auf<br />
der Uhr des Stubenhockers vergeht, bis er mit dem Lichtstrahl von der<br />
Marsankunft M die Uhr des Hinreisenden die Zeit τ anzeigen sieht,<br />
τ = κ t− , t+ = κ τ . (2.20)<br />
Denn bei gleichförmiger Bewegung in Sichtlinie ist der Dopplerfaktor,<br />
anders als bei Schall, wechselseitig (2.8), und die Uhr des Hinreisenden<br />
erscheint dem Stubenhocker, von dem sie sich entfernt, genauso<br />
rotverschoben wie umgekehrt die Uhr des Stubenhockers dem Hinreisenden.<br />
2 Beide Zwillinge sehen, wer von ihnen beschleunigt, wenn die Rotverschiebung, mit der sie den anderen<br />
wahrnehmen, in Blauverschiebung übergeht. Für den Reisenden ändert sich mit seiner Geschwindigkeit<br />
durch Aberration (3.21) auch die Einfallsrichtung der Lichtstrahlen, die er sieht. Dadurch<br />
verkleinert sich die Größe, mit der ihm der Stubenhocker erscheint. Hingegen ändert sich für den<br />
Stubenhocker nicht die sichtbare Größe des Reisenden, wenn sich seine Farbe ändert.